Aufmacher

Dr. Steffi Burkhart sieht sich als Sprachrohr der Millenials. (Bild: Dr. Steffi Burkhart)

Dreiklang

Dreiklang des Kulturwandels (Bildquelle: Dr. Steffi Burkhart)

In dem Paradigmenwechsel zur Digitalisierung entsteht Erfolg nur durch Vielfalt und Vernetzung, durch ein Zusammenspiel von Organisationsdesign (Struktur), Mitarbeiterbefähigung (Mensch) sowie  einem vom Menschen geschaffenes Triebwerk der Technik im stetigen Zeichen des Fortschritts und der Innovation (Technologie). Dies muss sich in einem Changeansatz widerspiegeln und zwar zeitgleich, nicht in einem Rollout und sequentiell gedacht. Nur dann können Wirkungszusammenhänge entstehen. Denn: Was nützt ein Digital Leadership Programm (Mitarbeiterbefähigung), wenn die Führungskräfte keine technologisch gut ausgestattete Infra­struktur haben (Technologie)? Und was nützt das beste Social Network (Technologie), wenn die Kultur von Angst, Intransparenz oder Anweisung und Kontrolle geprägt ist (Organisationsdesign), sodass soziale Netzwerke noch immer nicht als Kommunikationsplattform genutzt werden? Oder was nützen agile Teams mit Gestalter-Persönlichkeiten (Mitarbeiterbefähigung), wenn in­terne Prozesse daran hindern zu experimentieren (Organisationsdesign)? Nichts. Deshalb besteht eine zentrale Aufgabe von Leadern darin, Systembrüche zu beseitigen, indem integrierte Lösungen geschaffen werden, die die Komplexität berücksichtigen, statt sie zu verhindern. Hierfür ist eine eigene, strukturierte Planung des Ziels wichtig.

Talente sind der Rohstoff der Zukunft

Phänomen

Das Phänomen der 5 Generationen (Bildquelle: Dr. Steffi Burkhart)

Deutschland hat nach Japan die zweitälteste Bevölkerung weltweit. Deutschland steuert auf eine neue Wachstumshürde zu, die das Potenzial hat, unsere Wirtschaft massiv zu schwächen: Der globale War for Talents. Die Folgen sind bereits spürbar, denn der fehlende Nachwuchs bremst unsere Unternehmen in Performance, Umsatz und Wachstum bereits jetzt aus. Schon lange liegen konkrete Zahlen, Prognosen und Lösungsansätze vor. Doch die Politik schläft. Und die Wirtschaft wird erst allmählich wach. Es ist höchste Zeit, aufzustehen und beherzt zu handeln. Bis 2030 wird Deutschland in eine tiefe Arbeitskräftekrise stürzen, denn es werden uns 8 bis 10 Millionen erwerbsfähige Menschen fehlen. Das ist knapp ein Fünftel der benötigten deutschen Arbeitskraft. Dem gegenüber stehen Berufe, beispielsweise Postboten, Landwirte, Zählerableser, Juweliere, Holzfäller, die in absehbarer Zeit an Bedeutung verlieren.

Die Entwicklung ist schon heute erkennbar – mit der Ausnahme der Ein- und Auswanderungssituation von Fachkräften und der Entwicklung der Robotik. Wenn Deutschland bis 2030 mit dem gleichen Bruttoinlandsprodukt wachsen will, benötigen wir laut Boston Consulting Group etwa 46 Millionen Erwerb­stätige. Demographisch sind wir bis dahin aber nur 37 Millionen Erwerbstätige. Das ist ein enormes Missverhältnis, das zukünftig ein sehr großes Problem darstellen wird.

Wie kommt das? Bis 2030 gehen die meisten Babyboomer in Rente und zu wenige junge Arbeitskräfte rücken nach. Hinzu kommt die sinkende Geburtenrate: Während 1964 noch 1,3 Millionen Babys geboren wurden, waren es 2017 nur noch 700.000. Das führt dazu, dass es im Jahr 2030 viel weniger Arbeitskräfte gibt.

