Update vom 17.07.24: Zu Größe der deutschen Kunststoffverarbeitung
Deutschland galt lange als Muster- und wohlorganisiertes Land. Heute ist das bekanntlich vorbei. Für die Statistik traf das allerdings noch nie zu, man stochert lieber mit der Stange im Nebel, als es genauer wissen zu wollen. Besonders im Bereich der Wirtschaftsstatistik liegt vieles im Argen, die letzte Arbeitsstättenzählung fand 1987 statt. Seither war man auf Behelfsdaten angewiesen. Seit 2018 gibt es nun ein unter der Ägide der EU eingeführtes Unternehmensregister mit spärlichen Daten, welches mit Angaben aus anderen Quellen ergänzt wird. Qualitätsstudien liegen bislang nicht vor, sodass man letztlich keine präzisen Aussagen treffen kann. Wir wollen den Lesern die Daten trotzdem nicht vorenthalten, die gerade für das Jahr 2022 verfügbar wurden. In loser Folge werden wir sie in den nächsten Wochen weiter kommentieren. 2018 wurden knapp rund 6260 Unternehmen ausgewiesen, welche als Hauptzweck Kunststoffverarbeitung hatten, also ohne Unternehmen anderer Wirtschaftszweige die Kunststoffverarbeitung „In-House“ betreiben, sei es als zweites Standbein oder für Zulieferteile für ihre Hauptproduktion. Bis 2020 stieg die Zahl der hauptsächlichen Kunststoffverarbeiter auf 6514, vermutlich überwiegend bedingt durch bessere Erfassung. Denn 2019 und 2020 (Pandemie) waren wirtschaftlich schlechtere Jahre als 2018, was dagegen spricht, dass es mehr Kunststoffverarbeiter hätte geben können. Seither geht es mit der Zahl der Unternehmen wieder bergab, auf etwas unter dem Stand von 2018. Die Zahl der Beschäftigten brach in der Pandemie gewaltig ein, erholte sich dann wieder etwas, um 2022 erneut zu sinken und lag dann bei rund 371.400, circa 13.600 weniger als auf ihrem Höhepunkt 2019. 2023 dürfte die Anzahl der Unternehmen nochmals geschrumpft und der Beschäftigten weiter zurückgegangen sein. In einem Jahr werden wir genauer wissen, um wie viele.
Update vom 10.07.24: Technische Teile: Fokus Maschinen- und Autobau
Wenn man verstehen will, warum Technische Teile so sehr zu kämpfen haben, genügt ein Blick auf den Maschinen- und Kfz-Bau, zwei der Hauptabnehmer von Technischen Teilen. Der deutsche Maschinenbau leidet derzeit unter einem extrem schwachen Auftragseingang. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres lagen die Auftragseingänge bei nur noch 76 % des Basisjahres 2021 und sind in dieser Zeit um 5 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Nun ist es nicht so, dass die Maschinenbauer wirklich so viel an Aufträgen verloren haben. Ein Teil erklärt sich sicherlich durch Auftragsvergaben an ins Ausland verlagerte Produktionslinien. Und zum Teil, aber nur zum Teil, können die Kunststoffverarbeiter weiter zuliefern, dann eben ins Ausland. Im Kfz-Bau sieht es nicht ganz so dramatisch aus, aber ein Auftragseingang von noch knapp 85 % des Basisjahres 2021 kann niemanden froh machen. Für die Hersteller von Technischen Teilen aus Kunststoff, aber auch von Folien, Rohren etc. heißt das nichts Gutes und trübt die kurzfristigen Aussichten. Aber auch auf mittlere und lange Sicht ist das ein Menetekel. Man muss nicht lange um den heißen Brei herumreden: Die De-Industrialisierung Deutschlands ist in vollem Gange. Es gibt manche, die sich heimlich oder öffentlich die Hände reiben. Motto: Notwendige Modernisierung der Wirtschaft und gleichzeitig Reduktion der heimischen CO₂-Emissionen – durch Vertreibung der Produktion.
Update vom 08.07.24: Produktion: Doch noch keine Wende
Vorläufigen Daten zufolge brachte die Produktion im März eine rote Null hervor, so dass wir in unserem letzten Bericht auf eine Wende hofften. Jetzt, nach Revision und Fortschreibung der Daten bis zum Mai, zeigt sich, dass die Hoffnung verfrüht war. Die Produktion ging auch in den Monaten März bis Mai im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat weiter zurück. Sie verharrte dabei in den drei Monaten auf etwa 90 % des Basisjahres 2021, um im Mai auf ca. 88 % abzusinken. Es ist weiter kein Himmmelsstreif zu sehen. Wie auch, wenn die Industrie insgesamt über schlechte Geschäfte klagt. Diesem Trend kann sich auch die Kunststoffverarbeitung nicht entziehen. Und wenn immer mehr Produktion ins Ausland verlagert wird, mit Sicherheit auch von Kunststoffverarbeitern selbst. Spezifisch für die Kunststoffverarbeitung kommen noch weitere Faktoren hinzu: Der dramatische Einbruch im Wohnungsbau, die Absatzschwäche bei Kfz, speziell E-Mobilen, die Flaute im Maschinenbau. Und industrieübergreifend der zunehmende Verlust an Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland. Die Folgen der De-Industrialisierungspolitik zeigen sich immer deutlicher. Das ist leider die harte Realität.
