Hand hält Recyclingzeichen hoch

Dr. Stephan Gneuß, Geschäftsführer Gneuss Kunststofftechnik, im Interview des VDMA. (Bild: Ourteam - stock.adobe.com)

Dr. Stephan Gneuß, Geschäftsführer Gneuss Kunststofftechnik.
Dr. Stephan Gneuß, Geschäftsführer Gneuss Kunststofftechnik. (Bild: Gneuß)

Herr Dr. Gneuß, wie hat sich das Recycling in den letzten Jahren entwickelt?
Stephan Gneuß: Von der Anbieterseite her war Recycling generell und auch das Up-Cycling in vielen Fällen schon vor einigen Jahren möglich. Das konnte man auch auf der K 2019 sehen. Es haben sich aber weitaus weniger Kunden dafür interessiert als heute. Einen grundsätzlichen technischen Durchbruch sehe ich seither nicht, dafür aber viele kontinuierliche Verbesserungen. Mittlerweile ist das Interesse an Recycling sehr groß. Der Grund ist der Druck, der von der Politik und den Verbrauchern kommt. Wir als Unternehmen Gneuss haben deshalb jetzt eine Vielzahl von Projekten für Up-Cycling und sehr hochwertiges Recycling. Das ist eine sehr positive Entwicklung, bei der wir die Stärken unserer Produkte sehr gut ausspielen können.

Können Sie ein Beispiel geben?
Gneuß: Unsere Recyclingmaschinen und -anlagen sind alle so ausgelegt, dass sie sehr hohe Qualitäten und eine hohe Konstanz in den Prozessen erreichen. Im Extrusionsbereich haben wir von Anfang an großes Augenmerk auf Lebensmittel-Kontaktfähigkeit gelegt. Genau das steht bei vielen jetzt oben auf der Agenda. Auch unsere kontinuierlichen Filtrationssysteme nehmen beim Recycling eine Schlüsselfunktion ein. Denn mit zunehmendem Einsatz von Rezyklaten werden Filterelemente viel häufiger gewechselt. Da ist eine druckkonstante und kontinuierliche Arbeitsweise signifikant. Wir bieten heute schlüsselfertige Anlagen für das Recycling an. Nicht nur für Polyester, sondern unter anderem auch für Polystyrol, Polypropylen und Polyolefine.

 

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Polyreaktor
Polyreaktor Jump von Gneuß (Bild: Gneuß)

Kann man mit einer verbesserten Extrusionstechnik Qualitätsschwankungen im Material ausgleichen?
Gneuß: Ja, auf jeden Fall. Das ist eine der Kernaufgaben für das Recycling-Equipment. Es muss mit unterschiedlichen Eingangsqualitäten klarkommen. Aber letztlich ist es die Sortenreinheit, die bestimmt, welche Qualitäten herauskommen. Wenn man jetzt die Frage stellt, ob eine verbesserte Extrusionstechnik das sortenreine Trennen unnötig macht, dann ist die Antwort nein. Denn wenn man beim Aufschmelzen verschiedene Kunststoffarten vermischt, bekommt man immer Qualitätseinbußen.

Ist Recycling auch wirtschaftlich interessant?
Gneuß: Im Moment sehen wir in einigen Segmenten ein Koste-es-was-es-wolle-Recycling. Man steht einfach unter dem Druck, Rezyklate einsetzen zu müssen, weil man seine Produkte ansonsten gar nicht mehr verkaufen kann. Da, wo diese Prozesse etablierter sind, da kommt natürlich die Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund. Hier werden wir noch wesentliche Fortschritte in den nächsten Jahren sehen. Dieses zunehmende Augenmerk auf Wirtschaftlichkeit ist eine Entwicklung, die uns als Unternehmen durchaus in die Karten spielt.