Weltweit im gleichen Boot

Arbeitskräftekrise

Die globale Arbeitskräftekrise (Bildquelle: [2])

Ab 2030 werden global betrachtet fast alle vor dem gleichen Problem stehen: Auch Länder wie Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien oder die USA, die bis 2020 noch einen Arbeitskräfteüberschuss haben, werden 2030 ebenfalls Arbeitskräfte brauchen. Dann konkurrieren Unternehmen nicht mehr nur in der gleichen Branche, regional oder national um Millennials (Generation Y und Generation Z), sondern weltweit! „Wir werden einen globalen War for Talents erleben, der eine Weltwirtschaftskrise auslösen könnte, die schlimmer ist als die Finanzkrise 2008 und 2009“, ist Burkhart überzeugt. Und während Sie diesen Artikel lesen, „kaufen“ Google, Microsoft, Amazon und andere Tech-Giganten heimlich alle Talente im deutschen Markt auf. Damit bauen sie ihre Vormachtstellung in der IT-Technologie, dem größten Wachstumsmarkt der Welt, strategisch weiter aus. Was jetzt schon unsere globalen Player wie SAP, Bayer oder Continen­tal in Bedrängnis bringt. Am härtesten wird es aber den deutschen Mittelstand treffen.

Die Folgen sind bereits heute spürbar: Fehlender Nachwuchs bremst unsere Unternehmen in Performance, Umsatz und Wachstum jetzt schon aus. Nicht nur in klassischen Branchen mangelt es an Nachwuchs, sondern auch in unseren Schlüsseltechnologien Biotechnologie, Nanotechnologie, Photonik, Mikrosystemtechnik und allgemein im gesamten deutschen High-Tech-Sektor. Zu ergänzen sind hier auch Schlüsseltechnologien wie Blockchain und Künstliche Intelligenz als rele­vante Zukunftstechnologien.

Kulturwandel bitte

In Sachen Altersstruktur wird nur über die Rentenentwicklung gesprochen. Das ist ein völliges Versagen aller Wirtschafts- und besonders der Arbeitsminister/innen der letzten Jahre. „Wir, die Generation Y, haben keine Lobby in Deutschland, weil wir in der Minder­heit sind und die Alten in der Mehrheit (in der Gesamtbevölkerung). Deshalb plädiere ich schon lange für eine Jugendquote in Politik und Wirtschaft, bis in die Spitzenpositionen hinein. Und: Die Regierung auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene muss endlich anfangen mit uns in einen echten Dialog zu treten, statt nur einmal jährlich Jugendverbände oder –vertreter zu Craft Bier und Burger einzuladen und einzulullen. Wir fordern einen Austausch und Diskurs – auf Augenhöhe unabhängig von der Lobbymacht der einzelnen Generationen und der verstaubten Parteienpolitik! Das wäre ein neues Demokratieverständnis unabhängig von Mehrheiten“, fordert Burkhart.

Doch neben dem demographischen Wandel erle­ben wir einen weiteren, massiven Wandel: die Digitalisierung. Der Vorstandsvorsitzende von Google, Sundar Pichai, hat Anfang des Jahres die Künstliche Intelligenz „Google Duplex“ präsentiert. Sie kann telefonisch Friseurtermine ausmachen oder Reservierungen tätigen und wirkt dabei verblüffend echt. Denn sie bein­haltet Bestätigungsphrasen wie „mmm-hmm“ und passt sich dem Stimmmuster sowie dem Gesprächstempo der Person am anderen Ende der Leitung an.

„Wir befinden uns am Anfang der zweiten Stufe der Digitalisierung, in der es nicht mehr nur darum geht, Marketing oder Vertrieb zu digitalisieren, sondern Technologien wie Künstliche Intelligenz, Robotik, Automatisierung, das Internet der Dinge, Big Data oder den 3D-Druck in Geschäftsmodelle zu imple­mentieren und weiterzuentwickeln“, führt Burkhart aus.

Menschliche Intelligenz benötigt

Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit der Generationen gelingt dann, wenn diese miteinander und voneinander lernen. (Bildquelle: Dr. Steffi Burkhart)

Die Lücke, die der demografische Wandel mit sich bringt, lässt sich nicht einfach mit Technologie schließen. Künstliche Intelligenz oder Robotik sind zwar eine Unterstützung, aber der digitale Wandel bedeutet vor allem eins: Es wird mehr menschliche Intelligenz und mehr Kreativität benötigt. „Jobprofile verändern sich und ganz neue Jobs entstehen. Ein Großteil der Jobs von Morgen existiert heute noch gar nicht – schließlich kannten wir vor zehn Jahren auch noch keinen Social Media Manager“, erläutert Burkhart. Doch zu dieser Einsicht müssen viele Menschen erst kommen und sich für diesen Wandel öffnen.

