„Warum ich mich noch einmal beruflich mit Kunststoffen auseinandersetzen würde?" Als Verfahrenstechnikerin bekomme ich Gänsehaut schon bei der Frage. Kunststoffe werden viel zu häufig unterschätzt.
Ob das Gehäuse des Laptops, die Pflasterverpackung oder die Brille auf der Nase – Kunststoffe sind allgegenwärtig. Wir alle profitieren täglich von Produkten, die ohne Verwendung von Kunststoffen nicht möglich wären. Und über den eigenen Tellerrand geschaut: Viele Forschungsprojekte und Technologien wären ohne Kunststoffe undenkbar, wie beispielsweise die Wetter-, Tiefsee- oder Weltraumforschung. Kunststoffe helfen uns also, unseren Planeten zu verstehen. Und im weitesten Sinne auch, ihn besser zu schützen. Denn sie sind leicht, sodass Flugzeuge, Autos oder auch die Bahn weniger Energie verbrauchen. Anders als bei anderen Werkstoffen können über eine Behandlung mit Strahlen außerdem die Kunststoffeigenschaften positiv verändert werden. So kann beispielsweise die Nutzung- oder Lebenszeit eines Produktes verlängert werden, manchmal um Jahrzehnte. Im Vergleich zu Stahl oder Glas sind Kunststoffe zudem noch sehr jung. Es gibt weiterhin vieles zu entdecken, auch im Bereich Biokunststoffe.
Kunststoffe sind meiner Ansicht nach auch aufgrund ihrer Vielfältigkeit der Werkstoff Nummer 1. Denn Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff. Als Ingenieurin für Anwendungsentwicklung im Team der Strahlensterilisation bei BGS Beta-Gamma-Service arbeite ich regelmäßig mit Produkten, die aus ganz unterschiedlichen Kunststoffen zusammengesetzt sind. Mit ihren verschiedenen Eigenschaften setze ich mich täglich auseinander.
Warum das wichtig ist? Ein Beispiel: In der Medizintechnik werden aufgrund ihrer spezifischen Vorteile häufig Kunststoffe verwendet. Denn Kunststoffe sind vielfältig formbar, nehmen keine Gerüche an und sind beständig gegen Wasser und andere Flüssigkeiten. Medizintechnikprodukte wie Hüftgelenke aber auch Spritzen oder Katheter müssen jedoch steril sein, bevor sie am oder im Menschen angewendet werden dürfen. Ein Großteil der Produkte wird beziehungsweise kann nur mit Strahlen sterilisiert werden.
Da die verschiedenen Kunststoffe unterschiedliche Strahlenbeständigkeiten aufweisen, ist es wichtig, die Einzelkomponenten genau zu betrachten. Eventuell müssen einige Kunststoffe durch andere ersetzt werden. Aber welche nimmt man am besten? Jeder Kunststoff bringt ganz eigene Eigenschaften mit sich. Geeignete Substitutionskunststoffe ausfindig zu machen ist nicht immer ganz einfach – aber umso spannender! Das Resultat sind Medizinprodukte, die im Zweifel Leben retten können.
Würde ich mich noch einmal für ein Studium der Anwendungsentwicklung und eine Arbeit mit Schwerpunkt Kunststoffe entscheiden? In jedem Fall!