Das AZL Aachen hat das Projekt in Zusammenarbeit mit seinen Partnern erfolgreich abschließen können. Im Projektverlauf kristallisierten sich, laut dem Unternehmen, zwei wichtige Kernthemen heraus, die in Folgeprojekten gesondert behandelt werden sollen: Bodenaufprallschutz und Feuerbeständigkeit. Diese zwei Folgeprojekte starteten am 26. Januar 2022. Ein Projekt zur Entwicklung und Realisierung von Prototypen ist für Mitte 2022 geplant.
Welche Materialalternativen ergeben sich für Batteriegehäuse?
Batteriegehäuse gehören zu den Schlüsselkomponenten in E-Fahrzeugen und werden in der Regel aus Aluminium hergestellt. Genau diese Komponente analysierte das AZL in dem jetzt durchgeführten Projekt mit einem großen Konsortium aus Automobilherstellern, Automobilzulieferern, Rohstoffherstellern und Maschinenherstellern.
„Der enorme Zuspruch aus der Industrie unterstreicht die Relevanz des Themas“, betont der Projektleiter Warden Schijve, der zudem sehr zufrieden mit dem Verlauf und den Ergebnissen ist. Schließlich lassen sich bis zu 36 % des Gewichts und bis zu 20 % der Kosten einsparen, wenn anstelle herkömmlicher Lösungen Multimaterial-Verbunde auf Basis von Kunststoffen zum Einsatz kommen. Um zu den Ergebnissen zu gelangen, hat man unter Mitwirkung seiner Partnerunternehmen, zu denen unter anderem Audi, Asahi Kasei, Covestro, DSM, Econcore, Faurecia, Formosa, Hengrui, Hutchinson, IPTE, Johns Manville, Magna, Marelli und Teijin, gehörten, zunächst fünf Subkomponenten eines Batteriegehäuses definiert: die Gehäusewanne, die Bodenschutzplatte, den Crash-Rahmen, die Querbalken und den Gehäusedeckel.
Außerdem analysierten die Partner insgesamt 44 marktrelevante, existierende Serienkomponenten und Konzepte genauer und erstellten eine umfangreiche Übersicht über die verschiedenen Standards sowie Anforderungen auf nationaler, internationaler und OEM-Ebene. Prämisse dabei war, gleiche oder gar bessere mechanische Kennwerte zu erreichen als bei herkömmlichen Lösungen. So sollten beispielsweise mindestens gleiche Steifigkeiten, Sicherheiten bei seitlichem Aufprall, EMI-Abschirmung, sowie Flammschutz vorhanden sein.
Designkonzepte mit unterschiedlichen Materialkombinationen unter genauer Analyse
Um nun die alternativen Lösungen zu entwerfen, erarbeiteten die Aachener insgesamt 20 Designkonzepte mit unterschiedlichen Materialkombinationen, darunter Duroplaste, Thermoplaste, Langfaser- und Kurzfasermaterialien sowie auch Sandwichmaterial. Hinzu kommen auch Kombinationen aus verschiedenen Materialien, unter anderem auch Kunststoff-/Metallhybride. Zur Analyse und Auslegung der verschiedenen Konzepte wurden mehr als 500 FEM-Modelle erstellt und über 1.500 CAE-Simulationen durchgeführt. Anschließend wurden mit der Firma Conbility verschiedene Produktionsszenarien ausdetailliert und hinsichtlich Kostenstrukturen und Optimierungspotenzialien bewertet. Im Fokus standen dabei stets Massenproduktionsszenarien (zwischen 100.000 und 300.000 Teile pro Jahr). Auch einzelne Teilkomponenten als Drop-In Lösung für bestehende Gehäusekonzepte aus Metall als auch unabhängig für verschiedenen kunststoff-basierte Gehäuse verwendbar, wurden hinsichtlich einer Optimierung im Design analysiert, um den jeweiligen Effekt auf Gewicht oder Erfüllung der Anforderungen herauszuarbeiten.
„Batteriegehäuse sind eine Schlüsselkomponente in E-Fahrzeugen. Im gemeinsamen Projekt wurden die anspruchsvollen Anforderungen vom AZL umfassend untersucht und Konzepte erarbeitet, wie durch kunststoffbasierte Multi-Material-Lösungen Gewicht und Kosten gegenüber Status-quo-Lösungen aus Metallen eingespart werden können.“ sagt Dr.-Ing. Florian Meyer, Projektmanagementpate seitens der Technischen Entwicklung bei Audi. „Die Zusammenarbeit mit dem wertschöpfungsketten- und materialklassenübergreifenden Konsortium ermöglichte einen kreativen Austausch und neue Impulse. Wir als Audi AG konnten den in unserer AZL Business+ Partnerschaft inkludierte Projekt-Voucher effizient in dieser Projektinitiative einsetzen.“ „Das Projekt und der enorme Zuspruch aus der Industrie zeigen nicht nur die Relevanz des Themas, sondern auch die Potentiale von alternativen Multimaterial-Verbunden auf. Ein wichtiges Ergebnis ist, dass neben Gewichtseinsparung auch signifikante Kostenersparnisse möglich sind“, fasst Schijve das Projekt zusammen und ergänzt „Da das Kosten-/Gewichtsverhältnis je nach Material und Produktionskonzept in einem weiten Bereich ausbalanciert werden kann, erhalten wir sowohl von Seiten der Materialproduzenten als auch von Herstellern und Endanwendern von Teilen große Aufmerksamkeit für individuelle Bewertungen.“
Was sind die nächsten Entwicklungsschritte?
Für die nächsten Schritte im Verbund als Konsortium verweist er auf die Folgeprojekte, „Neben individuellen Entwicklungsprojekten starteten am 26. Januar 2022 zwei Folgeaktivitäten in dem Format der gemeinschaftlich finanzierten Joint Partner Projects.“ Während sich Folgeprojekt 1 mit einer anwendungsbezogenen Testmethode und der Untersuchung der Sicherheit verschiedener Materialkombinationen für den Bodenaufprallschutz beschäftigt, steht in Folgeprojekt 2 die Flammresistenz verschiedener Materialien und Materialkombinationen im Vordergrund. Dabei sollen in beiden Projekten umfassende Tests durchgeführt werden. Zuerst werden dafür Prüfverfahren und -methoden neu entwickelt oder weiterentwickelt, die die speziellen Anforderungen auf Materialebene reproduzierbar untersuchen lassen. Die verschiedenen Faserverbundmaterialien werden dabei nicht nur untereinander verglichen, sondern auch gegen Referenzmaterialien aus Aluminium und Stahl, um das hohe Potential von Multimaterial-Lösungen hervorzuheben. Schlussendlich sollen die Projekte helfen, durch die Vergleichbarkeit verschiedenster Materialien, in Zukunft anforderungsgerechte, gewichtsoptimierte Designs von Batteriegehäusen auf Basis von Faserverbundmaterialien zu ermöglichen.
Projekte stehen offen für Interessierte
In beiden Projekten haben sich bereits Konsortien, bestehend aus OEM, Tier 1’s und Materialherstellern, zusammengeschlossen. Die Teilnahme an den Projekten ist für weitere interessierte Unternehmen offen. Bei Interesse an den Projekten, können sich Unternehmen bei Warden Schijve und dem AZL-Team melden.
Quelle: AZL Aachen