Blick in eine Halle mit mehreren Extruderlinien

Die Digitalisierung ermöglicht Energie- und Materialverschwendung zu minimieren. (Bild: Hans Weber Maschinenfabrik)

Portrait Simon Bard
Dr. Simon Bard, Produktmanager für Extruder bei der Hans Weber Maschinenfabrik im Way2K-Interview. (Bild: Hans Weber Maschinenfabrik)

Herr Dr. Bard, wie fördert die Digitalisierung in der Extrusion die Nachhaltigkeit?
Die Unternehmen machen sich zunehmend Gedanken um Nachhaltigkeit, viele messen ihren CO2-Fußabdruck. Wenn wir Fensterprofile extrudieren, dann will der Kunde heute genau wissen, wieviel Ausstoß es dabei gegeben hat, wieviel Energie verbraucht wurde und dergleichen. Das hat früher kaum jemanden stark interessiert. Wir haben eine Digitalisierungslösung entwickelt, dank derer wir diese Antworten präzise geben können, etwa, wieviel Strom pro Meter Fensterprofil an einem Tag X verbraucht wurde. Aber wir können nicht nur sagen, was ist, sondern auch, wie man etwas im Produktionsprozess verbessern kann. Etwa, wie man Energie sparen und Ausschuss vermeiden kann. Mit unserer Digitalisierungslösung können wir an Stellschrauben drehen, um Verschwendung zu vermeiden.

Wie erreichen Sie das?
Wir erfassen Kennzahlen. Das ist die Voraussetzung. Auf Basis dieser Kennzahlen könnte man zum Beispiel die Schnecke im Extruder austauschen und sehen, ob man damit weniger Energie verbraucht. Beim Extrudieren steckt man am Anfang sehr viel Energie rein, um den Kunststoff aufzuschmelzen. Am Ende muss man den Kunststoff wieder kühlen, damit er seine Form gewinnt. Aber man kann die Parameter aufeinander abstimmen, um den Stromverbrauch auf ein Minimum zu reduzieren. Bisher war es so, dass die gewünschten Temperaturen von Mitarbeitern eingegeben wurden, meist aus dem Gefühl heraus. Der eine Mitarbeiter aus der einen Schicht stellt die Temperatur bei der Kühlzone auf 190 Grad, der Mitarbeiter der nächsten Schicht stellt sie auf 200 Grad, weil er das für das Beste hält. Mit unserer Digitalisierungslösung können wir die optimalen Temperaturen ermitteln und einstellen.

Die Way2K-Interviewreihe:

Hand mit Recyclingzeichen in der Hand
(Bild: Ourteam - stock.adobe.com)

Bis zur K-Messe 2022 sind es zwar noch einige Monate, nichtsdestotrotz können Sie die verbleibende Zeit investieren und einen Blick in die bisherigen Interviews aus der Way2K-Reihe des VDMA werfen. Hier gelangen Sie zur Übersicht.

Wo setzt diese Lösung an?
Die Vernetzung der verschiedenen Maschinen ist der erste Schritt. Wir haben in der Extrusionslinie viele verschiedene Hersteller. Die kommunizieren bislang wenig miteinander. Und es gab auch keine übergeordnete Steuerung. Jetzt haben wir die Möglichkeit, auf der gesamten Linie Daten zu erfassen, sie auszuwerten, ein Optimum zu finden und dann auch entsprechend zu steuern. Wir haben unsere Extrudersoftware als Ausgangspunkt für die gesamte Steuerung definiert. Dazu muss erst einmal alles vernetzt sein und die Daten müssen jeweils herausgegeben werden.

Dazu brauchen Sie die Kooperation der verschiedenen Maschinenhersteller.
Ja, und die sollten technisch alle dieselbe Sprache sprechen. Wir arbeiten deshalb daran mit, den Standard OPC UA weiterzuentwickeln. Viele Maschinen können das noch nicht. Deshalb brauchen wir eine Übersetzungsbox, die übersetzt von der proprietären Sprache auf OPC UA. Aber wir arbeiten darauf hin, dass unsere Lieferanten und alle Maschinenanbieter an dieser Produktionslinie diese Sprache auch beherrschen. Im Spritzgussbereich hatte man die Anpassung an diesen Standard zuerst. In der Extrusion sprechen derzeit noch weniger als die Hälfte der Hersteller von Säge, Abzug, Wasserbad und so weiter OPC UA. Bis alle diese Sprache in der Extrusion sprechen, wird es noch eine Weile dauern.

Aber der Nutzen wäre groß?
Der Nutzen ist enorm. Heute ist es so, dass die Kosten für die Installation unserer Software um einiges höher liegen, als die Software selbst. Das ist deshalb so, weil wir ohne eine Plug-and-Play-Lösung jede Maschine einzeln einbinden müssen. Es ist also ein großer Aufwand, bis alle Aggregate miteinander kommunizieren.

Bildschirm mit Tabelle
Um die Maschinen vernetzen zu können, müssen sie alle die gleiche Sprache sprechen. (Bild: Hans Weber Maschinenfabrik)

Für Fensterprofile gibt es schon eine Kreislaufwirtschaft. Warum ist man hier schon so weit?
Das liegt vor allem daran, dass man immer dasselbe Material hat, nämlich PVC. Außerdem weiß man, dass auch die Additive, die man für das Recycling herausbringen muss, immer dieselben sind. Zum Beispiel Titandioxid, um das Profil vor Sonneneinstrahlung zu schützen. Das alles erleichtert natürlich das Recycling. Hinzu kommt, dass man schon ein gut funktionierendes Abfallsystem für die Profile hat. Mehr als 50 % aller Fensterprofile haben schon einen Rezyklatanteil. Allerdings muss man sagen, dass die nicht primär aus Altfensterprofilen kommen, sondern größtenteils aus Reststücken gewonnen werden, die beim Zurechtschneiden bei den Fensterbauern anfallen. Das Recycling von Altfenstern wird aber zuletzt vorangetrieben, weil die Preise für Virgin-Kunststoff stark gestiegen sind. Wenn die Preise so hoch bleiben, wird es immer wichtiger, jedes Gramm Kunststoff wiederzuverwenden.

Wie geht es mit der Digitalisierung bei Hans Weber weiter?
Nach der Datenerfassung und dem darauffolgenden Optimieren von bestimmten Parametern denken wir jetzt darüber nach, wie wir den Extrusionsprozess völlig automatisiert laufen lassen können. Ziel ist es, dass der Nutzer nur einen Knopf drückt und der gesamte Prozess danach optimal abläuft. Bei einem Fehler soll das System den Grund selber erkennen und korrigieren können. Aber es wird noch einige Zeit dauern, bis wir so weit sind.

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