Grafik in der zentral PFAS steht

Die PFAS-Regulierung ist weiterhin ein stark diskutiertes Thema, auch bei der PFAScon 2025 am Kunststoff-Institut Lüdenscheid. (Bild: Dalle3/OpenAI)

Thies Falko Pithan wies in seiner Einleitung einerseits auf die Regulatorik hin, und andererseits, dass ein Verbot Nährboden für Innovationen sei und neue Chancen biete. „Das Thema muss differenziert betrachtet werden“, so Pithan weiter. Das PFAS-Verbot sei medial aufbereitet worden, sodass es in der breiten Öffentlichkeit angekommen sei und Lösungen aufgezeigt werden müssten.  

Thies Falko Pithan eröffnete die zweite PFAScon des Kunststoff-Instituts Lüdenscheid.
Thies Falko Pithan eröffnete die zweite PFAScon des Kunststoff-Instituts Lüdenscheid. (Bild: Redaktion)
Kräftige Frau am Rednerpult
Dr. Frauke Averbeck ging bei ihren Ausführungen darauf ein, dass die Auswertung der Kommentare voraussichtlich noch bis 2026 dauern wird. (Bild: Redaktion)

Dr. Frauke Averbeck von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua) gab dem Auditorium ein Update zum Stand des PFAS-Beschränkungsverfahren. Weshalb ist eine PFAS-Beschränkung notwendig? Der Grund beruhe auf den Eigenschaften der PFAS: Die Stärke der C-F-Bindung. Daraus resultiert einerseits ihre Beständigkeit in der Anwendung, aber auch deren Persistenz in der Umwelt. Im Jahr 2020 seien 75.000 t fluorhaltige Substanzen in die Umwelt gelangt. „Ohne Regulierung könnten es in den nächsten 30 Jahren 4,5 Mio. t werden“, so Averbeck. Deshalb wurde der Entschluss gefasst, diese Emissionen in die Umwelt zu minimieren. Der Gruppenansatz wurde gewählt, um zu vermeiden, dass einzelne verbotene PFAS durch andere, nicht regulierte Varianten ersetzt werden könnten.

Dem Anfang 2020 auf den Weg gebrachten Antrag, gingen Literaturrecherchen, Fach- sowie Stakeholdergespräche voraus, von Okt 2021 bis 23 das Dossier verfasst und Anfang 2023 eingereicht. Die Einreichungen zur anschließenden Konsultation sorgten für neue Informationen und zusätzliche Einsatzgebiete der Werkstoffe, die jetzt aufgegriffen werden. Mit eines der zentralen Themen seien die Fluorpolymere, diese sind sowohl in der Herstellung als auch der Entsorgung kritisch, weshalb sie in der Bewertung bleiben, war von Frau Dr. Averbeck zu hören. Derzeit werden die Einreichungen der Konsultation ausgewertet und an RAC/SEAC zugearbeitet. Am Ende des Verfahrens stehe die RAC/SEAC-Stellungnahme, die die Grundlage für die Entscheidung auf Ebene der EU-Kommission und des Reach-Regelungsausschuss bildet.

Was Sie über PFAS wissen müssen

Übersichtsgrafik zu PFAS.
Wissenswertes zu PFAS finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: Francesco Scatena – Stock.adobe.com)

Fluorpolymere und weitere fluorhaltige Substanzen sollen verboten werden. Eine ihrer herausragenden Eigenschaften – die Beständigkeit – könnte ihr Verbot bedeuten. Für Sie haben wir das Thema PFAS aus verschiedenen Blickwinkeln während der Widerspruchsfrist beleuchtet und halten Sie künftig zu PFAS-Alternativen auf dem Laufenden. Alles, was Sie zum Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

PTFE-Ersatz: Nicht immer möglich

Dr. Ron Brinitzer erläuterte nachdrücklich, weshalb ein PFAS-Verbor eine tiefgreifende Transformation der Industrie bedeutet.
Dr. Ron Brinitzer erläuterte nachdrücklich, weshalb ein PFAS-Verbor eine tiefgreifende Transformation der Industrie bedeutet. (Bild: Redaktion)

Im zweiten Vortrag des Tages stellte Ron Brinitzer, Geschäftsführer von Kunststoffland NRW, die Perspektive der Kunststoffindustrie vor. Er betonte, dass Fluorpolymere in vielen Hochleistungsanwendungen eine unverzichtbare Rolle spielen, etwa in der Medizintechnik, in Chemieanlagen und der Elektronikindustrie. Der gruppenweise Ansatz sei sehr breit und er erachtet diesen als problematisch, da in Chemieanlagen nur mit dieser Polymerklasse die nötigen Temperatur- und Chemikalienbeständigkeiten erzielt werden könnten. Insbesondere Fluorpolymere sollten differenziert betrachtet und aus der Beschränkung ausgenommen werden, da sie aufgrund ihrer chemischen Struktur als sicher gelten. „Niemand würde aufgrund ihres Preises fluorhaltige Werkstoffe einsetzen, wenn er es nicht müsste“, so Brinitzer.  Die aktuelle Unsicherheit hinsichtlich der Regulierung führe bereits zu Investitionsstopps und wirtschaftlichen Schwierigkeiten in betroffenen Industriezweigen sowie steigenden Kosten für Versicherungspolicen. Brinitzer sprach sich für alternative Regulierungsmaßnahmen aus, die beispielsweise die Emissionsbegrenzung bei der Herstellung oder verbesserte Abfallentsorgung beinhalten könnten.

