Systeme zur Folieninspektion werden immer mehr zu einem zwingenden Bestandteil der Produktionslinien. Einerseits fordern die Abnehmer aus der Pharma-, Medizin-, Lebensmittelindustrie eine 100-prozentige Qualitätskontrolle, andererseits will der Folienhersteller kostspieligen Ausschuss vermeiden und seinen Produktionsprozess optimieren. Dabei überwachen Kameras die Folienbahnen direkt nach der Extrusion, die Bildverarbeitungssoftware markiert die fehlerhaften Stellen in der Folie und alarmiert den Operator unverzüglich. Hierbei werden der Prozess selbst, der Rohstoff und das Endprodukt überwacht.
Bildverarbeitungssysteme zur Folieninspektion verfügen heutzutage über eine realistisch zu verarbeitende Datenrate von bis zu 400 MHz pro Kamera. Je nach Anwendung können CMOS-Zeilenkameras mit zwei Sensorzeilen (Dual Line) mit 4.096 oder 8.192 Bildpunkten (Pixel) eingesetzt werden; aber auch Farbzeilenkameras mit CMOS-Sensoren zur Detektion kontrastschwacher farblicher Fehler. Diese erreichen Bildaufnahmeraten (scan rates) von bis zu 100 kHz. Somit werden auch bei sehr hohen Bahngeschwindigkeiten hohe Auflösungen in Bahnlaufrichtung erzielt.
Dual-Line-Kameras ermöglichen zusammen mit einer hochwertigen LED-Beleuchtung ein sogenanntes Shuttern. Dabei wird derselbe Fehler von ein und derselben Kamera mit zwei verschiedenen Beleuchtungen aufgenommen, beispielsweise in Transmission im Hell- und im Dunkelfeld. Interessant ist auch die Verwendung einer RGB-Infrarot-LED (rot/grün/blau), die den gleichen Fehler in dem jeweiligen Wellenlängenbereich detektiert und die verschiedenen Kanäle dann kombiniert. Dieses Verfahren führt sowohl zu einer verbesserten Detektion als auch Klassifikation. Jedoch ist dafür eine einfache und bedienerfreundliche Teach-In-Software unverzichtbar.
Über Schnittstellen können auch externe Sensoren wie zum Beispiel Schrumpfmessung oder Farbmessung in diese Inspektionssysteme integriert werden. Hierbei werden die Lab-Farbraumwerte dokumentiert und es können Alarme bei Abweichungen gesetzt werden. Die modernen Bildverarbeitungssysteme detektieren Oberflächenfehler wie zum Beispiel Stippen oder Gele (siehe nächsten Absatz). Anhand der Fehlerbilder kann der Bediener die Fehler in das System einlernen und das System legt dann automatisch die Klassifikationskriterien für die Fehlertypen fest.
Katalogisierung von Folienfehlern
Bei der Katalogisierung von Folienfehlern unterscheidet man:
- Stippe/Gel (nicht aufgeschmolzenes Material beziehungsweise Vernetzungen – in transparenter Folie ähnlich einem Wassertropfen),
- Anbrenner/Black Spec (vercracktes beziehungsweise verbranntes Material – bräunlich oder schwarz),
- Fischauge/Fish Eye (nicht aufgeschmolzenes Material bzw. Vernetzungen – oft in opaker Folie mit nachfolgender Dünnstelle; dieser Fehler wird allerdings oft mit einer Stippe gleichgesetzt),
- Beschichtungsaufrisse/Löcher,
- Schlieren,
- Fließlinien und
- Insekten.
Die verschiedenen Fehlertypen haben unterschiedliche Ursachen und bereiten auch andere Probleme bei der Weiterverarbeitung. Allerdings existiert kein einheitlicher Standard für die Typologisierung dieser Fehler. Es können also erhebliche Unterschiede bei der Beschreibung bestehen, je nachdem, wen man fragt. Deshalb ist es wichtig, offensiv mit diesem Thema umzugehen und auch sowohl den Lieferanten als auch den Kunden in diese Thematik bezüglich der Fehlertypisierung als auch der Auflösung beziehungsweise Größendetektion mit einzubeziehen. Dieses Verhalten wird mehr und mehr eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.
