
Dr. Christine Bunte, Hauptgeschäftsführerin Plastics Europe Deutschland (Bild: Plastics Europe Deutschland)
Frau Dr. Bunte, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Position! Welche Ziele haben Sie sich für Ihre ersten 100 Tage als Hauptgeschäftsführerin gesetzt?
Vielen Dank! Mit der engen Begleitung der anstehenden Bundestagswahl steige ich gleich mitten ins politische Geschehen ein. Für uns ist dabei besonders wichtig, dass sich die Ankündigungen aus den Wahlprogrammen zur Stärkung der industriellen Produktion in Deutschland im Koalitionsvertrag wiederfinden, ebenso konkrete Maßnahmen zum Vorantreiben der Kreislaufwirtschaft.
Daneben ist es mir wichtig, mich in meiner neuen Rolle mit den unterschiedlichsten Stakeholdern enger zu vernetzen. Aus meinen vorherigen Funktionen kenne ich bereits viele Vertreter aus Mitgliedsunternehmen, der Wertschöpfungskette, sowie Politik, Wissenschaft und Nichtregierungsorganisationen. Darauf kann ich aufbauen. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen für die Branche beschäftigt uns das Thema Wettbewerbsfähigkeit bei gleichzeitigem Vorantreiben der Transformation sehr. Entsprechend ist es meine Aufgabe, im Dialog mit dem gesamten „Kunststoff-Universum“ nach Wegen zu suchen, diese Themen konstruktiv in Deutschland voranzutreiben.
Wie hat Ihre Erfahrung bei BASF Sie auf Ihre neue Rolle bei Plastics Europe vorbereitet?
Als Chemikerin habe ich sowohl während meiner Doktorarbeit als auch in der Kunststoffforschung der BASF an Polymerthemen gearbeitet. Diesen fachlichen Hintergrund finde ich enorm hilfreich, da sich mir technische Zusammenhänge relativ einfach erschließen.
Durch meine bisherigen Aufgaben in verschiedenen Positionen der politischen Arbeit bei BASF sind mir darüber hinaus viele in der Kunststoffindustrie wichtige Akteure, politische Prozesse und Inhalte vertraut. Als Leiterin des politischen Corporate-Teams am Standort Ludwigshafen hatte ich auch Berührungspunkte zu vielen Themen, die nicht direkt Kunststoff-spezifisch sind, aber für uns relevant, von Energiepolitik über Genehmigungsrecht bis hin zur Chemikalienstrategie. Dadurch bringe ich neben den fachspezifischen Inhalten einen breiten Blick auf übergeordnete Fragestellungen ein.
In Ihrer bisherigen Laufbahn haben Sie sich intensiv mit der Kreislaufwirtschaft befasst. Welche Strategien möchten Sie bei Plastics Europe vorantreiben, um die Recyclingquote in Europa zu erhöhen?
Viele Unternehmen der Kunststoffbranche haben in den letzten zehn Jahren intensiv daran gearbeitet, die Zirkularität in ihren Produkten deutlich zu verbessern, vom Produktdesign über Innovationen im Bereich der Produktsortierung wie molekulare Marker oder Wasserzeichen bis hin zur Entwicklung mechanischer, chemischer und biologischer Verfahren, um Materialien in den Stoffkreislauf zurückzuführen. Und es wurden Zusammenarbeiten entlang der Wertschöpfungskette bis hin zur Entsorgungsindustrie etabliert, was eine Grundvoraussetzung für die Zirkularität ist. Das spiegelt sich in gestiegenen Recyclingquoten wider. An diese Erfolgsfaktoren möchte ich gemeinsam mit den Mitgliedsunternehmen von Plastics Europe strategisch anknüpfen.
Zudem hat sich auch gezeigt, dass gesetzgeberische Impulse die Kreislaufwirtschaft massiv ankurbeln. Daher werde ich mich politisch weiter für Anreize für zirkulär gestaltete Produkte einsetzen, was optimierten Ressourceneinsatz, Abfallvermeidung und smartes Produktdesign einschließt. Darüber hinaus trete ich neben anderem für eine Erweiterung der Recyclingquoten im deutschen Verpackungsgesetz durch eine zusätzliche Quote für chemisches Recycling und die umfassende Anerkennung flexibler Massenbilanzansätze ein. Letztere sind für die schrittweise Integration alternativer Rohstoffe in komplexe Produktionsverfahren unentbehrlich. Außerdem ist mir wichtig, dass die Deponierung von Kunststoffen endet, die Verbrennung von Kunststoffabfällen zugunsten des Recyclings minimiert und die optimierte Sammlung und Sortierung von Abfällen weiter ausgebaut wird. Nicht zuletzt halte ich die Förderung von Reallaboren und Demonstrationsprojekten sowie die Förderung des Transfers von der Forschung in die industrielle Anwendung für zentral.
