
Arburg präsentiert sich in diesem Jahr wieder auf der Chinaplas. Im Fokus stehen Spritzgießtechnologien für die Medizintechnik, den Automobilbau und mehr. (Bild: Arburg)
Bei den auf der Chinaplas ausgestellten Exponanten handelt es sich um vier Allrounder – vom elektrischen Allrounder 470 A bis hin zum Allrounder 820 S – sowie zwei Freeformer – ein Freeformer 200-3X und ein Freeformer 300-3X. Zu Demonstrationszwecken werden die Anlagen vor Ort an das Leitrechnersystem ALS sowie an das Kundenportal Arburgxworld angeschlossen. Daneben stellt das Unternehmen auch sein Umwelt- und Recycling-Programm Arburg Green World in den Fokus. Die Chinaplas findet dieses Jahr vom 25 bis 28. April in Shanghai statt. Welche Neuheiten und Themen das Unternehmen auf der letztjährigen Chinaplas präsentierte, das können Sie hier nachlesen.
Welche Anwendung steht im Messefokus?
Als wichtiges Highlight sieht Zhao Tong den elektrischen Allrounder 470 A mit 1.000 kN Schließkraft, Spritzeinheit der Größe 290 und Gestica-Steuerung. Ein Multilift Select mit 6 kg Tragkraft vervollständigt die Konfiguration. Die Spritzeinheit mit 35 mm Drei-Zonen-Schnecke ist in der Lage, auch komplexe Teile in Mehrfach-Werkzeugen schnell und hochwertig zu fertigen. Als Messebeispiel entsteht auf dieser energieeffizienten Maschine das Elektronik-Bauteil „Connector“ in einem 16-fach-Werkzeug. Das Teilegewicht liegt bei je 0,59 g, die 16 Connectoren entstehen in einer Zykluszeit von rund 6 s.

