3 junge Männer und 2 junge Frauen mit ihren beiden Ausbilder; Aktuell absolvieren fünf ukrainische Flüchtlinge ein Praktikum in Lindlar mit der Option auf einen Ausbildungsplatz ab August 2024.

Aktuell absolvieren fünf ukrainische Flüchtlinge ein Praktikum in Lindlar mit der Option auf einen Ausbildungsplatz ab August 2024. (Bild: Redaktion)

Alles fing 2012 mit der Frage an Wolfgang Oehm, dem geschäftsführenden Gesellschafter von Oni-Wärmetrafo, an, als er beim Wochenendeinkaufen auf einen Praktikumsplatz für einen Flüchtling angesprochen wurde. Seine Gegenfrage lautete, wie denn die Deutschkenntnisse des potenziellen Praktikanten seien und ob zuhause Deutsch gesprochen würde. Denn für Wolfgang Oehm ist das Beherrschen der deutschen Sprache der Schlüssel für Integration und Zusammenarbeit in den deutschen Unternehmen. Oehms Frage wurde bejaht, sodass es dazu kam, dass der erste Flüchtling in Lindlar ein Praktikum begann, eine Lehre als Mechatroniker für Kältetechnik an- und abschloss und noch heute im Unternehmen arbeitet.

STATEMENT: Warum ist der Karriere-Freitag auf der Fakuma wichtig?

Man mit kurzen grauen Haaren, weißem Hemd, blau/weiß-gestreifter Krawatte und dunklem Jackett.
Rüdiger Dzuban (Bild: Oni)

„Lasst uns die Jugend der Welt dafür gewinnen, Kunststoff als Wertstoff zu sehen und schätzen zu lernen. Und geben wir der Jugend die Verantwortung mit in die Hand, durch Ideenwettbewerbe zu Lösungen zu kommen, die Kunststoff als den Problemstoff vermeiden hilft und den Wertstoff Kunststoff ins rechte Licht setzt“, so Rüdiger Dzuban, Fakuma-Messebeirat und Leiter Marketing bei Oni-Wärmetrafo. Dzuban weiter: „Die Fakuma bereitet der Jugend eine Bühne, auf der sie die Vielfältigkeit und die Vorzüge des Werkstoffs hautnah kennenlernen und durch eine Ausbildung in der Branche ihren Beitrag zur Bewältigung der aktuellen und zukünftigen Pro-bleme beitragen können. Allein nur vorzustellen, welche Ausbildungsberufe es in der Branche gibt, reicht nicht aus, um junge Menschen für die Kunststoffbranche zu begeistern!
Wir alle haben ein Stück weit den Schlüssel in der Hand, um für das akute Problem, das durch uns und den jahrzehntelangen, sorglosen Umgang mit billigen Kunststoffprodukten entstanden ist, zu lösen. Es geht meiner Meinung nach nicht mehr darum, darüber nachzudenken, welche Möglichkeiten von Gegenmaßnahmen es gibt und diese unter dem Gesichtspunkt Pro und Kontra zu beleuchten. Es geht vielmehr darum, alle Möglichkeiten konsequent zu nutzen. Es braucht Macher!
Geben wir der Jugend die Chance, zu Machern zu werden. Mit dieser Botschaft beziehungsweise diesem Grundgedanken ist der Karriere-Freitag entstanden. Wir brauchen die Jugend dieser Welt, um aus dem Problemstoff Kunststoff den Wertstoff Kunststoff zu machen!
Die Fakuma bietet mit dem Karriere-Freitag alle Voraussetzungen, um jungen Menschen die Kunststoffwelt und deren berufliche Chancen nahezubringen und darüber hinaus die Chancen zu erkennen, die Zukunft mit dem Werkstoff Kunststoff zu gestalten.“

So ging es weiter

2015 brach über Deutschland eine nie dagewesene Flüchtlingswelle herein und brachte für alle deutschen Städte und Gemeinden enorme Herausforderungen mit sich. Auch in Lindlar wurde eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet und der Verein Winli e.V. gegründet, um Flüchtlingen auf dem Weg in die Integration zu begleiten und zu unterstützen.     
Auf die Bitte der Gemeindeverwaltung Lindlar um Unterstützung durch Bereitstellen von Praktikumsplätzen, stellte der Firmengründer die gleichen Fragen. Hier war die Situation bedingt durch die vielen verschiedenen Nationalitäten jedoch völlig anders. In den Unterkünften wurden alle möglichen Sprachen gesprochen, nur nicht Deutsch. Kurzerhand finanzierte Oehm drei Sprachkurse für insgesamt 50 Personen und stellte bei erfolgreicher Teilnahme drei Ausbildungsplätze in Aussicht.