Update vom 28.06.24: Preise von Kunststoffwaren: Steigend mit Ausnahmen
Die Erzeugerpreise von Kunststoffwaren sind in den letzten Jahren stark geklettert. Nach Ende der Phase des allgemeinen Anstiegs im dritten Quartal 2022 lief die Entwicklung zunehmend auseinander. Zwei Segmente, Halbzeuge (Platten, Rohre, Profile, Folien) und Verpackungsmittel (Tanks, Kisten, Transportbehälter), sahen sich dann einem starken Preisverfall ausgesetzt, Baubedarfsartikel setzten ihren starken Preisauftrieb fort, Preise für Konsumwaren stiegen schwächer als zuvor, und bei den vorher nur wenig verteuerten Technischen Teilen zogen die Verkaufspreise stark an. Seit dem vierten Quartal 2022 stiegen die Preise aber nicht mehr auf breiter Front, sondern es setzte sich entweder der vorher eingeleitete Preisverfall fort oder die Preise begannen überhaupt zu sinken. Mit Ausnahme bei Technischen Teilen, die sich nach wie vor etwas verteuerten. Diese Entwicklung ging im ersten Quartal 2024 weiter. Im zweiten Quartal, genauer in den ersten beiden Monaten April und Mai, sehen wir nun eine relative Ruhe an der Preisfront und eine leichte Angleichung des Preisniveaus. Die – technisch betrachtet – Übertreibungen in beide Richtungen, also nach oben und nach unten, schwächen sich ab. Das spricht einerseits dafür, dass die Verwerfungen durch starke Kostensteigerungen ein Ende gefunden haben, andererseits ist es auch ein Zeichen, dass die Konjunktur schwach ist und die Möglichkeiten eingeschränkt sind, Preiserhöhungen durchzusetzen.
Update vom 19.06.24: Baugenehmigungen: Auch im April Flaute
Der Bauindustrie als einer der wichtigsten Nachfrager nach Kunststoffprodukten widmen wir regelmäßig unser besonderes Augenmerk. Nicht nur Baubedarfsartikel werden für diesen Sektor produziert, sondern auch Halbzeuge (Platten, Rohre, Folien, Profile), Technische Teile (zum Beispiel für Haustechnik, Heizungen), Konsumwaren (Einrichtungsgegenstände), ja sogar „Verpackungsmittel“ (Tanks). Im August 2022 brach diese lange verlässliche Stütze der Kunststoffwarenproduktion, seither gingen die Baugenehmigungen immer weiter zurück. Derzeit dümpeln sie auf einem Tiefststand. Und auch die neuesten Zahlen vom April können niemanden glücklich machen. Knapp 14.500 neu genehmigte Wohnungen bedeuten den bisher zweitniedrigsten Wert. Von einer Erholung kann also weiterhin nicht die Rede sein, die Zahl von weniger als 200.000 Baugenehmigungen im Jahr 2024 scheint nicht mehr unrealistisch.
Update vom 17.06.24: Kunststoffproduktion im Tief minimal erholt
Die deutsche Produktion von Kunststoff liegt schon seit Längerem unter ihrem früheren Rekordstand (rund 20 Mio. t). Nach dem Rezessionsjahr 2019 und dem Pandemiejahr 2020, in dem sie nicht weiter zurückgegangen ist, konnte sie sich 2021 wieder ein wenig aufschwingen. In den ersten beiden Ampeljahren dann aber drastische Einbrüche, nicht zuletzt aufgrund der hohen Energiepreise. 2023 sank die Produktion auf runde 13,5 Mio. t, also auf nur noch zwei Drittel des früher Üblichen. In den ersten vier Monaten dieses Jahres gibt es wieder einen kleinen Lichtblick: 6,3 % Plus gegenüber dem Vergleichszeitraum 2023. Ob das am Ende des Jahres für eine wirkliche Produktionserholung reichen wird, lässt sich jetzt noch nicht prognostizieren. Auf jeden Fall aber sind die Hochzeiten der heimischen Kunststoffproduktion vorbei. Man braucht keine Glaskugel, um zu diesem Schluss zu kommen. Es ist ja immer noch, zum Teil explizit ausgesprochene, Politik: Aus für die Grundstoffproduktion in Deutschland. CO²-Ausstoß bitte nur im Ausland.