Ein weiterer Knackpunkt ist, dass die Millennials Digital Natives sind, aber die Mehrheit dieser Generation gehört zu den Digitalen Anwendern. Sie kann beispielsweise ihr Smartphone, Tablet und Laptop bedienen, eine WordPress-Webseite aufbauen oder das Marketing digitalisieren – mehr aber auch nicht. In der zweiten Stufe der Digitalisierung werden Digitale Könner benötigt, die sich wirklich mit den neuen Technologien auskennen und die Infrastruktur des Internets mit verändern. Dieses Personal ist derzeit auf dem Markt aber nicht in ausreichender Menge verfügbar. Angebot und Nachfrage ste­hen im Ungleichgewicht. Tendenz steigend! Was heißt: Es schrumpft nicht nur allgemein der Pool an Arbeitskräften, sondern der Anteil hochqualifizierter, motivierter Talente wird sogar kleiner.

Millennials leben in einem Zickzack zwischen Vollzeitfestanstellung, Selbstständigkeit, Teil­zeitanstellung, Sabbaticals, Auslandsaufen­thalte und Branchenwechsel. Weshalb derzeit das flüchtigste Molekül in der Arbeitswelt tal­entierte Mitarbeiter sind – selbst die coolsten Tech-Unternehmen im Silicon Valley haben Probleme, talentierte Leute zu halten. Gerade bei den Hochqualifizierten steht die Selbständigkeit hoch im Kurs, was es noch schwieriger macht, junge Talente zu gewinnen und zu halten.

Warum sind Millenials so wertvoll?

Was genau macht Millenials zu den Machern von Morgen? Die Antwort: Wir leben heute in einer VUKA-Realität. „VUKA“ entstand in den 90er Jahren in einer Militärschule und steht für die vier Begriffe Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz. Diese vier Phänomene prägen unsere Zeit – als Brand-Beschleuniger treten die Digitalisierung und moderne Technologie wie die Künstliche Intelligenz hinzu. Sie bilden eine neue Welt, die sich mit alten Lehrbuchtheorien und dem Modus der Erfahrung, aus dem viele agieren, nicht erklären lässt. (siehe auch [3]).

Eigentlich liegt es auf der Hand: Der Einsatz intelligenter Technologie, vor allem die Infor­mations- und Datensammlung und ihre Verarbeitung in Echtzeit, wird es uns ermöglichen, Krankheiten zu besiegen, das menschliche Genom innerhalb nur weniger Minuten zum Preis eines Cheeseburgers zu entschlüsseln, Menschen zu richtigen Entscheidungen anzustoßen, das komplexe Wetter zu verändern und durch den Einsatz von Robotik die Land­wirtschaft zu revolutionieren. Theoretisch bereits alles möglich, scheitert aber derzeit noch an den technischen Möglichkeiten wie Speicherkapazitäten und Laufzeitproblemen. Die aber wohl wichtigsten Innovationen werden im Bereich der Energiereduktion und -gewinnung stattfinden – durch den Einsatz von Turbinen in Flüs­sen und Meeren, neuartige Solarpanels oder durch den Bau von Kernfusionsreaktoren zur Stromerzeugung.

Diese Technologien müssen erforscht, entwickelt, programmiert und gesteuert werden. Niemand ist mehr dazu geeignet als diejenigen, die in einer VUKA-Realität aufgewachsen sind: Sie haben ein digital geprägtes, vernetztes und kollaboratives Mindset und haben die Deutungshoheit über die wichtigste Massentechnologie unserer Zeit – das Internet. „Sie ahnen, auf wen ich hinaus möchte? Das sind die Digitalen Kön­ner der Millennials Generationen“, stellt Steffi Burkhart fest.

Talent ist Ressource der Zukunft

Personalknappheit, Digitalisierung und die Freelance Economy führen dazu, dass wir uns im War for Talents befinden. Vorausgesagt wurde dieser Kampf übrigens vor mehr als 20 Jahren in einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Im gleichnamigen Buch [4] wird die treibende Kraft, die über den Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen entscheiden wird, so beschrieben: hochmotivierte und talentierte Arbeitskräfte in Unternehmen holen, entwickeln und langfristig binden.