Statt der geplanten drei Auszubildenen bekamen 10 junge Männer von Herrn Oehm einen Ausbildungsplatz. Ausbildungsleiter Berthold Hock sagt rückblickend auf die Entscheidung: „Mein erster Gedanke: Wie soll das gehen? Für das neue Lehrjahr waren ja bereits alle Ausbildungsplätze vergeben. Nichtsdestotrotz war die Entscheidung getroffen und wir haben die Ärmel hochgekrempelt.“ Es wurde der Ausbildungsbereich entsprechend vergrößert und ein zusätzlicher Ausbilder eingestellt. Außerdem wurde ein Deutsch- und ein Mathematik-/Physiklehrer engagiert, um nach Feierabend die jungen Männer zu beschulen. Es wurde Wohnraum angemietet, hierfür Bürgschaften übernommen sowie ein Mentoringprogramm ins Leben gerufen, das unter anderem bei Behördengängen unterstützte.

Bei Ausbildungsbeginn kam die nächste Hürde, denn die Mentalität der jungen Männer hinsichtlich Pünktlichkeit und Verlässlichkeit entsprach nicht der von uns Deutschen. Damit morgens alle pünktlich an ihrem Arbeitsplatz waren, wurde ein Sammeltaxi organisiert.

Nach der regulären Arbeitszeit gab es eine kurze Pause mit Verköstigung und danach fanden Deutsch- und Mathematikunterricht statt, damit der Unterricht in der Berufsschule gut verfolgt werden konnte. Nach kurzer Zeit stellte sich auch heraus, dass nicht alle Flüchtlinge der anspruchsvollen Ausbildung zum Mechatroniker für Kältetechnik gewachsen waren.

Warum die Ausbildung wichtig sind

Zwei Männer transportieren mit dem Hallenkran Rohre durch den Gang einer Produktionshalle
Zwei der jungen Männer wurde die Ausbildung zur Fachkraft Lagerlogistik ermöglicht. (Bild: Redaktion)

Oni bildet seit dem Jahr 2001 aus. Derzeit befinden sich 35 junge Menschen in der Ausbildung zum Industriekaufmann, Mechaniker für Kältetechnik, Elektroniker Betriebstechnik und Technischer Systemplaner. Es wechselten drei der jungen Männer in die Ausbildung zum Elektroniker und für zwei weitere wurden zur Fachkraft Lagerlogistik ausgebildet. Ein Ausbildungsberuf, der bis dato einmalig angeboten wurde.

Die 10 jungen Männer schlossen mit der Unterstützung des ganzen Unternehmens ihre Ausbildung erfolgreich ab, wurden übernommen und sind noch heute bis auf einen bei Oni tätig. Dieser junge Mann ging aus familiären Gründen nach Ausbildungsabschluss in seine Heimat zurück. Drei der Männer blieben durch die Festanstellung von einer Abschiebung in ihr Heimatland Afghanistan verschont. „Hier stellte sich mir schon die Frage, weshalb ein ausgebildeter, der deutschen Sprache mächtiger junger Mensch abgeschoben werden soll, wenn er keine Anstellung hat“, sagt Wolfgang Oehm. „Wir haben viel Zeit, Herzblut und Geld in die Ausbildung investiert und sind froh auf diese Weise die Fachkräfte gewonnen zu haben. Einen Punkt möchte ich noch anfügen, auch um Missverständnisse von vornherein zu vermeiden.  Die Ausbildung der jungen Männer hat den Steuerzahler keinen Cent gekostet!“ So Wolfgang Ohm in Kurzfassung zum Oni-Engagement.

