strahlender junger Mann vor einer Mascine

Vitus Zenz, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TH Rosenheim (Bild: TH Rosenheim)

Direkt nach der Realschule habe ich meinen beruflichen Weg zunächst in Richtung Handwerk eingeschlagen und eine Ausbildung absolviert. Doch obwohl ich die Arbeit mit meinen Händen und die Herausforderungen grundsätzlich mochte, merkte ich bald, dass ich diese Arbeit nicht mein Leben lang ausüben wollte, da ich den Wunsch hatte mehr mit meinem Kopf zu arbeiten. Also entschied ich mich, das Abitur nachzuholen und zu studieren. In meiner Familie hatte ich bereits Vorbilder, die mir den Weg wiesen: Meine beiden Onkel hatten Kunststofftechnik in Rosenheim studiert und in ganz unterschiedlichen Bereichen Karriere gemacht – der eine als Statiker für Flugzeugkomponenten, der andere als Entwickler von Snowboards. Ihre Begeisterung für das Studium und die Möglichkeiten, die es bot, überzeugten mich damals ebenfalls diesen Weg einzuschlagen.

Anfangs war mein Plan, das Wissen über Schuhe mit Kunststoffen zu kombinieren und in der Entwicklung der Schuhindustrie tätig zu werden. Doch während des Studiums änderte sich meine Sichtweise grundlegend. Ich erkannte die enormen Herausforderungen, vor denen die Kunststoffbranche steht, besonders im Hinblick auf Umweltverschmutzung und Nachhaltigkeit. Mir wurde klar, dass ich nicht nur beruflich erfolgreich sein, sondern auch einen positiven Beitrag zur Lösung dieser Probleme leisten wollte.

So beschloss ich, mich intensiver mit Biokunststoffen zu beschäftigen. Durch Zufall konnte ich für mein Praxissemester in Neuseeland an einem renommierten Institut in die Forschung hineinschnuppern, was mir damals sehr gut gefallen hat. Die Offenheit und Kreativität der Forschung haben mich sehr begeistert und ich wollte die Begeisterung für die Forschung gerne mit Biokunststoffen verknüpfen. Dieser ideelle Antrieb begleitete mich durch meine Bachelor- und Masterarbeit und mündete schließlich in meinem Promotionsthema, in der wir einen innovativen Prozess zur Herstellung von Bernsteinsäure aus Holzabfällen entwickeln konnten. Dieses neuartige Verfahren hat das Potenzial, die Produktion dieses wichtigen Ausgangsstoffes für den Biokunststoff Polybuthylen-Succinat (PBS) wirtschaftlich konkurrenzfähiger zu gestalten. Die Forschungsarbeit wurde im Juni 2024 mit dem zweiten Platz des Biopolymer Innovation Award ausgezeichnet.

Warum sollte man Kunststofftechnik studieren? Die Antwort ist einfach: Die Kunststoffbranche steht an einem Wendepunkt, und es gibt keinen besseren Zeitpunkt, Teil dieser Transformation zu sein. Recyclingstrategien sind ein wichtiger erster Schritt, doch sie reichen oft noch nicht aus. Biokunststoffe aus nachhaltigen Rohstoffen bieten meiner Meinung nach die langfristig umweltverträglichste Lösung. Jedoch sind diese bis heute noch nicht wirtschaftlich konkurrenzfähig, weshalb deutlich mehr Forschung und Entwicklung in neue Produktionsverfahren notwendig ist.

Nur durch solche Investitionen können wir die sichtbaren Umweltauswirkungen eindämmen und die CO2-Emissionen deutlich senken. Damit würde Kunststoff auch in Zukunft Bestand haben und als vielseitiger Werkstoff weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Die Branche muss sich verändern, um von der Gesellschaft in Zukunft weiterhin akzeptiert zu werden und ich bin stolz darauf, Teil dieser Veränderung zu sein.

Für mich war und ist es eine Herzensangelegenheit, durch meine Arbeit in der Kunststofftechnik etwas zu bewegen. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen sind groß. Allerdings bin ich fest davon überzeugt, dass wir mit Innovation, Engagement und einer klaren Ausrichtung auf Nachhaltigkeit die Zukunft der Kunststoffbranche sichern können.

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