Circular Valley Convention: Die Plattform für industrielle Kreislaufwirtschaft

Die Circular Valley Convention, organisiert von der Messe Düsseldorf in Zusammenarbeit mit der Circular Valley Stiftung und dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht, findet vom 12. bis 13. März 2025 im Areal Böhler in Düsseldorf statt.
Die internationale Veranstaltung vereint Entscheidungsträger aus Industrie, Start-ups, Forschung, Politik und Gesellschaft, um innovative Lösungen und Geschäftsmodelle für eine nachhaltige Zukunft zu präsentieren. Die Convention umfasst hochkarätige Konferenzen, eine Expo und exklusive Events und bietet Raum für Wissensaustausch und Networking.
Als offizieller Medienpartner ist neue verpackung natürlich auch vor Ort präsent: Neben einem Stand im Ausstellungsbereich moderiert Chefredakteur Philip Bittermann am 12. März ein Panel zum Thema „How digitalization makes the cycle possible“.
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Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.
Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, wenn es darum geht, die Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe zu beflügeln?
Hier gibt es eine Reihe von Faktoren. Ganz entscheidend ist, dass zirkuläre beziehungsweise generell nachhaltige Produkte häufig mit erhöhten Produktions- beziehungsweise Herstellungskosten verbunden sind. Es gibt nur wenige Märkte, in denen Nachhaltigkeit eine so große Rolle spielt, dass am Ende seitens der Abnehmer höhere Preise gezahlt werden. Daher braucht es politische Anreize, beispielsweise für den Einsatz von Rezyklaten auf Produktebene, um Geschäftsmodelle für eine Kreislaufwirtschaft zu unterstützen.
Ein weiteres Hindernis ist die Suche nach sehr einfachen oder aber vermeintlich perfekten Lösungen, die keine Nachteile mit sich bringen. Das ist oft nicht realistisch, bindet aber sehr viel Energie und Zeit, die wir besser investieren könnten, um uns Gedanken darüber zu machen, wie verschiedene Lösungen, beispielsweise unterschiedliche Recyclingtechnologien, komplementär genutzt werden können.
Und zu guter Letzt kommt die aktuelle wirtschaftliche Situation hinzu, welche die Transformation für die Industrie umso schwieriger macht.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Politik zu stärken?
Der Dialog ist meines Erachtens gut etabliert über eine Reihe von Formaten wie die Konsultationsprozesse, parlamentarische Veranstaltungen bis hin zu den von hoher medialer Aufmerksamkeit begleiteten Industriegipfeln. Am gegenseitigen Zuhören mangelt es also nicht. Mir ist wichtig, dazu beizutragen, dass die Qualität des Dialogs gut und wertschätzend bleibt und weiter steigt, beispielsweise durch eine faktengestützte und sachliche politische Arbeit und einen langfristigen Dialog.
Gibt es eine Chance, dass Politik und Gesellschaft die Kunststoffe nicht länger als Problemstoff, sondern als Wertstoff wahrnehmen?
Die öffentliche Meinung ist schon recht stark ausgeprägt und hat ja auch valide Kritikpunkte, insbesondere durch die bestehenden Probleme mit unsachgemäß entsorgten Abfällen. Von daher liegt der Schlüssel zu einer verbesserten öffentlichen Meinung darin, das Abfallmanagement zu verbessern beziehungsweise dort zu etablieren, wo dieses noch gar nicht oder nur sehr rudimentär etabliert ist. Als Verband setzt sich Plastics Europe daher schon seit langem für ein Deponieverbot recycelbarer Kunststoffe sowie den Aufbau von Abfallmanagementinfrastrukturen auf der Basis von materialneutralen EPR-Systemen ein, die angepasst an die Situation vor Ort Finanzierungsbeiträge für den Aufbau von Infrastrukturen für das zirkuläre Abfallmanagement leisten können. Materialneutral deshalb, weil Abfälle egal aus welchem Material nicht in die Umwelt gehören und EPR-Systeme nicht durch Materialsubstitution unterminiert werden sollten.
