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Mehrachsroboter im Einsatz (Bild: Arburg)

Bei der Verarbeitung von Kunststoffen eingesetzte Roboter und Handhabungssysteme dienen vor allem dazu, Kunststoffverarbeitungs-Maschinen in ihrer Funktion zu unterstützen und so den Fertigungsablauf zu vergleichmäßigen und zu beschleunigen. Da verwundert es nicht, dass der Schwerpunkt der Trend-Mitteilungen sich auf Steuerungen bezieht, die ein möglichst problemloses Zusammenspiel zwischen Robotern und Handhabungssystemen auf der einen Seite und den Kunststoffverarbeitungsmaschinen auf der anderen Seite ermöglichen sollen. Außerdem fällt auf, dass diese Mitteilungen ausschließlich von Spritzgießmaschinen-Herstellern getätigt wurden, während von den auf die Herstellung von Robotern und Handhabungssystemen fokussierte Firmen, die in der Marktübersicht überwiegen, keine Trends mitgeteilt wurden.

Erklärung hierzu liefert wohl die schon im vorigen Jahr von Arburg, Loßburg, getätigte Aussage, dass „die Maschinensteuerung“ der Spritzgießmaschine „heute als Einstell- und Kontrollsystem für den gesamten Spritzgießprozess fungiert und damit auch die Programmierung von integrierten Robot-Systemen umfasst.“ Aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit kann sogar auf separate zusätzliche Steuerungen für Peripherieabläufe außerhalb des Spritzgießprozesses verzichtet werden.

Spritzgießmaschinen-Steuerung als zentrales Bedienelement

Auch bei Engel, Schwertberg, Österreich, „gilt mit der weiter zunehmenden Komplexität der Fertigungsprozesse ein wesentliches Augenmerk in der Entwicklungsarbeit der Steuerungstechnik.“ So sei in einer integrierten Systemlösung die Steuerung der Spritzgießmaschine meistens das zentrale Bedienelement für den Gesamtprozess inklusive der auf den Kunden abgestimmten Anlagenkomponenten und Prozessschritte. Ein einheitliches Look and Feel und eine gemeinsame Bedienlogik steigern gemäß Engel zusätzlich die Übersichtlichkeit und den Bedienkomfort und reduzieren das Fehlerrisiko. „Vor allem in Betrieben, die bereits heute vom Fachkräftemangel betroffen sind, ist dies ein wesentliches Entscheidungskriterium, das für eine integrierte Systemlösung aus einer Hand spricht. Auch Mitarbeiter, die keine hohe Qualifikation mitbringen und noch nicht viel Erfahrung haben, können den Prozess sicher bedienen und eine hohe Fertigungsqualität erzielen.“

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Linearroboter für die Entnahme von Angüssen (Bildquelle: Wittmann)

Auch Wittmann Battenfeld Deutschland, Meinerzhagen, begegnet dem Problem fehlender Qualifikation von Mitarbeitern mit einer „intuitiven Programmführung“. Diese Programmführung dient der Minimierung der Einarbeitungszeit. „Dies kann durch logische Verknüpfung von Befehlen erfolgen. Die daraus resultierenden Befehlsgruppen können gleichzeitig aktiviert und deaktiviert werden. Dadurch wird die Programmstruktur vereinfacht und die Übersichtlichkeit erhöht.“

Schnittstellenlose Verständigung

Engel führt zu Steuerungen weiter aus, dass die vollständige Roboterintegration in die Steuerung der Spritzgießmaschine den Datenaustausch in Echtzeit ermöglicht. „Dies ist erreichbar, weil es sich hier nicht um eine Kommunikation über Schnittstellen handelt, sondern die Robotersteuerung als ein Teilsystem der Maschinensteuerung ausgeführt ist und Maschine und Roboter ein und dieselbe Datenbasis nutzen. So können Spritzgießmaschine und Roboter ihre Bewegungsabläufe optimal aufeinander abstimmen. In vielen Anwendungen reduziert dies die Zykluszeit.“ Dies geschieht beispielsweise, wie Wittmann Battenfeld ausführt, im Automatikbetrieb durch die Berechnung ab dem ersten Zyklus, wie lange die Öffnungsbewegung des Spritzgießwerkzeugs andauern wird. Bevor diese abgeschlossen ist, beschleunigt die Vertikalachse des Handhabungssystems und bewegt sich schon mit optimaler Geschwindigkeit zur Entnahmestelle, wenn die Öffnung abgeschlossen ist. Gleiches gilt für den Start der Auswerferbewegung in Abhängigkeit von der noch in Bewegung befindlichen Vertikalachse. Ebenso beginnt die Schließbewegung des Werkzeugs schon, bevor die Vertikalachse den Werkzeugraum verlassen hat. Bewegungsendpunkte werden nicht mehr abgewartet, was zu Verringerungen von Stillstandszeit und damit zu Zykluszeitverkürzung von nahezu 30 Prozent führt.

„Für die Echtzeitkommunikation zwischen Spritzgießmaschinen und Robotern unterschiedlicher Marken nutzt OPC UA“, wie Engel abschließend zu Steuerungen berichtet, „jetzt die Technologie TSN (Time Sensitive Network) und setzt damit einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Smart Factory. In der kommenden Euromap 79 wird OPC UA over TSN als Kommunikationsmodell gesetzt sein.“

Optimierte Antriebstechnik

Nach wie vor ist die Reduktion der Eingriffszeiten von Standard-Robot-Systemen zur Erhöhung der Produktivität im Fokus, worauf Arburg schon im vergangenen Jahr hingewiesen hat. „Servoelektrische Tauchachsen mit besonderer dynamischer Beschleunigung“ bieten hier ebenfalls ein deutliches Einsparpotential, das Arburg mit „rund einer halben Sekunde pro Zyklus“ beziffert. Zur Antriebstechnik weist Wittmann Battenfeld auf eine „Analyse der Motoren und Getriebekombinationen“ hin, die das Ziel hat, „kompaktere Bauformen zu realisieren“ und „die Leistungsdichte zu steigern bei gleichzeitiger Reduktion des Platzbedarfs am Roboter und in weiterer Folge im Werkzeugbereich“. Dies gelte im Besonderen für Zusatzrotationsachsen.