Das online-‚Close Loop‘-Konzept
Die Messwerte der Qualitätsüberwachung dienen nicht nur der Qualitätsdokumentation, sondern sollen auch die Prozesssteuerung im Sinne eines online-‚close loop‘-Konzeptes ermöglichen, zumindest aber das Betriebspersonal bei Fehlern alarmieren. Der Gedanke des ‚close loop‘-Konzeptes liegt darin, das klassische offline-Labor direkt – also online – an den Produktionsprozess zu koppeln und mit den Messwerten so zeitnah wie möglich den Prozess und die Qualität zu steuern. Hierbei werden dem Prozess regelmäßig kleine Rohstoffmengen entnommen, um einen möglichst repräsentativen Überblick über die Gesamtproduktion zu bekommen. In früheren Zeiten wurden teilweise bis zu 10 Stunden benötigt, um Aussagen über die Qualität und den Prozess zu machen. Heutzutage sind die enormen Kosten einer entsprechend langen Ausschussproduktion nicht mehr tolerierbar. Bei einem Return of Investment (ROI) von weit unter einem Jahr, ist das ‚Close Loop‘-Konzeptes vor allem in der Polymerproduktion durch Gel Counts heute der Standard (Messung der Folien-Stippigkeit anhand von extrudierten Proben).
Grundsätzlich kann die online-Qualitätskontrolle in zwei Bereiche unterteilt werden: die Messung am Granulat und die Messung an extrudierten Cast- oder Blasfolien.
- Die Messung des Granulates (online-Pellet-Analyse) liefert Informationen über den Lab-Farbwert, den Schmelzeindex (Rheometer), die Korngrößenverteilung (Pellet Size and Shape Distribution Systems), Staub/Abrieb und Verunreinigungen (Pellet Scan Systeme).
- Die online-Messung am extrudierten Film hingegen liefert eine Aussage über die Stippigkeit (Gel Count), den Additivgehalt und die physikalischen Eigenschaften (IR-Spektroskopie), den Glanz (Glossmeter) und/oder den Trübungswert (Hazemeter).
Online-Pellet-Analyse
Bei der online-Pellet-Analyse werden die Granulatkörner kontinuierlich dem Produktionsfluss durch einen Probennehmer entzogen, automatisiert zum Messsystem transportiert, dort untersucht und aussortiert. Pellets, die innerhalb der definierten Spezifikation liegen, werden dem Prozess wieder zugeführt.
Bei der Farbmessung werden die Pellets in eine Küvette transportiert und dort werden der Lab-Wert, der Yellowness-Index und diverse andere Farbwerte bestimmt.
Beim online-Pellet-Scan-System werden die transparenten oder opaken Granulatkörner über eine Rüttelplatte oder eine Drehscheibe unter einer Farbmatrixkamera durchgefahren, auf farbliche Verunreinigungen und Fremdpartikel untersucht und gegebenenfalls aussortiert.
Im Pellet-Size- and Shape-Distribution-Analyser werden die Granulatkörner im freien Fall mit einer Zeilenkamera auf Korngrößenverteilung, Rundheit, Engelshaar, Staub/Abrieb, Doubles oder Triples untersucht.
Alle hier erwähnten Systeme können direkt hintereinander geschaltet werden und über eine integrierte Software gesteuert werden. Über eine Schnittstelle, zum Beispiel Modbus, sind die Systeme mit dem Betriebsdatenerfassungssystem (BDE) verbunden. Bei Abweichungen werden vollautomatisch Alarme ausgegeben.
At-line-Rheologie-Messungen am Polymer
Ein Zwitter zwischen der Messung an den Pellets und der Messung an extrudierten Folien stellen Rheometer mit der patentierten OCS-Technik dar. Hierbei werden die sehr genauen offline-Labormessungen nach ASTM 1283 und ISO 1133 direkt ‚at line‘ neben der Produktion kontinuierlich durchgeführt und liefern so wichtige Parameter zu Reaktorsteuerung. Hierbei werden permanent Proben aus dem Pellet-Strom genommen, erwärmt und mit großem Druck behutsam gepresst. Durch dieses Verfahren wird die Molekülstruktur relativ gering verändert und es werden reproduzierbare Genauigkeiten von 0,5 Prozent wie im offline-Labor erreicht. Gleichzeitig vermindert die Messung ohne Schneckenscherung die Wartungskosten erheblich.
Online-Messung an extrudierten Folien
Die bisher genannten Analysemethoden geben jedoch keine Auskunft über den Stippengehalt und Güte des Granulates. Für diese Messung wird parallel zur Produktion ein schmaler Film extrudiert und permanent auf den Stippengehalt untersucht. Hierbei ist es sehr wichtig, möglichst oft kleine Proben zu ziehen, um den Prozess kontinuierlich zu überwachen. Ein ‚Gel Shower‘ kann beispielsweise 5 bis 10 min andauern und verschwindet danach einfach wieder. Somit sollten schon Zyklen von 50 Probenentnahmen pro Stunde erreicht werden.