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Sprecher am Rednerpult vor Publikum
(Bild: Redaktion)

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Was ein PFAS-Verbot für die Medizintechnik bedeutet

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Dimitri Giannakolopoulos verdeutlichte nochmals die Entwicklungszeiträume in der Medizintechnik im Vergleich mit den bei der PFAS-Regulierung vorgesehenen Übergangsfristen. (Bild: Redaktion)

Dimitri Giannakolopoulos von Spectaris widmete sich in seinem Vortrag speziell den Auswirkungen der PFAS-Regulierung auf die Medizintechnik. In diesem Bereich sind PFAS von zentraler Bedeutung, da sie in Implantaten, chirurgischen Instrumenten und medizinischen Geräten eingesetzt werden. Die besonderen Materialeigenschaften – darunter chemische Beständigkeit, Temperaturstabilität und geringe Reibung – seien entscheidend für die Sicherheit und Langlebigkeit der Produkte. Problematisch sei vor allem der regulatorische Aufwand für die Zulassung neuer Materialien, der in der Medizintechnik äußerst hoch ist. Eine Neuzulassung könne bis zu zehn Jahre dauern, da umfassende Testverfahren und Zertifizierungen erforderlich sind. Hinzu komme, dass einige Versicherer bereits begonnen hätten, den Versicherungsschutz für PFAS-haltige Produkte einzuschränken, was die wirtschaftliche Unsicherheit weiter erhöhe. Giannakolopoulos forderte daher eine differenzierte Betrachtung von Fluorpolymeren und sprach sich für alternative Regulierungsansätze aus.

Martin Doedt vom KIMW moderierte die Paneldiskussion mit Dr. Ron Brinitzer, Dr. Frauke Averbeck und Dimitrios Giannakoulopoulos (von links).
Martin Doedt vom KIMW moderierte die Paneldiskussion mit Dr. Ron Brinitzer, Dr. Frauke Averbeck und Dimitrios Giannakoulopoulos (von links). (Bild: Redaktion)

In der anschließenden Diskussion wurde die Unsicherheit hinsichtlich des Zeitplans der Regulierung thematisiert. Die endgültige Entscheidung könnte sich bis 2028 hinziehen. Besondere Aufmerksamkeit galt der Frage, ob Labor- und Analysegeräte unter die Regulierung fallen würden – hierzu gab es bisher keine klare Aussage. Unternehmen berichteten von Investitionsstopps und Schwierigkeiten in den Lieferketten. Zudem wurde diskutiert, ob es nicht sinnvoller sei, spezifische Grenzwerte für Emissionen festzulegen oder bessere Abfallentsorgungsmethoden zu entwickeln, anstatt ein vollständiges Verbot zu verhängen.

Alternativen zu PFAS in Materialien und Anwendungen

Vanessa Nuredin stellte die Studienergebnisse zum kontrollierten thermischen Abbau von Fluorpolymeren vor.
Vanessa Nuredin stellte die Studienergebnisse zum kontrollierten thermischen Abbau von Fluorpolymeren vor. (Bild: Redaktion)

Vanessa Nuredin, vom KIT in Karlsruhe, präsentierte die Ergebnisse zur Studie zum Thema „Thermischer Abbau von Fluorpolymeren in einer Verbrennungsanlage“. Sie erläuterte den Aufbau der Anlage für Siedlungsabfälle und gefährliche Abfälle. Die Verbrennungszeit liegt in beiden Fällen bei 2 s, findet jedoch bei Siedlungsabfällen bei 850 °C und bei gefährlichen Abfällen bei rund 1.100 °C. Verbrannte Abfälle, denen Holzhackschnitzel und Fluorpolymere zugesetzt worden waren. Beprobt wurden alle Abfälle und Abgase, die beim Verbrennungsprozess entstanden sind. Die Reinigung der entstandenen Rauchgase, erfolgte nach Bimsch 17. Es konnte nachgewiesen werden, dass über das kontrollierte Verbrennen von Fluorpolymeren keine PFAS-haltigen Stoffe in die Umwelt gelangen.

Dr. Uwe Lommatzsch vom IFAM Bremen, betonte, dass es wissenschaftlich schwierig sei, fluorbasierte Eigenschaften mit anderen chemischen Strukturen vollständig zu replizieren. Dennoch gibt es erste Erfolge mit alternativen Beschichtungstechnologien, die hydrophobe und reibungsreduzierende Effekte ohne Fluor erzielen. Diese basieren auf Silikonmodifikationen, Plasmatechnologien und der Nutzung von thermoplastischen Kunststoffen mit speziellen Additiven. Die vorgestellten Technologien ermöglichen es extrem dünne (20 nm bis 10 µm), funktionale Schichten aufzubringen, um die Reibung zu reduzieren und Antihafteigenschaften zu verbessern. Jedoch sei die mechanische Belastbarkeit nicht mit der einer Lackierung vergleichbar. Besonders für Anwendungen in der Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt sowie in der Lebensmittelverarbeitung seien solche Lösungen vielversprechend.