Burkart unterstreicht, dass es Talente nicht wie Sand am Meer gibt. Talente sind fast schon wie kleine schwarze Schwäne. Wie viele Talente gehen den Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit verloren, weil die HR-Abteilungen noch nicht verstanden haben, wie die modernen Lebensläufe heute funktionieren? Und wenn das die neue Realität ist, dann ist jeder, der in einer Führungsverantwortung ist, jeder, der Inhaber oder Geschäftsführer ist, mit in der Verantwortung eine  Talentpipeline aufzubauen und zu pflegen. Dieses Thema muss auf der Agenda ganz oben stehen, auf Platz 1! Nicht die Digitalisierung, nicht technologische Entwicklung, denn wenn nicht ausreichend gutes Personal vorhanden ist, können diese Entwicklungen nicht mehr erfolgreich vorangetrieben werden.

„Die Erwartungshaltung „on demand“ ist nun auch im Recruiting angekommen. Überprüfen Sie Ihren Bewerbungsprozess aus der „Canditdate Experience“ Perspektive“, rät Burkhart.

Single Moment of Truth

Wenn das die neue Realität ist, dann müssen sich Unternehmen die Fragen stellen:

  • Warum sollte sich ein junger Mensch für uns und nicht für die Konkurrenz entscheiden?
  • Was sind Mehrwert und Nutzen, den wir bieten?
  • Wie kommunizieren wir die Argumente nach draußen?

Hier sind die eigenen Mitarbeiter hilfreich, wenn diese Empfehlungsmarketing für das Unternehmen, in dem sie arbeiten, betreiben. Doch die Unternehmen müssen Talentsuche in allen Pools und auf Plattformen betreiben, Wege finden, um passive Kandidaten zu erreichen, Studenten die Möglichkeit für Praktika bieten oder Jobs neben dem Studium, mit der Aussicht auf Übernahme in das Unternehmen, Recruitingstrategie für jede Art von Talent entwickeln, Talente auf allen Ebenen in die Organisation holen und besonders wichtig das Thema permanent bearbeiten, 365 Tage im Jahr. „In Zukunft entscheidet der Single Moment of Truth darüber, ob Sie die Talente bekommen, oder ob andere schneller sind“, sagt Steffi Burkhart. „Ich glaube, HR hat noch nicht verstanden, dass die Mitarbeiter die eigenen Kunden sind und wie die jungen Generationen ticken. Die Millennials sind die erste Generation, die in ihrem Berufsleben vermutlich rund 8 Mal ihren Job wechseln wird. Davon mindestens dreimal die Branche oder sogar ein neues Jobprofil erlernen wird.“

Kulturwandel steht bevor

Arbeitsplätze

Arbeitsplätze der Zukunft (Bildquelle: Dr. Steffi Burkhart)

Wie schaffen es Organisationen diese jungen Leute langfristig zu halten? Zum einen, indem sie nah an ihnen dran sind und schauen, wie gut sich gerade im Unternehmen führen. Zum anderen, indem sie den Ort Arbeitsplatz neu denken. Denn junge Menschen werden in der Zukunft immer mehr an drei Orten arbeiten.

  • First Place: Das Homeoffice ist als alter­nativer, freiwilliger Arbeitsort nicht mehr wegzudenken. Das gesetzliche Recht auf ein Homeoffice wird kommen.
  • Second Place: Das Firmenbüro wird für vermehrt (teil-)virtuelle Netzwerkorganisationen zum Ort der Interaktion und des Wir-Gefühls mit einer hohen Erlebnis– und Aufenthaltsqualität.
  • Third Place: Weitere Orte wie Co-Working Spaces, Multi­funktionale Lofts an denen Arbeit stattfinden kann.

Burkart glaubt, dass junge Menschen ein wichtiger Treiber für den Kulturwandel, den jedes einzelne Unternehmen durchlebt, sein werden. Dieser findet immer auf mehreren Ebenen gleichzeitig statt – auf technologischer, organisatiorischer und menschlicher.

