Um Fasern aus nachwachsenden Rohstoffen in Bauteilen für Automobile verwenden zu können, hat Faurecia, Automobilzulieferer aus Stadthagen, eine komplette Prozesskette entwickelt. Das als Nafilean (Natural Fibres for Lean Injected Design) bezeichnete Material kombiniert natürliche Hanffasern mit Polypropylenharz und soll die Abhängigkeit vom Rohstoff Erdöl reduzieren. Es wird beispielsweise für Instrumententafeln, Türverkleidungen und Mittelkonsolen eingesetzt. Das Spritzgussmaterial auf Naturfaserbasis ist genau so flexibel einzusetzen und zu verarbeiten ist wie herkömmliche Werkstoffe. Die verwendeten Hanfpflanzenfasern sind leicht, reißfest und stabil. Auch komplexe Formen und Strukturen sind herstellbar. Als Faserverbundkunststoff wird mit diesem Material das Gewicht der Bauteile um bis zu 25 Prozent reduziert.
Der Werkstoff wurde bereits in Serie für Teile von Instrumententafeln oder Türverkleidungen im Peugeot 308 eingesetzt. Gefertigt werden die Bauteile für dieses Fahrzeug zurzeit im französischen Etupes – in Zukunft werden entsprechende Bauteile aus diesem Material aber auch an anderen Standorten und in anderen Regionen hergestellt. Von Vorteil dabei ist, dass das Granulat problemlos spritzgegossen werden kann, ohne die Maschinen hierfür anpassen zu müssen. Es ist kein zusätzlicher Investitionsbedarf notwendig, was für den Technologiekonzern während der Entwicklung entscheidend war. Das Material ist außerdem wiederverwertbar und wurde in die Aufbereitungs- und Recyclingstandards für Kunststoffe in der Automobilbranche aufgenommen.
Dr. Alexander Hasler, Sales Director bei Faurecia, erläutert: „Das Thema ist Teil unserer „Faurecia-Bio-Attitude“ Initiative, die langfristig darauf ausgerichtet ist, leichtere und auf nachwachsenden Rohstoffen basierende Produkte zu entwickeln. Aktuell sind wir mit weiteren fünf Fahrzeugherstellern im Gespräch. Dieses Material verändert nicht nur unser Unternehmen, sondern macht uns erneut ein wichtiges Stück unabhängiger vom Erdöl.“
Neue Produkte mit der Hanffaser werden voraussichtlich 2015 oder 2016 serienreif sein. Derzeit forscht Faurecia an entsprechenden Derivaten, die noch steifer sind, oder solchen, die weniger Faserstruktur zeigen und im Sichtbereich eingesetzt werden können. Versuche laufen mit Gasaufschäumungen, um Dichte und Gewicht noch weiter zu senken.
Lieferkette sichern
Der Automobilzulieferer misst diesem biobasierten Material eine große Bedeutung zu und beteiligt sich selbst an der Lieferkette für die Rohstoffversorgung. Diese liegt in den Händen der Automotive Performance Materials (APM), eines Joint-Ventures zwischen Faurecia und der französischen Landwirtschaftsgenossenschaft Interval. Deren rund 5.000 Betriebe stellen den Nachschub an Qualitätshanf sicher.
Mit Blick auf die Zukunft beschäftigt sich der Automobilzulieferer zudem mit der Frage, wie auch das Polypropylen ersetzt werden kann, in das die Hanffasern eingebunden sind. Die bisherige Antwort sind Kunststoffe, die aus Kohlenhydraten hergestellt werden. „Noch ist das Verfahren mit höheren Kosten verbunden, auch weil die Volumina noch gering sind“, so Hasler, „aber die Ergebnisse sind so gut, dass die Vermarktung unter dem Namen Biomat bereits begonnen hat. Da biobasierte Kunststoffe hoch attraktiv sind, zweifle ich nicht an deren Serieneinführung.“