Die Komplexität einer Rezepturumstellung erläuterte Dr. Magnus Orth.
Die Komplexität einer Rezepturumstellung erläuterte Dr. Magnus Orth. (Bild: Redaktion)

Dr. Orth von der Firma Igus erläuterte, wie das Unternehmen gezielt an der Substitution von PTFE in Gleitlagern und anderen beweglichen Komponenten arbeitet. Die Herausforderung bestehe darin, die hervorragenden tribologischen Eigenschaften (Reibungs- und Verschleißverhalten) von PTFE mit alternativen Werkstoffen zu erreichen. Das Unternehmen hat eine systematische Materialforschung betrieben – im Jahr 2024 wurden 505 Rezepturen – geprüft und verschiedene alternative Polymere mit speziellen Additiven entwickelt. Erste Ergebnisse zeigen, dass einige PTFE-freie Kunststoffe sogar bessere mechanische und tribologische Eigenschaften aufweisen als das Originalmaterial. So besitzen Alternativen beispielsweise eine höhere Bindenahtfestigkeit.  Der Compoundhersteller verfolgt eine Strategie der schrittweisen Einführung von PTFE-freien Alternativen, um auf mögliche regulatorische Einschränkungen vorbereitet zu sein.

Die anschließende Diskussion zeigte, dass trotz der vielversprechenden Entwicklungen noch große Herausforderungen bestehen. Besonders für hochspezialisierte Anwendungen, wie in der Medizintechnik oder bei extremen Umweltbedingungen, sind vollständig gleichwertige Alternativen schwer zu finden. Dennoch herrschte Einigkeit darüber, dass Forschungsanstrengungen intensiviert werden müssen, um langfristig fluorfreie Lösungen zu etablieren.

Regulierung von PFAS – Herausforderungen und Auswirkungen

Dr. Christian Schmider, Leoni Hightemp Solutions, betonte die Notwendigkeit einer differenzierten Regulierung von PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) auf Basis einer fundierten Risikobewertung. Er warnt davor, dass eine pauschale Regulierung der gesamten Stoffgruppe negative wirtschaftliche Folgen haben könnte, insbesondere für den Mittelstand. Die aktuelle Unsicherheit im Markt führe zu Investitionsstopps, Marktaustritten und bürokratischem Mehraufwand für Unternehmen. Auch er plädiert für einen stoffbezogenen Ansatz mit gezielter Lizensierung und Substitutionsmöglichkeiten. Zudem betont er, dass technische Lösungen oft die besten Wege zur Bewältigung solcher Herausforderungen seien.

Alternativen zu PFAS-haltigen Materialien stellte Slim Cheour von Sabic Polymers vor. Insbesondere Polyetherimid-basierte Werkstoffe, darunter das neue Produkt „Siltem“, bieten Eigenschaften wie hohe Temperaturbeständigkeit, geringe Rauchentwicklung und verbesserte Flexibilität. Diese Materialien könnten als Ersatz für Fluorpolymere dienen, insbesondere in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Die Verarbeitung dieser Werkstoffe sei einfacher als bei PFAS-haltigen Materialien, allerdings erfordere der Umstieg eine Anpassung bestehender Produktionsprozesse.

Um PFAS-freie Funktionsbeschichtungen drehte sich der Beitrag von Bernhard Neppl, Aalberts Surface Technologies. Er stellte verschiedene Lösungen vor, darunter Sol-Gel-Beschichtungen, Silikonharz- und Nanobeschichtungen sowie Hochleistungs-Polymere. Diese Alternativen können je nach Anwendung vergleichbare Eigenschaften in Bezug auf Antihafteigenschaften, chemische Beständigkeit oder Temperaturstabilität bieten. Er betont jedoch, dass es keine „eierlegende Wollmilchsau“ gebe – jede Lösung erfordere eine genaue Analyse der spezifischen Anforderungen.

Im Anschluss an die Vorträge fanden Workshops zu den Themen Werkstoffe, Chancen & Risiken sowie Oberflächen statt. Die Teilnehmer brachten hier ihre Erfahrungen und Befürchtungen ein.
Im Anschluss an die Vorträge fanden Workshops zu den Themen Werkstoffe, Chancen & Risiken sowie Oberflächen statt. Die Teilnehmer brachten hier ihre Erfahrungen und Befürchtungen ein. (Bild: Redaktion)

Zusammenfassend zeigte sich, dass die geplante PFAS-Beschränkung tiefgreifende Auswirkungen auf verschiedene Industrien haben wird. Während die Notwendigkeit einer Regulierung weitgehend anerkannt wurde, gab es erhebliche Bedenken hinsichtlich der Umsetzung und der wirtschaftlichen Folgen. Insbesondere die Industrie forderte eine stärkere Differenzierung der Regelungen, längere Übergangsfristen sowie die Berücksichtigung alternativer Maßnahmen zur Emissionsminderung.

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