Preisverleihung im Studio

Mit Applaus und Glitter wurden die Preisträger gefeiert. Pedro Lutz von ERT (im Monitor links) und Kay Kölzig (Sachsen Leinen, im Monitor mittig) applaudieren gemeinsam mit Moderatorin Julita Witt und Juryvorsitzendem Peter Putsch dem Hauptpreisgewinner Pierre de Kettenis von der belgischen Home Eos (im Monitor rechts). (Bild: Polykum/R. Artus)

Die Entscheidung war von den Kongressteilnehmern, die sich aus über 40 Ländern von Australien über Indien und Europa bis nach Lateinamerika zugeschaltet hatten, mit besonderer Spannung erwartet worden: Seit 2019 bildet die feierliche Preisverleihung des Biopolymer Innovation Awards einen Höhepunkt des Internationalen Kongresses „Biopolymer – Processing & Moulding“, der in diesem Jahr zum vierten Mal in Mitteldeutschland stattfand. Unterstützt wurde die Tagung, wie schon 2021, durch Germany Trade and Invest (GTAI), die Außenwirtschaftsagentur der Bundesrepublik Deutschland.

Die Fachjury des von der gemeinnützigen Fördergemeinschaft Polykum aus Merseburg (Sachsen-Anhalt) ausgeschriebenen Preises hatte in diesem Jahr erneut die Qual der Wahl: Unter hochklassigen Einsendungen aus fünf Ländern nominierte das Preisgericht am 1. Juni 2022 die drei Preisträger. Polykum-Vorsitzender und Kongress-Gastgeber Peter Putsch lüftete mit Moderatorin Julita Witt am heutigen Nachmittag die Entscheidung über Sieger und Platzierte.

Hauptpreis für "Stopsound", einem neuartigen Schaum

Imagebild der Trophäe
Die Biopolymer Innovation Awards werden seit 2019 durch die in Merseburg (Sachsen-Anhalt) ansässige gemeinnützige Fördergemeinschaft Polykum weltweit vergeben. "Dieses Jahr verlässt erstmals ein Preis Europa", führte Peter Putsch bei der Verleihung aus. (Bild: Creatyp)

Der neuartige Schaum Stopsound, der nicht nur Schall schluckt, sondern auch Energie spart, auf biologischer Basis hergestellt und am Ende seiner Lebensdauer von Mikroben zu Kompost verarbeitet werden kann erhielt den mit 2.000 Euro dotierten Hauptpreis. Die belgische Firma Home Eos mit Sitz in Farciennes setzte sich mit dieser Entwicklung gegen Bewerber aus fünf Ländern durch.

In ihrer Laudatio begründete Jurymitglied Simone Fischer die Entscheidung wie folgt: „Der Hauptpreis geht an ein Produkt, das alle Jury-Mitglieder gleichermaßen begeistert. Es handelt sich um bioabbaubaren Schaum, der für ein breites und wichtiges Anwendungsfeld entwickelt wurde – die Schall- und Wärmedämmung. Bei der Werkstoffformulierung handelt es sich um eine Eigenentwicklung, die nicht auf Basis konventioneller Biokunststoffe erfolgte. Die Formulierung ist eine Kombination aus Proteinen, Polyol, Wasser, Stärke und einem Füllstoff, aus denen zuvor noch kein Polymer hergestellt wurde, die jedoch in Nahrungsmitteln, Kosmetik- und Pharmaprodukten eingesetzt werden.
Bei der Herstellung wird bis zu acht Mal weniger Energie verbraucht als bei der Produktion vergleichbarer Kunststoffe. Der Schaum besitzt laut Materialdatenblatt unter anderem eine gute Flammbeständigkeit, weist eine geringe Rauchentwicklung auf und tropft/fällt innerhalb von 600 s nicht brennend ab. Weiterhin werden aufgrund seiner Rohstoffe keine giftigen Gase beim Verbrennen freigesetzt. Das bioabbaubare, technische Produkt ist zur Serienreife entwickelt und hat zahlreiche technische Prüfungen für den Einsatz in Fahrzeugen, Industrie und Gebäuden bestanden. Wir gratulieren zu dieser vielversprechenden Entwicklung.“