Noch haben wir ein Mengenproblem. Wie kann der Mangel beseitigt werden?
Gneuß: Das Mengenproblem ist in der Tat zentral. Es wird maßgeblich durch das Produktdesign und die Abfallsammlung bestimmt. Wenn man das Problem lösen will, muss man also sehr früh in den Prozess eingreifen. Lösungsansätze gibt es schon, seien es zum Beispiel mehr Monomaterialien oder weitere Pfandsysteme. Unsere Aufgabe wird es sein, die technischen Voraussetzungen für neue Recyclingkreisläufe bereitzustellen. Das werden wir schaffen. Der Engpass sind Sammlung und Produktdesign. Da wird sich etwas tun müssen, denn sonst klappt die Kreislaufwirtschaft nicht und wir kommen als Kunststoffindustrie nie aus der Schmuddelecke heraus.

Es gibt ja zwei Kritikpunkte an Kunststoff. Der eine ist die CO2-Bilanz, die unter anderem über zu niedrige Recyclingquoten belastet wird. Der andere ist die Vermüllung der Landschaft und der Meere. Auch das ist ein großes Problem, aber es hat mit dem Recycling nur sekundär zu tun, da es sich hierbei primär um ein Entsorgungs- und Sammlungsproblem handelt. Aber wir können das Problem nicht von uns wegweisen. Wir sehen im Moment, politisch, insbesondere in Europa und Nordamerika einen erheblichen Druck auf die Kunststoffprodukte. Da sind Recyclingquoten und Vorgaben eigentlich der leichtere Weg. Frankreich, zum Beispiel, hat relativ niedrige Sammelquoten, aber eine zunehmende Tendenz zum Verbot von Kunststoffprodukten. Aber das ist oft die schlechteste Lösung, denn die alternativen Materialien sind in Sachen Nachhaltigkeit und CO2-Bilanz selten besser. Wir müssen uns um beides kümmern: etwas gegen die Vermüllung tun und die CO2-Bilanz verbessern. Beides muss im Produktdesign berücksichtigt werden.

Die Way2K-Interviewreihe:

Hand mit Recyclingzeichen in der Hand
(Bild: Ourteam - stock.adobe.com)

Bis zur K-Messe 2022 sind es zwar noch einige Monate, nichtsdestotrotz können Sie die verbleibende Zeit investieren und einen Blick in die bisherigen Interviews aus der Way2K-Reihe des VDMA werfen. Hier gelangen Sie zur Übersicht.

Extruder
Gneuß hat sich unter anderem auf die Extrusionstechnik spezialisiert. (Bild: Gneuß)

Braucht man auch beim Produktdesign Vorschriften?
Gneuß: Teilweise ja, aber für allgemeine gesetzliche Vorschriften im Produktdesign ist das Thema, glaube ich, zu komplex. Auch fürchte ich, dass uns die Zeit davonläuft, wenn wir auf umfassende Vorgaben warten. Diese Diskussion wird schon lange geführt, aber noch immer ist es so, dass die Recyclingfähigkeit bei vielen Produkten an letzter Stelle des Entwicklungsprozesses steht. Man kann ja schnell auf eine Verpackung schreiben, dass sie Rezyklat enthält. Was genau, wieviel und wie recycelt wird und ob es Sinn macht, steht auf einem ganz anderen Blatt. Da ist noch viel Arbeit vor uns.

Wo werden wir in drei Jahren stehen?
Gneuß: Ich sehe den Druck steigen und der wird zu Veränderungen führen. Nicht nur im Verpackungsbereich, der ja für die Vermüllung der Meere vor allem verantwortlich ist. Auch für Kleidung wird immer mehr Kunststoff eingesetzt. Und diese Kleidung wird immer schneller entsorgt. Ich gehe davon aus, dass wir schon auf der K 2025 durchaus Änderungen sehen, dass ein Umdenken im Produktdesign stattfindet, dass wir bessere Sammelsysteme haben werden und dadurch bessere Warenströme. Entsprechend werden auch die Anforderungen an die Anlagen- und Maschinenbauer anders sein. Aber wir sind es gewohnt, dass sich Bedingungen ändern und wir uns anpassen müssen.

Quelle: VDMA

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