Nach der Extrusion im Cast- oder Blasfolienverfahren wird die Folie unter einem Zeilenkamerasystem durchgefahren und auf einem pneumatischen Spanndorn hülsenfrei gewickelt. Die Wickeleinheit ist einseitig aufgehangen (Galettenaufbau) und besteht aus mehreren Servoantrieben. Diese garantieren eine stabile und flatterfreie Folienführung. Diese Folienführung ist ebenso wie eine reine Umgebung – bis hin zum Reinraum – notwendig, weil beispielsweise bei einem Polymergranulat für Hochspannungskabel mit einer Auflösung von bis zu 5 µm inspiziert wird. Für Rohststoffe des Massenmarktes wie PE liegen die Standards bei Auflösungen von 50 oder 25 µm.
Das Verfahren ist für die Rohstoff-Kontrolle optimiert und arbeitet fast autonom. Andere Messungen wie Haze nach ASTM 1003, Additivdichte und Zusammensetzung (Infrarot-Spektroskopie), Glanz oder Dickenmessung können problemlos in die Wickeleinheit und Software integriert werden. Via Web-Browser kann die Anlage komplett ferngesteuert und gewartet werden. Sie ist intern via OPC Server untereinander und extern mit dem BDE des Kunden vernetzt.
Inspektion von extrudierten Folien in der Produktion
Produzenten hochwertiger Folien kontrollieren wie erwähnt 100 Prozent ihrer Produktion mit Systemen zur Folieninspektion. Diese Systeme detektieren die eingangs katalogisierten Folienfehler wie zum Beispiel Stippen und Anbrenner. Hierbei werden der Extrusionsprozess selbst überwacht, der Rohstoff (Polymer) und das Endprodukt.
Oberflächen-Inspektionssysteme überwachen die Folienbahn im Durchlicht (transparente und transluzente Folien) oder in Reflektion (opake Folien). Auch ist eine Kombination beider Beleuchtungsanordnungen möglich, wenn sowohl transparente als auch opake Folien auf derselben Anlage produziert bzw. verarbeitet werden. Anhand der Fehlerbilder kann der Bediener die Fehler in das Bildverarbeitungssystem einlernen und das System legt dann automatisch die Klassifikationskriterien für die Fehlertypen fest.
Die Alarme erfolgen zum Beispiel bei kritischen Einzelfehlern (etwa einer Fliege), Fehlertrends (beispielsweise mehr als 10 Gels mit Durchmessern von mehr als 200 bis 300 mm pro m²) oder bei Rollen- beziehungsweise Nutzenfehlern, die außerhalb der Spezifikation liegen. Diese Daten sind im System hinterlegt; auf sie kann jederzeit, etwa bei einer Reklamation, zugegriffen werden. Online lassen sich Produktionstrends über längere Zeiträume darstellen, zum Beispiel der letzten 12 Stunden. Offline können ganze Kampagnen verglichen beziehungsweise ausgewertet werden, um zum Beispiel Rohstoffchargen in Verbindung mit bestimmten Extrudern bezüglich der Stippenhäufigkeit zu beurteilen. Ferner liefert das System Druckprotokolle der Rollenqualität angepasst an die Bedürfnisse des Produzenten.
Allerdings muss die Fehlergröße und auch die Alarmierung ab einer bestimmten Häufung durch den Abnehmer (Anwender) vorgegeben werden. Dies sollte sinnvoller Weise in Einklang mit dem Endkunden erfolgen.
Standardmäßig werden im Foliensektor heutzutage Geschwindigkeiten von bis zu 1.200 m/min (Rollenschneider) und Breiten von bis zu 10 m (biaxiale Reckanlagen) überwacht. Der Auflösungsbereich bei der folieninspektion ist unterschiedlich und grundsätzlich abhängig von den Spezifikationen des Endkunden und vom Produktionsprozess.
Bei der Herstellung von Pharmafolien, bei Laminierungen und PVDC-Beschichtungen werden Systemauflösung um die 200 µm verwendet, weil unter anderem Fehler wie Löcher, Insekten oder Anbrenner von 0,1 mm² sicher detektiert werden müssen. Diese werden im Produktionsprozess markiert und nachher in der Konfektion rausgeschnitten. Die Anlagen werden validiert und die Ergebnisse sind mit einer Datenarchivierungs- und –Datenmanagement-Software einfach zu verwalten und mindestens 10 Jahre verfügbar. Ferner sind mit jedem Inspektionsprotokoll weitere Prozessparameter wie etwa die Rezeptur, Maschinenparameter oder andere Messparameter wie zum Beispiel das Dickenprofil verfügbar und können korreliert werden. Diese Daten werden über eine OPC-Schnittstelle online in das Inspektionssystem eingelesen.