junger Mann an einer Spritzgießmaschine

Christian Bielenberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TH Rosenheim (Bild: TH Rosenheim)

Naturwissenschaften und technische Aufgaben haben mich schon früh fasziniert. Als ich vor der Entscheidung stand, eine akademische Laufbahn einzuschlagen, war für mich schnell klar, dass ich als Ingenieur arbeiten möchte. Schon damals wusste ich, dass ich in der Forschung und Entwicklung (F&E) genau richtig bin. Denn hier kann ich meiner Neugier und Kreativität freien Lauf lassen.

Als ich mich für eine Studienrichtung entschied, war der Werkstoff Kunststoff bereits allgegenwärtig. Kunststoffe wurden zu der Zeit schon in fast allen Bereichen eingesetzt, zum Beispiel in der Automobilindustrie, in der Medizintechnik, in der Raumfahrt, im Hobbybereich und vielem mehr. Diese Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten und die damit verbundenen technischen Herausforderungen weckten mein Interesse und boten mir die wunderbare Möglichkeit, in viele verschiedene Disziplinen hineinzuschnuppern.

Heutzutage stehen Kunststoffe leider stark in der Kritik. Die Umweltauswirkungen, die mit ihrer Herstellung, Verwendung und Entsorgung verbunden sind, haben das öffentliche Bewusstsein geschärft und leider auch den Ruf dieses Materials stark beschädigt. Trotz dieser berechtigten Kritik sehe ich nach wie vor eine wichtige Daseinsberechtigung für Kunststoffe. Der derzeitige Status quo ist jedoch nicht nachhaltig und erfordert dringend ein Umdenken und weitreichende Weiterentwicklungen.

Es ist unbestritten, dass die Kunststofftechnik einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung, zur Schließung von Stoffkreisläufen und zum Umweltschutz leisten kann und muss. Deshalb gilt es, diese positiven Aspekte weiter zu entwickeln, intensiv zu nutzen und die negativen zu verbessern. Dazu gehören zum Beispiel innovative Recyclingmethoden, nachhaltige Produktionsverfahren, aber auch die Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher. In all diesen Bereichen gibt es noch viel Potenzial, das wir nutzen können und sollten. Da Kunststoffe aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind, muss auch die Kunststofftechnik selbst nachhaltig werden. Da für viele Unternehmen wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stehen, um zum Beispiel das Überleben eines kleinen Unternehmens zu ermöglichen oder den Gewinn eines großen Unternehmens zu steigern, ist es wichtig, die Prozesse zu verstehen und einen nachhaltigeren Prozess zu implementieren oder zu entwickeln, der auch wirtschaftlich attraktiv ist. Dies ist einer der möglichen Wege, einen nachhaltigen Beitrag zu leisten, der in Unternehmen umgesetzt werden kann.

Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Digitalisierung, in der ich derzeit forsche. Durch optimierte Prozesse und weniger Ausschuss können wir wertvolle Ressourcen einsparen. Das ist ein kleiner Hebel, aber auch die kleinen Beiträge zählen und können sich summieren. Des Weiteren ist die Digitalisierung ein wichtiges Feld, welches uns in Zukunft begleiten wird und daher bin ich dankbar, dass ich mit der Kunststofftechnik auch in diesem Bereich forschen und meinen Beitrag leisten kann. Bei dem Forschungsprojekt entstehen zwangsläufig schlechte Bauteile, welche innerhalb der Hochschule recycelt werden, sodass sie für Praktika, spätere Studien und weitere Forschungsprojekte wiederverwendet werden können.

Wenn ich noch einmal von vorne anfangen könnte, würde ich mich wahrscheinlich mit meiner Naivität von damals gegen die Kunststofftechnik entscheiden. Ich würde einen nachhaltigeren Weg einschlagen wollen. Aber, um die Veränderung zu erreichen, die wir uns wünschen, ist es wichtig, direkt an der Quelle anzusetzen. Wenn ich mit meinem heutigen Wissen noch einmal entscheiden müsste, würde ich mich heute wieder für ein Studium der Kunststofftechnik entscheiden. Mir ist bewusst, dass ich damit in einen Apfel beißen muss, der vielleicht nicht ganz so süß ist, wie ich ihn mir gewünscht hätte. Aber gerade in dieser Herausforderung sehe ich die wunderbare Chance, einen wichtigen Beitrag zu leisten. Es ist wichtig, auch an den unangenehmen Stellen Hand anzulegen, denn irgendjemand muss es tun, sonst ändert sich nichts.

Als Kunststofftechnikerin und Kunststofftechniker haben wir die einzigartige Möglichkeit, uns wissenschaftlichen Aufgaben zu widmen und gleichzeitig aktiv an der Lösung drängender Umweltprobleme mitzuwirken. Die Entwicklung nachhaltiger Kunststofftechnologien ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit und ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit unserer Arbeit einen wertvollen Beitrag leisten können. Das gibt mir die Motivation und den Antrieb, weiterhin in diesem spannenden und wichtigen Bereich tätig zu sein.

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