Pierre de Kettenis, der Firmenchef von Home EOS, gab nach der Ehrung einen kleinen Ausblick auf die Zukunft: „Wir sehen eine Menge weiterer Einsatzmöglichkeiten, nicht nur im Bereich der Schallisolierung, sondern auch im Brandschutz, im Verpackungssektor und zahlreichen weiteren Anwendungen für die Industrie und für Endverbraucher.“

Aus Naturfasern und Biopolymeren werden UD-Tapes

Der 2. Preis wurde Sachsen Leinen aus Markkleeberg zugesprochen für ihr neuentwickeltes „Fuse HMP-Thermo UD-Tape”. Laudatorin Simone Fischer würdigte die Innovation wie folgt: „Sachsen Leinen erzeugt aus Naturfasern und Biopolymeren UD-Tapes für den Leichtbau, die eine Alternative zu derzeit häufig verwendeten Werkstoffkombinationen aus Polypropylen mit Glasfasern darstellen. Das Faserverbundmaterial kann mit etablierter Fertigungstechnologie hergestellt und verarbeitet werden. Beeindruckt hat die Jury unter anderem die Gleichmäßigkeit, mit der die Fasern vom Biopolymer überzogen sind. Die Entwicklung ist auch ein Signal für viele Regionen in aller Welt, die wie das Mitteldeutsche Braunkohlenrevier die Transformation von der fossilen zur biobasierten Rohstoffbasis in Angriff genommen haben oder dies planen. Aus natürlichen, regional wachsenden Materialien wie Hanf oder Flachs entstehen in Markkleeberg im Verbund mit Biokunststoffen hochtechnische Produkte, die am Ende ihrer Nutzungsphase rezykliert und als kurzfaserverstärkter Kunststoff ein zweites Leben erhalten, bevor sie am Ende ihres Lebenszyklus je nach gewähltem Kunststoff sogar einer biologischen Wiederverwertung zugeführt werden können. Eine Innovation, die wir gerne auszeichnen.“

Darum wurden Composites aus Monomaterial ausgezeichnet

Den 3. Platz belegt Earth Renewable Technology (ERT) aus dem brasilianischen Curitiba mit ihren „Short Fiber Reinforced (SFRP) in FC 10130 biopolymer composite”. In ihrer Laudatio begründete Simone Fischer die Entscheidung der Jury wie folgt: „Mit der hier ausgezeichneten Technologie ist es möglich, die mechanischen Eigenschaften von Biopolymeren durch biobasierte Fasern zu verbessern. So lassen sich Einmalprodukte wie Strohhalme oder Einwegbesteck weiterhin mit den Vorteilen eines Kunststoffs herstellen, der in der Natur durch Mikroben und Enzyme zersetzt wird, statt zu Mikroplastik zu zerfallen. Seit 2021 ist das vor zwölf Jahren in den USA gegründete Unternehmen in Brasilien tätig, denn es hat sich zum Ziel gesetzt, das Plastikproblem in einem Land zu lösen, in dem Einweggeschirr aus Kunststoff verboten werden soll. ERT bietet hier inzwischen mehrere Rezepturen an. Aus Sicht der Jury ist das Compound aus PLA-Fasern in einer PLA-Matrix, das aus Zuckerrohr hergestellt wird, eine echte Weiterentwicklung und stellt eine gute Perspektive für weitere Einsatzmöglichkeiten dieses weltweit derzeit meistgenutzten Biokunststoffs dar. Denn die Eigenschaften der Verstärkungsfasern bleiben bei der Compound- sowie der Produktherstellung erhalten. Sie gehen mit der Matrix eine gute Verbindung ein, ohne mit ihr zu verschmelzen. Mit dem 3. Preis würdigen wir dieses bioabbaubare und bioverstärkte Monomaterial.“

Quelle: Polymkum

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