Metallspritzgießen, das klingt ersteinmal widersinnig. Mit dem von Materion, Stuttgart, hergestellten Liquid Metal, gleichzeitig der Firmenname des Entwicklers und Lizenzgebers, ist dies möglich. Das Rohmaterial kommt in abgelängten Stangen daher und wird in der Spritzgießmaschine auf 1100 °C aufgeheizt. Für diese Heizleistung entwickelte Engel, Schwertberg, Österreich, mit der E-Motion 110 Liquid Metal Edition eine speziell für diesen Einsatzzweck gedachte Maschine. Die induktive Heizspirale hinter der maschinenseitigen Werkzeugplatte verflüssigt das Liquid Metal. Um die angrenzenden Komponenten, insbesondere Kolben und Düse, vor der Hitze zu schützen, werden sie wassergekühlt. In einer Zykluszeit von 2,5 Minuten entstehen vier glänzende Demoteile, die sich paarweise zusammenstecken lassen. Außer den Anguss zu entfernen, erfordern sie keine weitere Nachberarbeitung. Dies ist neben den Materialeigenschaften (siehe Details weiter unten im Text) der größte Vorteil gegenüber anderen Metallverarbeitungsverfahren: kein Fräsen oder Hohnen, kein Schleifen, kein Polieren. Die Bauteiloberfläche entspricht genau der Oberfläche der Kavität, ob matt oder hochglänzend. Dadurch spart der Verarbeiter als je nach Anwendung mehrere Nachberarbeitungsschritte.
Weitere Details zeigt die folgende Bildergalerie:
Das Material: Liquid Metal
Liquid Metal ist mit 231 ksi doppelt so stark wie Titan und mit 563 Vickers auch fast doppelt so hart. Gleichzeitig lässt es sich um 1,8 Prozent verformen, ohne Schaden zu nehmen. Titan schafft nur 0,69 Prozent. Die Schwindung liegt bei unter 0,4 Prozent. Diese nackten Zahlen machen klar, hier handelt es sich um ein ganz besonderes Material. Das ist es auch: Seine amorphe Molekülstruktur hat es mit Glas gemeinsam. Darum nennt sich diese Werkstoffklasse auch Metallische Gläser. Sie haben gemein, dass ihre Moleküle nicht wie bei anderen Metallen gitternetzförmig angeordnet sind, sondern chaotisch. Dadurch sind die Räume zwischen den Molekülen viel kleiner und die Verbindungen untereinander zahlreicher. Das verleiht Liquid Metal seine speziellen Eigenschaften.
Allerdings ist es auch (noch) besonders teuer: Steffen Mack von Materion spricht von 200 bis 250 Euro pro Kilogramm als Einstiegspreis für geringe Abnahmemengen. Die Preise hängen allerdings stark von dem jeweiligen Projekt ab, wofür der Entwickler Liquid Metal, USA, für jedes einzelne in Verhandlungen tritt, um eine Lizenz für sein namensgebendes Metall zu vergeben.
Dazu kommen weitere Einschränkungen was die Bauteilgröße angeht: Damit das Material durchgängig seine amorphe Struktur beibehält, sind derzeit Wandstärken nicht über 4 mm möglich. Zudem darf das Bauteil nicht schwerer als 80 g (plus 20 g für den Anguss) und größer als 100 mal 100 mm sein. Allerdings muss man bei diesen Einschränkungen bedenken, dass es sich sowohl Material als auch Verarbeitungsprozess noch viel Raum für Weiterentwicklungen lassen.
Liquid Metal besteht übrigens im Wesentlichen aus Zirkonium, Kupfer und Nickel. Je nach Legierung kommen dann in unterschiedlichen Anteilen Berilium, Titan, Aluminium und weitere Metalle hinzu.
Das Werkzeug für Liquid Metal
Ist das Metall flüssig, drückt der Kolben der Spritzgießmaschine es in die vier Kavitäten des Werkzeugs. Darin kommen übrigens nur 80 Prozent des Materials an. Der Rest geht für den Anguss drauf. Überdies muss im Inneren des Werkzeugs ein Vakuum herrschen. Denn Sauerstoff würde das Metall kristallisieren lassen. Damit verlöre es seine besonderen Eigenschaften. Bei der Engel E-Motion 110 Liquid Metal Edition ist dafür eine Vakuumpumpe integriert, die ein Vakuum bis 10-5 bar ermöglicht.
Um den Werkzeugverschleiß in Grenzen zu halten, empfielt das Unternehmen Liquid Metal, Werkzeugeinsätze zu verwenden. Mit diesen halte das Werkzeug rund 100.000 Schuss bis es instandgesetzt werden muss. Damit sind sie in etwa mit Druckgusswerkzeugen vergleichbar.