Medizintechnik auf hybridem Allrounder
Auf einem hybriden Allrounder 470 H mit 1.000 kN Schließkraft, Spritzeinheit der Größe 400 mit 35 mm Standardschnecke und Gestica-Steuerung werden Pipettenspitzen aus PP in einem 64-fach-Werkzeug hergestellt. Die Zykluszeit für dieses Schnellläufer-Produkt liegt bei 7 s, was unter anderem mit der Ausrüstung der Maschine mit einer leistungsfähigen Speichertechnologie sowie dem „AXW Control Screw Pilot“ für reproduzierbares Einspritzen und hohe Spritzteilqualität zusammenhängt. Das Schussgewicht beträgt 64 g. Die komplexe Automation stammt vom regionalen chinesischen Hersteller Ningbo Welllih Robot Technology. Neben einer Granulatzufuhr Luxor 80 von Motan kommen auch ein Heißkanalsystem von Husky sowie zwei HB-Therm Temperiergeräte zum Einsatz.
Mund-Nasen-Maske aus LSR
Eine Mund- und Nasenmaske wird in einem 4-fach-Werkzeug von Polarform Werkzeugbau gespritzt. Das Beispielteil läuft während der Messe auf einem elektrischen Allrounder 570 E Golden Electric. Diese Anlage zur LSR-Verarbeitung ist eine Neuheit in Asien. Der Allrounder 570 E Golden Electric ist hier als Einstiegsmaschine mit höchster Genauigkeit für die Sonderanwendung LSR-Spritzgießen definiert. Er verfügt über eine Schließkraft von 2.000 kN und eine Spritzeinheit der Größe 800 mit 45-mm LSR-Schnecke ohne Misch- und Kompressionszone. Zum Einsatz kommt darüber hinaus auch eine spezielle Rückstromsperre für niederviskoses Material. Verarbeitet wird ein für die Medizintechnik optimiertes LSR von Wacker Chemie. Das Spritzteilgewicht liegt bei 42 g, die Zykluszeit bei 60 s. Der extreme Hinterschnitt der Maske und die verschiedenen Wandstärken mit der sehr dünnen Lippe machen das Spritzgießen dieser Teile sehr komplex. Der Greifer am Multilift-Select-Robot-System für die Entnahme im Queraufbau besitzt 15 kg Tragkraft. Er kommt von Barth Mechanik, die Dosieranlage vom chinesischen Hersteller Mucomac aus Shenzhen. Komplettiert wird die Anlage durch ein Kaltkanalsystem Cool Shot von Ewikon mit elektrisch angetriebenem Nadelverschluss sowie einem Kühlgerät von Shini aus Taipeh.
Allrounder 820 S zum Faser-Direkt-Compoundieren
Die größte Arburg-Maschine auf der Chinaplas ist ein hydraulischer Allrounder 820 S, der zum Faser-Direkt-Compoundieren (FDC) optimiert wurde. Die Maschine hat eine Schließkraft von 4.000 kN und eine Spritzeinheit der Größe 3.200, die mit einer 70-mm-Spezialschnecke zur Langglasfaserverarbeitung ausgestattet ist. Als notwendige Basisausstattung kommt der „AXW Control Screw Pilot“ hinzu, der eine reproduzierbare Formfüllung über die Regelung von Einspritzdruck und -geschwindigkeit erlaubt. Hergestellt wird eine Trägerplatte, das Basismaterial ist ein PP. Das Ein-Kavitäten-Werkzeug verfügt über einen Heißkanal mit Nadelverschlussdüsen. Das Spritzteilgewicht beträgt 700 g, die Zykluszeit liegt bei 80 s.
Das FDC-Leichtbauverfahren zeichnet sich durch hohe Verfügbarkeit der Materialien und um bis zu 40 % geringere Kosten im Vergleich zu speziellen Langfasergranulaten aus. FDC-Spritzteile kommen in allen innovativen Branchen der Kunststoffverarbeitung wie etwa dem Automobilbau oder auch der Luftfahrtindustrie zum Einsatz. Die erreichbaren physikalischen Eigenschaften gehen auf die individuell anpassbaren langen Fasern zurück. Die FDC-Einheit direkt an der Spritzeinheit ist wie der gesamte Prozess in die Selogica-Steuerung integriert und umfasst eine servoelektrische Seitenbeschickung mit eingebauter Schneidvorrichtung, einen angepassten Zylinder und eine spezielle Schneckengeometrie.
Die Spritzteilentnahme aus dem Einfach-Werkzeug erfolgt über ein Multilift-Select-Robot-System mit 15 kg Tragkraft. Nachgeordnet werden die Artikel über eine Scale-Automation zur Qualitätssicherung inline gewogen, in die Prozessdokumentation übernommen und danach auf einem Förderband abgelegt.
Quelle: Arburg
Bildergalerie: Welcher Kunststoff für welche medizinische Anwendung?

Kunststoffe, die in der Medizin zum Einsatz kommen, müssen besondere Eigenschaften erfüllen. Die Grundanforderungen an Materialien für die Medizintechnik etwa sind Biokompatibilität, Sterilisierbarkeit, Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit. Die Anforderungen unterscheiden sich dabei im Einzelnen zwischen Materialien, die außerhalb des Körpers, und solchen, die – im Körper etwa als Implantate – zum Einsatz kommen. Biomaterialien – also Werkstoffe, die sich mit Körperzellen vertragen – dürfen keine schädigende Wirkung auf Organismus verursachen, sondern müssen vom Körper toleriert oder, im günstigsten Fall, wie körpereigenes Material akzeptiert werden. Wichtig ist außerdem, dass von dem Material keine toxische Wirkung auf den Organismus ausgeht. Festgelegt sind diese Anforderungen in verschiedenen Vorschriften und Richtlinien, beispielsweise der EU-Richtlinie 93/42/EWG, die auch als „Medical Device Directive“ bekannt ist. Seit 2019 definiert und beschreibt die VDI-Richtlinie 2017 speziell für den Bereich der Kunststoffe, was unter Medical Grade Plastics zu verstehen ist und welche Eigenschaften und Anforderungen maßgeblich sind. (Bild: Paul Vinten – Fotolia)

