Logo des Innovation Polymer Award

Die Biopolymer Innovation Awards werden am 11. Juni 2024 im Rahmen des Kongresses Biopolymer – Processing & Moulding in Halle verliehen. (Bild: Creatyp)

Ginge es um Fußball, hätte es Elfmeterschießen gegeben. Denn auch nach der „Verlängerung“ – einer zusätzlichen Entscheidungsrunde der Jury – stand es im Kampf um Platz Drei beim diesjährigen Biopolymer Innovation Award unentschieden nach Punkten. Die Jurymitglieder entschieden daraufhin, in diesem Jahr erstmals zwei dritte Preise zu vergeben. Was zugleich als Reverenz an die hochkarätige Konkurrenz zu verstehen ist.

„Forschungen und Anwendungen im Bereich der biobasierten und bioabbaubaren Kunststoffe beschreiten zunehmend Wege, die bis vor Kurzem noch niemand auf der Karte hatte“, resümierte Jurysprecher Peter Putsch nach der Wahl der Gewinner der Biopolymer Innovation Awards 2024. Der Vorsitzende der gemeinnützigen Fördergemeinschaft Polykum, die den Preis 2024 zum fünften Mal ausschrieb, verweist auf die zehn Finalisten des Jahrgangs, von denen mehrere sich im Wettbewerb ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den nun gekürten Preisträgern lieferten. Auch die nicht prämierten Projekte, vom biobasierten, ungiftigen Flammschutz für Kunststoffe bis zum bioabbaubaren Reinigungsgranulat für Kunststoffmaschinen, sprechen nach Putschs Überzeugung einmal mehr für die außergewöhnliche Vielfalt und Qualität des Wettbewerbs.

Alles zum Thema Biokunststoffe

Eine Hand reißt einen Papierstreifen weg. Darunter steht das Wort "Biokunststoff"
Wissenswertes über Biokunststoffe finden Sie in unserem Übersichtsartikel. (Bild: thingamajiggs - stock.adobe.com)

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft müssen verschiedenste Rädchen ineinander greifen. Doch wie schaffen wir es, die Dekarbonisierung unserer Gesellschaft umzusetzen? Biokunststoffe sind ein wichtiger Hebel um diesem Ziel näher zu kommen. Doch was wird unter einem Biokunststoff eigentlich verstanden? Wo werden diese bereits eingesetzt? Und ist "Bio" wirklich gleich "Bio"? Wir geben die Antworten. Alles, was Sie zu dem Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.

Diese Unternehmen erhalten einen Preis

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Vom Naturrohstoff Lignozellulose zum Biokunststoff PBS: Mit dieser Technologie zum Erzeugen von Bernsteinsäure im Doppelschneckenextruder könnte dieser Prozess künftig nicht mehr nur in großen Industrieanlagen, sondern in mittelständischen Sägewerken und Holzverarbeitungsunternehmen seinen Anfang nehmen. (Bild: TH Rosenheim)

Die vier Preisträger, die am 11. Juni 2024 beim Kongress Biopolymer – Processing & Moulding die handgefertigten Trophäen entgegennehmen können, stellen wir im Folgenden kurz vor (in umgekehrt alphabetischer Reihenfolge der Firmennamen):

Die Technische Hochschule Rosenheim überzeugte die Jury mit einem effizienten Verfahren im Prototypenstadium zur Herstellung von Bernsteinsäure. Als Rohstoffe werden Abfälle aus der Holzindustrie genutzt. Produziert wird unter Druck mit Unterstützung von Säurekatalysatoren und Mikrowellen in Extrudern, wie sie in der Kunststoffbranche zigtausendfach im Einsatz sind. Die notwendigen Investitionen werden für mittelständische Unternehmen erschwinglich sein. Sägewerke und andere Holzverarbeiter können mit der Technologie ganz neue Wertschöpfungsketten als Rohstofflieferanten unter anderem für die Kunststoffwirtschaft aufbauen. Aber auch ein Upscaling zu großen Anlagen ist möglich. Bernsteinsäure ist eine Plattformchemikalie nicht nur für die Herstellung des Biokunststoffs PBS.

Das sind die Jurymitglieder

Der Jury des Biopolymer Innovation Awards gehörten in diesem Jahr an:

  • Martin Bussmann, Manager Renewable Polymers and Chemicals, Neste Germany, Düsseldorf.
  • Simone Fischer, Verantwortliche Redakteurin des Fachmagazins PLASTVERARBEITER, Hüthig Medien, Heidelberg
  • Patrick Hirsch, Experte für Biokunststoffe am Fraunhofer Institut für Werkstoffe und Systeme (IMWS), Halle (Saale).
  • Peter Putsch, Vorstand der Polykum e. V. – Fördergemeinschaft für Polymerentwicklung und Kunststofftechnik in Mitteldeutschland, Merseburg.
  • Michael Walter, Global Business Development Manager, Wirthwein, Creglingen

Schutz für die kleinen

Ein Winzling mit nachhaltiger Wirkung: Nur 1,5 Gramm biobasierten und bioabbaubaren Kunststoffs sorgen dafür, dass ein junger Nadelbaum ungehindert wachsen kann! Denn das CroPro© getaufte „Krönchen“ schützt den Terminaltrieb vor Wildverbiss. Die Jury überzeugte die Kombination aus komplexem Design, kluger Materialauswahl und der Farbe, die ebenfalls eine Funktion erfüllt. Blau wirkt auf Wild abschreckend.
Ein Winzling mit nachhaltiger Wirkung: Nur 1,5 g biobasierten und bioabbaubaren Kunststoffs sorgen dafür, dass ein junger Nadelbaum ungehindert wachsen kann! Denn das Cropro getaufte „Krönchen“ schützt den Terminaltrieb vor Wildverbiss. Die Jury überzeugte die Kombination aus komplexem Design, kluger Materialauswahl und der Farbe, die ebenfalls eine Funktion erfüllt. Blau wirkt auf Wild abschreckend. (Bild: Neo-Plastic)