Gleichzeitig müssen wir am Produktdesign arbeiten und auf Lösungen wie Pfandsysteme oder Mehrweg setzen, wo dies sinnvoll und machbar ist. In Deutschland sehen wir ja, dass PET-Flaschen bereits heute als Wertstoff angesehen werden. Kunststoffe sind aufgrund ihrer Robustheit, Flexibilität und ihres geringen Gewichts auch zunehmend das Material der Wahl, wenn es um Mehrwegsysteme geht. Das sehen wir heute ja bei Mehrweg-Mitnahmesystemen für Getränke und Lebensmitteln. Von daher findet hier schon eine gute Entwicklung statt, die es weiter fortzusetzen gilt.
SAVE THE DATE: Praxisforum Kunststoffrezyklate 2025

Merken Sie sich schon mal den 26. und 27. März 2025 vor, denn dann steht wieder das Fachforum zum Werkstofflichen Recycling in Darmstadt an.
Das Praxisforum Kunststoffrezyklate bietet geballtes Expertenwissen auf internationaler Ebene: Neben aktuellen Marktentwicklungen, Forschungsansätzen und technischen Lösungen liegt der Fokus verstärkt auf praktischen Anwendungen in den unterschiedlichsten Branchen.
Überzeugen sie sich selbst und werfen Sie einen Blick auf das vorläufige Programm.
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Was ist aus Ihrer Sicht notwendig, damit die jungen Generationen erkennen, dass sich an dem „Kunststoffproblem“ nur etwas verändern kann, wenn sie sich aktiv mit dem Thema und dessen Lösung befassen?
Ich kann nicht beurteilen, ob die junge Generation hier einer besonderen Überzeugung bedarf. Persönlich habe ich die Generation der heutigen Schülerinnen und Schüler und Studenten als ausgesprochen interessiert und engagiert bei Nachhaltigkeitsthemen erlebt, auch wenn das eher anekdotische als statistische Anhaltspunkte sind. Auch das Team von Plastics Europe hat in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen gemacht. Beispielsweise wurde das Team von Plastics Europe beim „Career Friday“ der letztjährigen Fakuma von über 400 Schülerinnen und Schülern nahezu überrannt, die sich für Berufe in der Kunststoffbranche interessiert haben.
In einer Vorlesung von Prof. Braungart an der Leuphana Universität Lüneburg hat das Team im letzten Jahr junge Menschen getroffen, die trotz der aktuellen globalen Herausforderungen für eine bessere Zukunft arbeiten wollen und sich dafür beruflich und vielleicht auch privat mit vollem Elan einsetzen. Denn gerade diese Generation weiß am besten, welche Herausforderungen auf sie zukommen, und will etwas ändern. Daher liegt es an uns, den jungen Menschen zu zeigen, dass ihre Ansprüche an die Zukunft auch bei uns im Verband ernst genommen werden und wir ebenfalls unser bestmögliches Geben wollen, um an dieser zu arbeiten. Dann werden wir auch hochmotivierte, fleißige Leute für unsere Industrie gewinnen.
Was motiviert Sie, die Zukunft der Kunststoffbranche aktiv mitzugestalten?
Kunststoffe spielen eine zentrale Rolle nicht nur bei vielen Dingen, die wir im Alltag schätzen und die für uns wichtig sind, von medizinischer Versorgung bis hin zu unseren elektronischen Geräten. Kunststoffe mit ihrem breiten Leistungsspektrum und ihren herausragenden Eigenschaften sind auch der Schlüssel für viele Produkte der Transformation, von Gebäudedämmung über Leichtbau im Automobil bis hin zu Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Kunststoffe spielen damit eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels. Gleichzeitig sind viele Menschen zurecht besorgt und aufgewühlt angesichts der Probleme, die vor allem durch unsachgemäß entsorgte Abfälle und durch den Verbrauch fossiler Ressourcen als Rohstoffe entstehen. Daher ist es mir ein Anliegen, an der Lösung dieser Probleme mitzuwirken – denn ohne werden wir die Vorteile von Kunststoffen im Kampf gegen den Klimawandel nicht ausreichend zum Einsatz bringen können.
