Grafik mit einem roten und einem schwarzem Pfeil. Dahinter ein Oberkörper von einem Mann mit grauem Jackett und roter Krawatte. Zeigt mit dem Zeigefinger auf die Grafik.

(Bild: Photo-K – Fotolia.com)

Update vom 26.04.23: Wohnungsbau: Baugenehmigungen weiter im Tiefstand

Da die Bauindustrie einer der wichtigsten Nachfrager nach Kunststoffprodukten ist, rücken wir sie immer mal wieder besonders ins Blickfeld. Nicht nur Baubedarfsartikel werden für diesen Sektor produziert, sondern auch Halbzeuge (Platten, Rohre, Folien, Profile), Technische Teile (zum Beispiel für Haustechnik, Heizungen), Konsumwaren (Einrichtungsgegenstände), ja sogar „Verpackungsmittel“ (Tanks). In den letzten Jahren war die Bauindustrie ein verlässlicher Stützpfeiler der Kunststoffwarenproduktion. Zuletzt hatten wir in KW 13 die Zahl der Baugenehmigungen für den Wohnungsneubau untersucht. Und feststellen müssen, dass die Zahl der neu geplanten Wohnungen seit August in den Keller rauscht. Bei der Fortschreibung mit den gerade verfügbaren gewordenen Daten für den Februar hat sich an diesem Bild praktisch nichts geändert. Auch im Februar wurden fast -23 % weniger Baugenehmigung erteilt als im Vorjahresmonat. Im Januar waren es sogar -28 %. In den letzten zehn Jahren wurden im Schnitt der beiden Monate Januar und Februar noch nie so wenige Genehmigungen (unter 19.000) ausgehändigt. Das Minus gegenüber dem Vorjahr (Januar und Februar) beträgt -25,6 %. Und wir wissen, dass Baugenehmigungen noch lange nicht zu Bautätigkeit führen. Nicht wenige Projekte werden derzeit erst gar nicht realisiert. Die Baubranche ist höchst alarmiert und ruft inzwischen um Staatshilfe und verlangt eine Lockerung der Klimaschutzauflagen, welche das Bauen zu sehr verteuerten.

Grafik mit blauen Balken und roter Kurve.
(Bild: Destatis)

Update vom 18.04.23: Kunststoffverarbeitung leidet weiter – lautlos

In KW 10 hatten wir zuletzt die aktuelle Produktionsentwicklung in der Kunststoffverarbeitung beleuchtet. Um mitteilen zu müssen, dass der Start ins neue Jahr unerfreulich schlecht verlaufen sei. Die Situation hat sich Im Februar kaum gebessert. Im Vergleich zum Vorjahresmonat liegt das Minus Im Februar bei -6,6 % gegenüber -6,9 % im Januar (-8,5 % im Dezember). Frohnaturen wären vielleicht geneigt, hierin eine Trendwende zu erkennen. Denn immerhin liegt die Produktion jetzt „nur noch“ bei 98 Punkten gegenüber 93 Punkten im Dezember. Wie im letzten Update aber schon geschrieben: Die Baunachfrage „feiert“ ein Rekordtief nach dem anderen. Das steckt die Kunststoffverarbeitung so schnell nicht weg und das wird sich erst in ein paar Monaten wirklich deutlich auswirken. Die politikhausgemachten Ursachen entfalten langsam ihre Wirkungen, vorhersehbar und nicht ohne Warnungen. Und das nicht nur im Baubereich. Auch bei der individuellen Mobilität. Technische Teile wandern aus oder werden importiert, wenn sie denn nachgefragt werden. Über allen Wipfeln ist Ruh’, still ruht der See, die Verbände schauen zu. Und die Betriebe reagieren im Stillen. Jedenfalls liegt das Produktionsniveau im Zwei-Monatsvergleich Januar/Februar um -6,8 % unter dem von Januar/Februar 2021. Wir müssten lange in unseren Daten kramen, um in der Vergangenheit etwas Vergleichbares zu finden.

