Der fortschreitenden Digitalisierung wird manchmal unterstellt, sie sei zu langsam und nicht umfassend genug. Diese Perspektive ändert sich, wenn die Grundbausteine der Digitalisierung plötzlich nicht oder nicht mehr sofort verfügbar sind. Wir erleben gerade, wie sehr die Verfügbarkeit von elektronischen Komponenten („Chipmangel“) praktisch alle Produkte und Projekte beeinflusst. Die Lieferzeiten in der Automobilindustrie werden dadurch ebenso diktiert, wie es Gebäudesteuerungen, Werkzeugmaschinen oder Haushaltswaren ergeht. Digitalisierung bedeutet nicht nur autonomes Fahren oder einen sich selbst durch Nachbestellungen auffüllenden Kühlschrank. Sie ist längst Basis unserer technischen Kultur und Arbeitswelten. Künstliche Intelligenz ist in allen ihren Ausprägungen, seien es Optimierungsalgorithmen, Suchmaschinen, Bildverarbeitung und -auswertung, Steuer- und Regelungstechnik oder erweiterte Prozesssimulationen mit dabei. Bei der Abbildung von Prozessen, Materialdaten oder Zusammenhängen muss gewährleistet sein, dass die Datensätze – die sogenannten digitalen Zwillinge – möglichst gut den Originalen entsprechen. Die Datensätze müssen repräsentativ, aussagekräftig und umfassend sein. Zudem müssen sie durch entsprechende Prüfungen validiert werden. Die Simulation muss stets den realen Prozess abbilden, nicht umgekehrt! Insbesondere an den Schnittstellen von Mensch und Technologie ergeben sich wichtige Fragestellungen: Vertraue ich den Entscheidungen einer KI, auch wenn sie meinen eigenen Erfahrungen mit diesem Prozess widerspricht? Optimale Arbeitspunkte liegen manchmal außerhalb der täglichen Produktion, aber wer übernimmt die Verantwortung für Fehler? Solchen Fragen geht das Forschungsvorhaben am SKZ „Prediction of Industrial Processes through Explainable Artificial Intelligence“ (DIK-2005-0034//DIK0143/03, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie) in der Kunststoffindustrie nach. Wenn natürliche und künstliche Intelligenz vertrauensvoll etwas voneinander lernen können, ist Technologie sinnvoll platziert und akzeptiert.
Digitalisierung ist nicht langsam – sie ist längst Basis unserer Arbeitswelten.
Wie vertrauensvoll sind die Vorschläge einer KI für die Produktion?
Optimierte Prozesse, effektiver Ressourceneinsatz, Wiederverwendung von Rohstoffen und ein Blick auf die Lebensdauer – wird all dies im Datensatz/Modell von Prozess, Produkt und Rohstoff zuverlässig abgebildet, ist die Bezeichnung „grüner digitaler Zwilling“ im Sinne von „Digitaler Technologien als Schlüssel für die ökologische Transformation der Wirtschaft“ (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Förderprogramm „Entwicklung digitaler Technologien“) im besten Sinne erfüllt. Am SKZ arbeiten hierzu Materialentwicklung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Qualitätssicherung und Prozesstechnik in einer Vielzahl von Projekten (zum Beispiel Coppa: BMEL 281A707A20; Cyclops: BMBF 02WDG018A; Dilink: BMBF 033R235B) zusammen. Auch wenn es sich hierbei um Forschungsprojekte handelt, ist der Bedarf in den Unternehmen ganz real. Der Einsatz von Rezyklaten, der Nachweis dieses Einsatzes und nicht zuletzt das Sourcing der Materialien stellen die Unternehmen vor Herausforderungen, die sich mit digitalen Technologien lösen lassen. Diese ermöglichen uns ganz nebenbei die Informationstransparenz, die eine funktionierende Kreislaufwirtschaft benötigt. Diese Transparenz müssen nun nur noch alle wollen.