Drei Männer aus einer anderen Ausbildungseinrichtung im oberbergischen Kreis standen nach erfolgreichem Abschluss ihrer Ausbildung vor der Abschiebung in ihr Heimatland Afghanistan. Weil der Geschäftsführer der Bildungseinrichtung vom Engagement Oehms erfahren hatte, rief der ihn kurzentschlossen an und schilderte die Situation. Wolfgang Oehm überlegte nicht lange und übernahm die jungen Männer in eine Festanstellung, was sie letztendlich vor der Abschiebung bewahrte. „Für mich stellt sich die Frage, wie es sein kann, dass diese ausgebildeten und der deutschen Sprache mächtigen Fachkräfte nach ihrer Ausbildung abgeschoben werden sollen? Das sind doch dringend benötigte Fachkräfte, deren Ausbildung den Steuerzahler auch noch eine Menge Geld gekostet hat. Wenn die bei uns bleiben, besteht die reale Chance, dass sie über gezahlte Steuern der Gesellschaft zumindest einen Teil der Ausbildungskosten zurückgeben!“

Doch kommen wir zu den Auszubildenden aus Deutschland, die zur gleichen Zeit ihre Ausbildung im Unternehmen absolviert haben. „Auch wenn die unterschwellige Sorge, dass es zu Konflikten kommen könnte, da war, stellte sich nach kurzer Zeit bereits heraus, dass diese völlig unbegründet war“, berichtet Ausbilder Hock erleichtert. „Die kulturellen und Mentalitätsunterschiede waren für die jungen Leute kein Problem und sie halfen, wo Hilfe nötig war“, führt Torben Struth ebenfalls Ausbilder bei Oni aus. Außerdem fungierten Mitarbeiter als Kulturbotschafter, um Spannungen zwischen den Kulturkreisen auszuschließen.

Preiswürdiges Engagement

Für dieses außergewöhnliche Engagement wurde Oni-Wärmetrafo von der IHK-Stiftung für Ausbildungsreife und Fachkräftesicherung 2016 als Chancengeber des Jahres ausgezeichnet. Die Zweitplatzierten waren die Kölner Ford-Werke und auf dem dritten Platz kam der Herstellerverband Haus und Garten.

Doch Wolfgang Oehm engagiert sich neben den Auszubildenden auch für seine Fachkräfte. So hat er in den vergangenen Jahren für rund 30 Mitarbeiter die Ausbildung zum Meister und Techniker übernommen. Der erste, der von dieser Maßnahme profitierte war der Mechatroniker für Kältetechnik Marco Hübner im Jahr 2005. Heute leitet er den globalen After-Sales-Service des Unternehmens und führt 75 Mitarbeiter. Hübner ist froh, diese Chance vom „Chef“ erhalten zu haben. „Es ist für mich ein Zeichen der Wertschätzung, ohne das ich mir die Weiterbildung zu diesem Zeitpunkt nicht hätte leisten können“, berichtet der Serviceleiter.

Im Zuge des Gesprächs wurde klar, dass Herr Oehm nicht Herr Oehm wäre, wenn er nicht auch ukrainische Flüchtlinge unterstützen würde. Seit Oktober 2023 befinden sich zwei junge Frauen und drei junge Männer zum Praktikum bei Oni. Dieses dient als Einstiegsqualifizierung für die von ihnen angestrebten Ausbildungsplätze zur Industriekauffrau und zum Mechatroniker für Kältetechnik. Der Sprachkurs, den sie während der Arbeitszeit besuchen, wird in diesem Fall vom Arbeitsamt bezahlt.

Auch diese Flüchtlinge werden von den Ausbildern und den derzeit 35 Auszubildenen herzlich aufgenommen, ermuntert durchzuhalten, bekommen das notwendige handwerkliche Geschick vermittelt und erhalten in jedem Fall das Gefühl – hier bin ich gerne gesehen.

Im Gespräch mit den jungen Menschen zwischen 16 und 18 Jahren zeigt sich, dass sie in Deutschland bleiben wollen, auch wenn der Krieg in der Heimat beendet sei und die Familien zurückkehren. Ihr Deutsch ist noch auf unterschiedlichem Niveau, aber der Austausch gut möglich.

Wolfgang Oehm setzt auf die Flüchtlinge als Fachkräfte, denn er hat in seinen mehr als 40 Jahren als Unternehmer und mehr als 20 Jahren Ausbildungsbetrieb die Erfahrung gemacht, dass meist 50 % eines Jahrgangs, bei dem die Azubis aus der Region stammen, das Unternehmen verlassen. „Die jungen Leute wollen dann weg aus dem Bergischen in die Stadt. Sie wollen etwas anderes sehen. Die Flüchtlinge sind froh, hier eine neue Heimat und einen Arbeitsplatz gefunden zu haben und bleiben gerne hier“, so das Fazit von „Papa Oehm“, wie ihn die 10 jungen Männer getauft hatten.

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Oni-Wärmetrafo GmbH

Niederhabbach 17
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