Neo-Plastic Dr. Doetsch Diespeck entwickelte gemeinsam mit Glenpro Ingenieurgesellschaft und KDS Kunststoffe-Dienstleistungen-Service einen innovativen Schutz gegen Wildverbiss. Dank einer augeklügelten Kombination von Material, Design und Farbe können Forstarbeiter das nur 1,5 g leichte „Krönchen“ namens Cropro aus Biokunststoff einfach auf die Baumspitzen stecken – und es dann sich selbst überlassen. Die „Stacheln“ und die blaue, für Wildtiere abschreckende Farbe des Spritzgussteils verhindern, dass Wild wie Reh oder Hirsch den für den Baum so wichtigen Terminaltrieb, also die Baumspitze, abnagen. Die selbstumschließende und zugleich flexible Form verhindert ein Abrutschen des schützenden Bioaufsatzes durch Wind und Wetter oder durch Abstreifen. Die offene Struktur des Bauteils verhindert Hitze- wie auch Nässestau und dehnt sich beim Wachstum der Baumspitze mit. Im Gegensatz zu anderen Schutzmaßnahmen muss das Spritzgussteil somit weder dem Baumwachstum angepasst, noch später aus Umweltschutzgründen eingesammelt werden. Denn bei Kontakt mit dem Waldboden wird der Biokunststoff durch Mikroorganismen und Abbauprozesse auf natürliche Weise zersetzen.

An der Zeit drehen

eingetrübte Flüssigkeit in einem Gläschen mit Deckel
Soll ein Biokunststoff ganz langsam, in Jahren zerfallen wie in dem hier dokumentierten Experiment – oder binnen Minuten? Dies in Kunststoffe „einzuprogrammieren“, hat sich das Start-up Green Foil Nature zur Aufgabe gemacht – und bedient sich dabei bewährter Technologien aus der Pharmaforschung. (Bild: Green Foil Nature)

Green Foil Nature verfolgt einen grundlegend neuen Ansatz, um den Abbau von Biopolymeren gezielt zu steuern. Das Start-up aus Schwerte nutzt für sein gegenwärtig entstehendes Baukastensystem von Zerfallsregulatoren unter anderem Algen und Technologien aus der Pharmaforschung. Die beiden Gründer haben als approbierter Apotheker und Ingenieur der Medizintechnik vor ihrem Start in die Selbstständigkeit bereits vielfältige Erfahrungen in gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten im Kunststoffbereich gesammelt. Sie geben sich nicht damit zufrieden, mit ihren neuartigen Zerfallsregulatoren, die als Pulver oder Granulat beim Compoundieren eingebracht werden, nur die Geschwindigkeiten von Zerfallsprozessen in Biokunststoffen zu beeinflussen. Erklärtes Ziel ist es auch, deren Auslösefaktoren wie Feuchtigkeit, pH-Werte oder Temperaturen in das Material „einzuprogrammieren“.

Cellulosebasierte Folie mit Durchblick

Obst auf einer weißen Schale auf einem Holztisch, eine dünne transparente Verpackungsfolie liegt davor
Sieht aus wie eine Kunststofffolie, besteht aber aus Cellulose: die biobasierte, biologisch abbaubare und recycelbare Verpackungsfolie von Cell-2-Green. Das Unternehmen ist aus Forschungsprojekten an der Universität Rostock hervorgegangen. (Bild: Cell-2-Green)

Cell-2-Green entwickelt einen ganzheitlichen kreislaufwirtschaftlichen Ansatz für den Austausch von allgegenwärtige PE-Folie durch eine biobasierte, biologisch abbaubare, recycelbare und kunststofffreie Verpackungsfolie. Der Service umfasst ein maßgeschneidertes Produkt für den Verbraucher sowie die Möglichkeit des Recyclings und Kosteneinsparungen durch CO2-Zertifikate. Die ultradünne, komplett transparente, und reißfeste Biofolie wird aus cellulosehaltigen Roh- und Abfallstoffe wie FSC-zertifizierte Bäume oder Abfälle der Papierindustrie, hergestellt. Das an der Universität Rostock entwickelte Produktionsverfahren kommt ohne toxische Chemikalien aus und bewahrt die natürliche Struktur der Cellulose. Die Folie enthält weder Weichmacher noch sonstige Zusatzstoffe, ist in der Erde und im Wasser mikroplastikfrei vollständig biologisch abbaubar. Der Prozess ermöglicht zudem das Recycling der Folien.

Eckdaten zur Preisverleihung

Die konkreten Platzierungen werden beim Internationalen Kongress „Biopolymer – Processing & Moulding“ bekannt gegeben, der am 11. Juni 2024 in Halle (Saale) stattfindet. Dem Sieger sowie dem Zweit- und den Drittplatzierten werden an diesem Tag die begehrten handgefertigten Trophäen überreicht. Die vier Preisträger stellen ihre Innovationen vor und stehen auch für Fragen aus dem Publikum in der Georg-Friedrich-Händel-Halle und im weltweiten Livestream zur Verfügung. Teilnehmer aus aller Welt können die Preisverleihung wie auch die gesamte Tagung wie gewohnt per Videostream kostenfrei in Echtzeit verfolgen und im Live-Chat mitdiskutieren.

Quelle: Polykum

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