Wie sehen Sie die Rolle der Kunststofferzeuger in einem Jahrzehnt?
Die letzten fünf Jahre haben gezeigt, wie schwierig Vorhersagen sind. Gerade in Europa und speziell in Deutschland wird es entscheidend von politischen Weichenstellungen abhängen, welche Rolle die Kunststoffindustrie in zehn Jahren spielen wird und wie weit ihre Transformation vorangeschritten ist. Dass sich die Fortschritte hin zu einer Decarbonisierung der Produktion und einem graduellen Umstieg auf alternative Rohstoffe fortsetzen werden, halte ich allerdings für sehr wahrscheinlich. Viele Firmen beschäftigen sich sehr intensiv mit der Suche nach Möglichkeiten, ihre Materialien kreislauffähig zu machen – das beinhaltet das Design ebenso wie die Entwicklung von Recyclingverfahren. Dies und der gesetzgeberische Druck haben zu einem deutlichen Zuwachs der Recyclingquote in den letzten Jahren geführt und hat sich auch in den Jahren 2021 bis 2023 fortgesetzt, obwohl Produktion und Verarbeitung insgesamt um knapp 18 % beziehungsweise 9 % zurückgegangen sind. Von daher gehe ich davon aus, dass sich dieser Trend trotz der aktuellen Lage fortsetzen wird. Nur in welchen Ländern und zu welchem Umfang – das muss sich noch zeigen.
Welche Impulse erwarten Sie von der künftigen Bundesregierung im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft?
Alle großen Volksparteien haben in ihren Wahlprogrammen einen Schwerpunkt daraufgelegt, den Industriestandort Deutschland zu unterstützen und zu fördern. Das ist aus unserer Sicht eine gute Grundlage, deren Praxistest im politischen Alltag jedoch noch aussteht. Uns ist es wichtig, dass sich die neue Bundesregierung auf Europäischer Ebene für pragmatischere und bürokratieärmere Vorgaben für die Industrie einsetzt als in der Vergangenheit und auf nationaler Ebene auf die typischen Verschärfungen der EU-Vorgaben für die Industrie verzichtet. Die positiven Impulse zum Bürokratieabbau durch den Deutschlandpakt sollte fortgesetzt, die Beschleunigung von Genehmigungs- und Bauverfahren von Windkraft und Solaranlagen auf die industrielle Produktion allgemein ausweitet und die Digitalisierung der Verwaltung konsequent vorangetrieben werden.
Außerdem erwarten wir von der neuen Bundesregierung Anreize für den Einsatz zirkulärer und generell nachhaltiger Produkte und einen technologieneutralen Einsatz von Recyclingverfahren. Wichtige Impulse wären beispielsweise die rechtliche Verankerung des chemischen Recyclings im Verpackungsgesetz ebenso wie die Anerkennung flexibler Massenbilanzansätze, um die Erweiterung der Rohstoffbasis in komplexen Anlagen zu unterstützen. Es braucht eine Förderung von Reallaboren und Demonstrationsanlagen, um neue Technologien, etwa für innovatives Recycling schneller zur Marktreife zu bringen als bislang.
2025 ist K-Jahr. Wie sind Ihre Erwartungen an die Messe bezogen auf die Kreislaufwirtschaft?
Die Messe steht unter dem Motto: The Power of Plastics: Green – Smart – Responsible! Ich erwarte also eine Leistungsshow, mit einer Menge neuer Impulse und Anregungen dazu, wie Kreislaufwirtschaft in der unternehmerischen Praxis entlang der Wertschöpfungskette umgesetzt wird. Wir diskutieren über zirkuläre Geschäftsmodelle, Klimaschutz, den Einsatz von KI in der Materialentwicklung, Produktion, Sammlung und Sortierung, der Entbürokratisierung und der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten, aber auch über Karrieremöglichkeiten und Start-up-Lösungen für die Herausforderungen unserer Industrie und natürlich wird die Messe einen Ausblick geben, wie sich die Welt mit Kunststoffen in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird. Plastics Europe ist einer der Trägerverbände dieser Weltleitmesse und deshalb freue ich mich natürlich als Gastgeberin einer der beiden zentralen Bühnen auf die hervorragende Gelegenheit zum persönlichen Austausch auf unserem Stand in Halle 6.
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