Die neue Denkweise richtet sich dabei nicht nur nach außen, sondern auch nach innen – auf die Unternehmenskultur: Die Vertreter der Millennials-Generation leben ganz neue Werte. Das hat eine Befragung der Boston Consulting Group mit 200.000 Jobsuchenden in 189 Ländern bewiesen: Die drei wichtigsten Punkte für junge Bewerber sind Wertschätzung ihrer Arbeit, gute Beziehungen zu Kollegen und Work-Life Balance. Das Gehalt kommt erst an achter Stelle. Wichtig sind den Jungen auch die tägliche Förderung und Forderung sowie Weiterbildung, um am Ball bleiben zu können. Dr. Burkhart verdeutlicht, dass wir einen Wandel hin zu einer Fokussierung auf die Unternehmenskultur erleben. Und diese wirft Themen wie Gehaltstransparenz, gleiche Bezahlung unter Geschlechtern und das Überdenken von Hierarchien auf.

Leadership gleich Leadership?

Was verstehen wir heute eigentlich unter Leadership? Junge Menschen wollen Leader, von denen sie geführt werden, und keine Mikromanager. Es wurden häufig Personen aufgrund ihrer Expertise wie der beste Vertriebler, der habilitierte Wissenschaftler zu Führungskräften befördert. Doch das hat sich in der Praxis als Trugschluss herausgestellt. Prof. Dr. Wolfgang Jenewein, Professor an der Universität St. Gallen, Schweiz, und Leadership-Trainer, sagt, dass alle Führungspersonen eine Frage aus tiefsten Herzen mit Ja beantworten können müssen. Und das ist die Frage: Mag ich Menschen wirklich? Denn erst, wenn eine Führungskraft diese Frage mit Ja beantworten kann, bringt sie die Voraussetzung mit, Lust darauf zu haben Menschen zu führen. Ihnen eine Vision vorzuleben, zu inspirieren, Menschen als Coach und Mentor zur Seite zu stehen, sie immer wieder zu challengen, dass sie besser werden in dem, was sie tun, dass aus Einzelkämpfern ein Topteam wird.

Erst wenn Technologie, Struktur und Mensch gleichwertig gelebt und entlohnt werden, ist es möglich eine Kultur aufzubauen, in der junge Talente Lust haben längerfristig zu arbeiten.

 

Literatur:

[1] Destatis, Jahr 2016

[2] Strack, R. et al. (2014): The Global Work­force Crisis: $10 Trillion at Risk, The Boston Consulting Group,

https://www.bcg.com/de-de/publications/2014/people-organization-human-resources-global-workforce-crisis.aspx (abgerufen am 08.05.2020)

[3] „VUKA Realität, Eine Welt mit neuen Spielregeln“ https://steffiburkhart.com/auswirkungen-der-vuka-realitaet-in-einer-welt-mit-neuen-spielregeln/, abgerufen am 08.05.2020)

[4] Ed. Michaels et al. (2002): The War for Talents, Harvard Business Press

 

Nachgefragt: Corona-Krise und Generation YZ

 

  1. Wird die Corona-Pandemie den Kulturwandel in den Unternehmen beschleunigen und welchen Vorteil sehen Sie für Generation Y?
Portrait Steffi Burkhart

Dr. Steffi Burkhart, Human Capital Evangelist (Bildquelle: Dr. Steffi Burkhart)

Das Erklärungsframework V.U.K.A. passt mehr denn je in die aktuelle Zeit. Als Beispiel: Als am 20. April 2020 der Ölpreis für WTI unter Null gesunken ist und später wieder auf 30 US Dollar geklettert ist, zeigte, dass die Volatilität unglaublich hoch ist. Der Ausbruch der Pandemie in Wuhan hat eine Auswirkung auf unser aller Leben, ist also ein klassisches Beispiel für die steigende Komplexität in der Welt – wobei man auch sagen muss, dass es sich hier um ein klassischen Black Swan Event handelt. Ein Ereignis, welches hätte eigentlich nicht in der Form und Intensität passieren dürfen. Die Reaktion der WHO am 11. März 2020 mit der offiziellen Verkündung der Covid-19 Pandemie ist viel zu spät erfolgt und auch die Reaktionen der weltweiten Regierungen erfolgten tatsächlich erst Wochen und Monate nach dem Ausbruch des Viruses bzw. nach dem Patienten Null. Zum Phänomen Unsicherheit: Länder reagieren auf den ersten Blick sehr ähnlich auf die Pandemie. Wenn man genauer hinschaut teilweise sehr unterschiedlich. Während Schweden, Singapur oder Südkorea relativ moderate Maßnahmen ergreifen, viele davon allerdings auch verhaltensökonomisch sinnvoll, erleben wir in Italien und Spanien als Beispiel extreme Verbote und absolute Quarantänesituationen und dadurch ein vollkommendes Erliegen der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens. Meistens ist es dann nicht das Black Swan Event selbst, dass zu einer Katastrophe führt, sondern was psychologisch gesehen später daraus resultiert. Aus meiner Perspektive muss man jetzt sehr stark darauf achten, welche Nebeneffekte und Nebenereignisse eintreten. Denn diese werden viel stärker unser Leben beeinflussen als das Virus selbst.