Polyethylen (PE) ist nicht nur insgesamt der weit verbreitetste Kunststoff, sondern spielt auch im medizinischen Einsatz eine große Rolle. Der Werkstoff kommt vor allem in Verpackungen für klinische und pharmazeutischer Produkte zum Einsatz, so etwa in Flaschen oder Folien, aber auch beispielsweise in Spritzen. Vor allem Polyethylene hoher Dichte, sogenanntes PE- HD, zeichnet sich dabei durch eine hohe Formfestigkeit und Chemikalienbeständigkeit aus. Das Material kommt daher etwa auch für Implantate, zum Beispiel als Hüftgelenkpfannen in der Orthopädie, zum Einsatz. Außerdem lässt sich etwa bei Behältern aus PE der Einfluss von migrierenden Additiven vermeiden. (Bild: catsnfrogs – Fotolia)

Das zweite besonders häufig in der Medizin eingesetzte Polymer ist Polyvinylchlorid, besser bekannt als PVC. Für den Werkstoff sprechen vor allem der geringe Preis, auch im Vergleich zu anderen Kunststoffen, sowie die einfache Verarbeitbarkeit. Das Material ist außerdem sehr gewebe- und blutverträglich. Aufgrund dieser Eigenschaften kommt PVC vor allem in Einweg-Produkten wie Blutbeutel und Handschuhe oder Katheter, aber auch für Schläuche und sterilisierbare Verkleidung von medizinischen Geräten zum Einsatz. Als Problem von Weich-PVC gilt zunehmend, dass der Kunststoff meist phthalathaltige Weichmacher wie Diethylhexylphthalat (DEHP), das nicht chemisch gebunden ist und damit in seine Umgebung migrieren kann. Dem Additiv werden fortpflanzungsschädigende Eigenschaften zugeschrieben. Weich-PVC enthält bis zu 40 Gewichtprozent an DEHP. Während der Stoff in Kinderspielzeug oder Kosmetika verboten ist, gilt das Additiv in Medizinprodukten als weitgehend unverzichtbar. Hersteller müssen jedoch jeweils darlegen können, warum sich keine Alternativen zu DEHP einsetzen lassen. (Bild: Stephan Morrosch – Fotolia)

Für Verpackungen aller Art kommt im medizinischen Bereich vor allem Polystyrol (PS) zum Einsatz. Durch seine hohe Transparenz und ist der Thermoplast vor allem in Anwendungen zu finden, in denen sonst Glas zum Einsatz kommen würde, also etwa in Behältern für infektiöses oder toxisches Material oder im Laborbereich in Petrischalen und Ähnlichem. PS findet jedoch beispielsweise auch als Folie in Medikamentenblistern Verwendung. Expandiertes Polystyrol (EPS), weit bekannt unter dem Handelsnamen Styropor, dient als Schaumstoff dagegen dem Schutz von empfindlichen Produkten. Außerdem leistet das Material durch seine wärmedämmende Wirkung seinen Dienst in der Kühlkette beim Transport von Medikamenten und aktuell in der Logistik von Covid-19-Impfstoffen. (Bild: ggw – Fotolia)

Auch Polypropylen (PP) kommt hauptsächlich für die Verpackung zum Einsatz, beispielsweise wiederum in Medikamentenblistern, aber auch für Einwegspritzen oder Infusions-Bestecke. Hitzestabilisierte Polypropylen-Typen sind darüber hinaus gut zu sterilisieren. Außerdem kommt PP auch in Implantaten zum Einsatz. Außerdem spielt PP durch seine glatte Oberfläche als Nahtmaterial eine große Rolle. (Bild: ThKatz – Fotolia)

PE, PVC, PS und PP sind die mit Abstand gängigsten Polymere in der medizinischen Anwendung und stehen zusammen für 80 bis 90 % der dort eingesetzten Kunststoffe. Daneben gibt es noch eine Reihe anderer Kunststoffe in der Medizintechnik. Bereits seit etwa 20 Jahren wird beispielsweise auch Polyetheretherketon (PEEK) für Implantate in der Wirbelsäulen- und Gesichtschirurgie verwendet. Aufgrund eher unvorteilhafter Oberflächeneigenschaften ist der Werkstoff aber nicht weit verbreitet. Nitril-Polymere wiederum finden durch ihre chemische Beständigkeit und die gummiähnlichen Eigenschaften für Schutzhandschuhe Anwendung. (Bild: April Cat – Fotolia)
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