Kundenspezifische Gesamtlösungen sind gefragt

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Ausgefeilte Software ermöglicht die Optimierung der Roboterbewegungen. (Bildquelle: Engel)

„Die Nachfrage nach integrierten Gesamtlösungen steigt weltweit an“, teilt Engel mit und begründet dies damit, dass „neben dem Gewinn an Effizienz und Sicherheit für viele Kunden auch entscheidend ist, dass die Gesamtlösung CE-zertifiziert geliefert wird“ und sowohl „bei der Projektierung neuer Anlagen als auch im After-Sales-Service Aufwand reduziert und Zeit eingespart wird“. Auch Arburg sieht, dass „der Bedarf an kundenspezifischen Turnkey-Anlagen weiter steigt“. Hinzu kommt die zunehmende informationstechnische Vernetzung innerhalb der Fertigungszellen. Rückverfolgbarkeit, Produktion „on demand“ und Individualisierung sind nur einige Beispiele, die mit der Digitalisierung von Produktionsabläufen vorangetrieben werden. Um die Prozesse in einer Fertigungszelle zu überwachen und zu koordinieren, sind SCADA-Systeme gefragt. Über einzelne Prozessschritte hinweg lassen sich so teilespezifische Daten zusammenführen. Das ist eine ideale Basis für Big-Data-Analysen und ermöglicht eine Rückverfolgbarkeit zu 100 Prozent, was verstärkt in der Automobilindustrie, Medizintechnik und anderen sicherheitsrelevanten Bereichen gefordert wird.“ Ein neues Einsatzfeld für Roboter in der Kunststoffverarbeitung sieht Arburg in der „Automation additiver Fertigungssysteme“ und schreibt dazu, dass „sich damit auch über Nacht verschiedene Aufträge mannlos abarbeiten lassen“. Dies sei besonders interessant für die additive Fertigung einzelner Prototypen oder individualisierter Bauteile.

Optimierte Greiferfunktionen

Bei den Greifern sieht ASS Maschinenbau, Overath, vermehrt die automatisierte Fertigung von Mikro- und Kleinstbauteilen, wodurch „in kleinen Spritzgießmaschinen oder an kleinen Linearhandlings so oft auf engstem Raum Produkte entnommen und bewegt werden müssen“. Dies erfordert laut ASS immer filigraner und leichter werdende Handhabungslösungen. Ein ebenso starker Trend sei „der steigende Einsatz von abdruckarmen Komponenten im Bereich von transparenten Produkten oder anderen Sichtteilen“.

Während Arburg im letzten Jahr noch darstellte, dass aufgrund moderner Echtzeit-Ethernet-Feldbussysteme sich Funktionen direkt am Greifer steuern und überwachen lassen und dadurch zunehmend weitere Funktionen in den Greifer integriert werden, berichtet Wittmann Battenfeld von „strukturiertem Vorgehen zur Greifer-Vereinfachung“, was „Auslagern von Funktionen“ bedeutet. ASS stellt dagegen einen weiter anhaltenden Trend zur integrierten Angusstrennung im Greifer fest. Der Forderung nach immer höherer Positioniergenauigkeit wird gemäß Wittmann Battenfeld mit der Möglichkeit des Absteckens des Greifers im Werkzeug begegnet.

Leichtbau durch additiv gefertigte Greiferteile

Damit sinnvoll in das Werkzeug zu integrierende Funktionen weiterhin möglich sind und gleichzeitig höhere Geschwindigkeiten erreicht werden können, ist Leichtbau für die Greifer unabdingbar. Daher geht der Trend zur additiven Fertigung individualisierter Greiferbauteile, wie Wittmann Battenfeld und ASS Maschinenbau mitteilen. Dabei „muss die Kombination von Standardbauteilen mit 3D-gesinterten Sonderkomponenten eine stabile und prozesssichere Greifereinheit bilden“, ergänzt ASS Maschinenbau. Weiter berichtet dieses Unternehmen, dass die Replizierbarkeit von Anwendungen gestiegen ist. Greifer werden aus Kostengründen für neue Produkte umgebaut und müssen später erneut das vorherige Produkt handhaben. „Hier ist ein exakt replizierbarer Rückbau ausschlaggebend und so sind Skalen und Messpunkte an den verbauten Greifkomponenten notwendig.“

Energieeinsparung bei Greiferfunktionen

Ein Fokus zur Energieeinsparung liegt, wie Arburg berichtet, zunehmend auf den Greiferfunktionen. „Auf Basis eines echtzeitfähigen Netzwerksystems lassen sich beispielsweise Vakuumerzeuger deutlich energiesparender betreiben“, indem, wie im vorigen Jahr schon dargestellt wurde, „dank einer integrierten Vakuumregelung die Vakuumerzeuger nicht länger permanent eingeschaltet bleiben müssen, sondern in Abhängigkeit von einem vorgegebenen Schwellenwert automatisch ein- und ausgeschaltet werden können.“ Wittmann Battenfeld bezeichnet dies als „selbstregelbares Vakuum“, das zu „weniger Luftverbrauch“ führt.

 

 

ist freier Mitarbeiter des Plastverarbeiter. office@hoffmanns-texte.de

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