Die Corona-Pandemie ist ein Beschleuniger für die Digitalisierung und den Einsatz moderner Technologien wie die Künstliche Intelligenz. Unternehmen, die in den letzten Jahren wenig in die Digitalisierung von Arbeitsprozessen sowie Dienstleistungen & Produkten investiert haben, sind in der aktuellen Situation mit diesem Versäumnis stark konfrontiert. Bereits seit 5 Jahren versuche ich Unternehmen zu verdeutlichen, dass sie in die beiden Themen Human Capital und digitalen sowie technologischen Fortschritt investieren müssen. Aber kaum ein Unternehmen hat in den letzten Jahren in die digitale Infrastruktur und den First Place von Arbeit, dem Home-Office, investiert.

Wir stecken aktuell in einer schlimmen Krise. Wie sich diese auswirken wird, werden wir noch sehen. Es gibt in dieser Krise gerade keine Gewinner. Auf der Mitarbeiterebene können wir derzeit einen Performance Einbruch – insbesondere durch das Home-Office, und auch viel Angst erleben. Psychologisch gesehen leben wir derzeit in einer Zeit, in der viele Menschen Angst haben und aus Angst wird Aggression, was wir derzeit ganz stark in den USA beobachten können.

Am First Place von Arbeit fehlen soziale Interaktionen genauso wie eine vernünftige Arbeitsinfrastruktur. Auch zu beobachten ist, dass sich die Rollen stark retraditionalisieren. Home-Office bei gleichzeitigem Home Schooling der Kinder und Haushalt sind Aufgaben, denen sich vor allem Frauen annehmen und deshalb keine Zeit mehr für Karriere haben. Mit fatalen Folgen, denn vor allem in Krisenzeiten werden die nächsten Karriereschritte gemacht – nämlich von denjenigen, die in er Krise im Unternehmen sichtbar sind.

Der Second Place von Arbeit existiert praktisch derzeit auch nicht, weil die Menschen nicht in Büros sind. Wenn die Wirtschaft auf praktisch Null heruntergefahren wird, können wir nicht von Arbeit im klassischen Sinne sprechen.

Im Übrigen können wir die Versäumnisse der Digitalisierung derzeit auch ganz stark im Bildungsbereich – Schulen, Hochschulen und Universitäten beobachten.

 

  1. Wird die Corona-Pandemie den War for Talents noch verstärken?

Ganz klar Ja! Arbeitnehmer sind derzeit noch in Kurzarbeit. Ich gehe stark davon aus, dass wir früher oder später eine Entlassungswelle erleben werden. Was auf der einen Seite bedeutet, dass eine höhere Arbeitslosenquote auf uns zurollt. Ich kenne aktuell einige große Player, die einen Einstellungsstopp verhängt haben. Das macht es nun besonders für die junge Generation Z (*1996-2010) und auch die Generation Alpha (*2011-2015) schwierig, jetzt einen guten Job zu finden und eine gute Karriere zu starten.

Auf der anderen Seite ist der War for Talents relevanter denn je. In dieser aktuellen Krise in der wir einen massiven Performance Einbruch erleben, sind Talente sehr wichtig. In Organisationen fällt nun stärker auf, wer kann in dieser Krisenzeit wirklich performen und wer nicht. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen gerade jetzt auch in die Weiterentwicklung ihres Human Capital investieren.

Vor allem auf der Leadership Ebene brauchen wir jetzt sehr viel Führungsstärke und -qualität sowie eine ambidextrielle Führung ist nun notwendig. Eine Kombination aus Motivation und Prozesssicherheit. Auf der einen Seite geht es nun darum, Strukturen und Prozesse aufrechtzuerhalten und zu optimieren, auf der anderen Seite benötigt gerade die Belegschaft und Kunden in Zeiten wie diesen eine motivierende Führung, um eine solche Herausforderung gut meistern zu können.

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