Grafik mit blauen Balken und roter Kurve.
(Bild: Destatis)

Branche erreicht ihren Zenit

Aus bescheidenen Anfängen in den 50ern und nach Wachstum bis zur Jahrtausendwende ist die Kunststoffverarbeitung zu einer Schlüsselbranche geworden. Seit etwa 20 Jahren verläuft die Entwicklung deutlich langsamer. Aus Steuerstatistiken und Unternehmensregister wissen wir, dass die Branche nicht mehr wächst, sondern schrumpft, auf etwa 6.500 Betriebe. Zudem ein Strukturwandel: Die Betriebe werden größer, die Zahl der Unternehmen über 50 Beschäftigte nimmt zu, ebenso deren Beschäftigtenzahl, auf Kosten kleiner Betriebe. Seit Ende 2018 gehen aber auch bei Großbetrieben die Zahlen zurück: Der Zenit scheint überschritten.

Grafik mit blauer und roter Kurve.
(Bild: Destatis)

Geringe Produktivitätsfortschritte

Neben Produktqualität und Innovationsfähigkeit ist die Produktivität ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Beim Umsatz pro Kopf als Indikator für Produktivität hat sich im zweiten Dezennium dieses Jahrhunderts wenig bei den Betrieben getan. Er schwankt über das ganze Jahrzehnt um die 200.000 Euro pro Kopf. Vor der Krise von 2008 lag er noch bei knapp 145.000 Euro, danach ist er im Zuge von Personalabbau sofort auf das aktuelle Niveau gestiegen: Man hat wohl zu wenig investiert und auf mehr Personal gesetzt. Mit der Inflation in den letzten beiden Jahren ist die Produktivität nur scheinbar gestiegen.

Grafik mit blauer und roter Kurve.
(Bild: Destatis)

Umsatz 2022

Im Jahr 2022 erzielten die hier betrachteten Betriebe ab 50 Beschäftige einen Umsatz vom 70 Mrd. Euro, ein Plus von 10,6 %, was aber leider einem realen Minus von knapp 3 % entspricht. Die Erzeugerpreise von Kunststoffwaren sind zweistellig gestiegen und haben die Umsätze aufgebläht, während in Wirklichkeit weniger produziert wurde. Die Ursachen der Preisexplosion sind bekannt und wurden hier schon mehrfach diskutiert. 58 % der Umsätze wurden im Inland erzielt, 24 % durch Export in den Euroraum und 18 % durch Ausfuhr in Länder außerhalb der Eurozone.

Tortendiagramm.
(Bild: Destatis)

Alles auf Plus

Die neuesten Daten (Januar 2023) sind vordergründig betrachtet alle positiv: mehr Betriebe (über der 50-Beschäftigte-Grenze), etwas mehr Beschäftigung insgesamt, dickes Plus bei geleisteten Arbeitsstunden, die Umsätze wachsen. Stärker im Inland als im Ausland, was auf bessere Binnenkonjunktur deutet. Aber: Eine Zunahme der Bruttolohn- und Gehaltssumme von über 9 %; nur knapp 3 % erklären sich durch den Zuwachs der geleisteten Arbeitsstunden. Die Betriebe stehen kostenseitig weiter gewaltig unter Druck. Andere Kostenfaktoren (Energie und Rohstoffe) sind hier noch nicht berücksichtigt.

Grafik mit sieben roten horizontalen Balken.
(Bild: Destatis)

Bedeutung des Auslandsgeschäfts wächst langsam

Kunststoffverarbeiter sind häufig Zulieferer (Technische Teile, Halbzeuge) oder produzieren für den Bausektor. Die deutschen Verarbeiter profitieren vom Industriestandort Deutschland, wichtige Abnehmer von Zulieferteilen (Kfz-, Maschinenbau) prägen den Standort. Deshalb werden nach wie vor fast 60 % der Kunststoffwaren im Inland abgesetzt, 2005 waren es noch 62 %, die Bedeutung des Exportgeschäfts wächst nur langsam, aber stetig, vor allem außerhalb der Eurozone. Mit der möglichen Abwanderung von Kunden ins Ausland stehen die Verarbeiter vor neuen Herausforderungen.

Grafik mit roten, blauen und orangenen Querstreifen komplett ausgefüllt.
(Bild: Destatis)

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