Wie schätzen Sie das Potenzial von Künstlicher Intelligenz (KI) in der thermischen Auslegung von Heißkanalsystemen im Vergleich zu traditionellen Methoden ein?
Dr. Stefan Eimeke: Traditionelle Methoden zur Auslegung von Heißkanalsystemen, insbesondere thermische Simulationen, sind zeit- und kostenaufwendig und erfordern manuelle Eingriffe, wie die Anpassung des Vernetzungsgitters oder die Definition und Eingabe von Randbedingungen. Im Gegensatz dazu ermöglicht KI eine vollautomatisierte, schnelle und präzise Auslegung, bei der alle relevanten thermischen und energetischen Faktoren berücksichtigt werden. Die Automatisierung reduziert nicht nur den Zeitaufwand erheblich (von mehreren Tagen auf wenige Stunden), sondern ermöglicht auch eine präzisere Optimierung der Temperaturverteilung. Somit bietet KI nicht nur Effizienzgewinne, sondern verbessert auch die Genauigkeit und Qualität der Auslegung.
Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell bei der Integration von KI in die Heißkanaltechnologie, und wie können diese überwunden werden?
Eimeke: Akzeptanz und Vertrauen: Konstrukteure und Ingenieure müssen Vertrauen in die neuen KI-gestützten Prozesse gewinnen, insbesondere wenn diese bisher manuell durchgeführte Schritte ersetzen. Die Umstellung erfordert eine Lernphase und das Überwinden von Vorbehalten gegenüber der Automatisierung. Diese Herausforderungen können durch den schrittweisen Ausbau der KI-gestützten Prozesse, den Einsatz umfassender Testphasen und die Kombination von Simulationsergebnissen mit Realwelt-Daten überwunden werden.
Welche Rolle spielt die thermische Auslegung in der Effizienz und Zuverlässigkeit von Heißkanalsystemen, und wie trägt KI dazu bei, diese zu verbessern?
Eimeke: Die thermische Homogenität ist ein zentraler Faktor für die Effizienz und Zuverlässigkeit von Heißkanalsystemen. Eine gleichmäßige Temperaturverteilung im Schmelzekanal sorgt für eine stabile Prozessführung und eine konstante Qualität des Endprodukts. Temperaturdifferenzen können zu Problemen wie ungleicher Materialverteilung oder Farbabweichungen führen, was insbesondere bei temperaturempfindlichen Materialien wie zum Beispiel POM kritisch ist. Hier zeigt sich der Mehrwert einer generativen KI mittels Simulation: Sie ermittelt die optimale Heizungsauslegung und Thermofühlerposition, um minimale Temperaturdifferenzen im Kanal zu erreichen. Dies verbessert nicht nur die Prozessstabilität, sondern erweitert auch das Prozessfenster und minimiert den Energieverbrauch.
A.I.Plasticscon 2024 – KI in der Kunststoffverarbeitung
Die Anwendungen von Künstlicher Intelligenz (KI) sind mit rasanter Geschwindigkeit ins alltägliche Leben eingezogen. Für produzierende Unternehmen stellt sich die Frage, wie KI effizient eingesetzt werden kann, um beispielsweise Prozesse zu optimieren und technische Lösungen eigenständig zu erarbeiten. Das Kunststoff-Institut Lüdenscheid lädt herzlich zur ersten Ausgabe der A.I.Plasticscon ein. Der Fokustag am 21. November 2024 widmet sich ganz der Schnittstelle von Künstlicher Intelligenz und der Kunststoffverarbeitung. Experten aus Wissenschaft und Industrie geben Einblicke in die neuesten Entwicklungen und präsentieren konkrete Anwendungsbeispiele. PLASTVERARBEITER begleitet die Veranstaltung als Medienpartner.
Zum Programm und der Möglichkeit zur Anmeldung gelangen Sie hier.