Der Bauindustrie als einem der wichtigsten Nachfrager nach Kunststoffprodukten widmen wir regelmäßig unser besonderes Augenmerk. Bisher hatten wir meist die Baugenehmigungen im Blick. Nachdem nun die Daten zu den Baufertigstellungen für 2023 vorliegen, wollen wir diese einmal mit den Baugenehmigungen zusammen betrachten. In den letzten drei Jahren wurden jeweils weniger als 300.000 Wohnungen pro Jahr fertiggestellt. Die Zahl der Baugenehmigungen hatte bis 2021 einen neuen Rekordstand erreicht. Der Wille zu bauen war als durchaus vorhanden. Aber aufgrund der Zinslage und der Explosion der Baukosten wurden immer mehr Projekte nicht realisiert. Die Baulücke, der Abstand zwischen Baugenehmigungen des Vorjahres und den tatsächlich realisierten Wohnungen, hat sich also deutlich vergrößert. 2022 war die Zahl der Genehmigungen bereits drastisch zurückgegangen, die Zahl der Fertigstellungen aber noch sehr moderat gesunken. Die Zahl der Baugenehmigungen ist 2023 auf rund 210.000 gefallen. Und wie in KW 20 berichtet, sind die Baugenehmigungen in den ersten drei Monaten 2024 weiter drastisch gesunken, sodass wir 2024 möglicherweise mit weniger als 200.000 Baugenehmigungen und danach weiter schrumpfender Bautätigkeit zu rechnen haben. Stand jetzt, Ende Mai 2024, ist noch kein entschiedenes Gegensteuern erkennbar.
Umsatzniveau überwindet Tiefststand
Im vierten Quartal lagen die realen Umsätze gerade mal noch bei 88,5 % im Vergleich zum Basisjahr 2021. Nur während des Lockdowns im zweiten Quartal 2020 gab es mit 84,2 % ein noch schlechteres Ergebnis. Der Jahresauftakt im Januar versprach mit einem Minus von 6,5 % im Vergleich zum Vorjahresmonat keine Besserung. Im Februar und März haben sich die Rückgänge aber deutlich abgeschwächt, auf zuletzt -2,1 % im März. Die Quartalsbetrachtung liegt noch -4,0 % unter dem Vorjahresquartal, aber einen knappen Prozentpunkt über dem vierten und ungefähr auf gleicher Höhe mit dem dritten Quartal 2023.
Auslandsgeschäft bessert sich
Bis zum dritten Quartal gab es reale Umsatzrückgänge von deutlich über -5 % sowohl im Export als auch im Inland. Im vierten Quartal lag der Umsatzrückgang im Export erstmals wieder unter -4 %, im ersten Vierteljahr 2024 wurde dort eine rote Null erreicht. Im Inland stellt sich bisher keine wesentliche Besserung ein. Zuletzt waren die Umsätze real -7,2 % niedriger als im Vorjahresquartal, in dem sie bereits um -7,4 % gesunken waren. Die schwache Konjunktur in der Kunststoffverarbeitung ist also „Made in Germany“. Die enttäuschenden Auslandszahlen dürften zum großen Teil Ergebnis verminderter Wettbewerbsfähigkeit sein.
Produktionsrückgang abgeschwächt
An der Produktionsfront zeichnete sich für die Kunststoffverarbeitung insgesamt im ersten Quartal noch keine wesentliche Entspannung ab, wenn man einmal davon absieht, dass sich die Rückgänge mit -3,2 % mehr als halbiert haben. Da die Produktion von heute die Umsätze von morgen mitbestimmt, müssen wir davon ausgehen, dass es im zweiten Quartal noch keine wesentliche Besserung der Konjunkturlage geben wird. Je nach der weiteren Entwicklung der Produktion könnte vielleicht eine rote oder schwarze Null bei den Umsätzen resultieren.
Im März erstmals kein Rückgang mehr
Hoffnung schöpft sich nicht zuletzt aus der jüngsten Produktionsentwicklung. Im März gab es zum ersten Mal seit Oktober 2022 keinen Produktionsrückgang mehr, sondern eine rote Null. Ob das nun schon den Beginn einer Frühjahrsbelebung darstellt, wissen wir noch nicht. Aber es mehreren sich die Anzeichen, dass die Talsohle zumindest in einigen Bereichen der Kunststoffverarbeitung durchschritten sein könnte und eine Wende zum Besseren bevorsteht. Ein kleines Plus oder eine schwarze Null im April wären ein klares Signal in diese Richtung. Im Juni werden wir mehr wissen.
Zwei Bereiche mit Plus
Ab dem zweiten Halbjahr 2023 haben die Halbzeughersteller ihre rote Laterne an die Produzenten von Baubedarfsartikeln abgetreten, welche mit immer größeren Einbußen zu kämpfen haben. Der Halbzeugsektor hat seitdem sukzessive etwas weniger Federn lassen müssen und konnte im ersten Quartal 2024 sogar ein minimales Plus vorweisen. Ähnlich die Packmittelhersteller, die ebenfalls wieder einen kleinen Zuwachs verzeichneten. Die Teilbranche der Hersteller von Technischen Teilen und Konsumwaren hat ihr Minus auf 2,8 % reduziert. Sorgenkind weiterhin die Baubedarfshersteller.