Sonne bestrahlt ein Hausdach

Passive Tageskühlung absorbiert keine Sonnenstrahlung und emittiert thermische Energie in das Weltall. Materialien mit passiv kühlenden Eigenschaften könnten auf Markisen, Jalousien oder Dächern Verwendung finden. (Bild: Daniela Leitner.)

Etwa 15 % des weltweiten Energieverbrauchs werden durch Kühlungssysteme verursacht: ein Anteil, der insbesondere aufgrund von Klimaveränderungen voraussichtlich noch steigen wird. Dieser Entwicklung will eine neue Technologie entgegenwirken: die passive Tageskühlung. Dabei wird die Aufheizung durch Sonneneinstrahlung vermieden und gleichzeitig die bereits vorhandene Wärme abgeführt, ohne dass eine externe Energiezufuhr nötig ist.

Folien aus recyceltem Kunststoff sollen passiv kühlen

In dem vom ERC geförderten Projekt mit dem Namen „Cool Chips“ wollen Prof. Dr. Markus Retsch und sein Bayreuther Mitarbeiter Dr. Qimeng Song aus Kunststoffabfällen, etwa von Chipstüten, großflächige Folien entwickeln. Diese könnten als nachhaltige Materialien beispielsweise auf Dächern, Jalousien und Markisen zur passiven Tageskühlung von Wohn- oder Bürogebäuden oder auch zur passiven Tageskühlung von Carparks eingesetzt werden. Das Projekt wird aus dem Programm „Proof of Concept Grants“ des Europäischen Forschungsrats (ERC) mit rund 150.000 Euro gefördert.

„Für die passive Tageskühlung sind Materialien erforderlich, die spezielle optische Eigenschaften haben: Sie dürfen kein Sonnenlicht im Wellenbereich zwischen 0,3 und 2,5 Mikrometern absorbieren, sondern müssen die gesamte Sonneneinstrahlung in diesem Wellenlängenbereich streuen oder reflektieren. Im Bereich zwischen 8 und 12 Mikrometern müssen sie hingegen möglichst effizient ihre thermische Energie in Richtung des Weltalls aussenden. Denn nur Licht in diesem schmalen Fenster ist imstande, die Atmosphäre zu durchdringen und ins Weltall zu entweichen“, sagt Retsch, der an der Universität Bayreuth einen Lehrstuhl für Physikalische Chemie innehat.

Dr. Qimeng Song und Prof. Markus Retsch
Dr. Qimeng Song und Prof. Markus Retsch haben die Projektidee zu Cool Chips entwickelt. Gemeinsam wollen sie nun die Idee in die Tat umsetzen. (Bild: Dominik Benke)

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Aluminiumlaminate dienen als Ausgangsmaterial

In der Forschung wurden bereits zahlreiche Materialien entwickelt, um die Potenziale der passiven Tageskühlung auszuloten und zu demonstrieren. Viele von ihnen besitzen eine metallische Rückseitenbeschichtung. An die mit diesen Materialen gewonnenen Erkenntnisse knüpft das Bayreuther Projekt an: Aluminiumlaminate sind häufig verwendete Verbundwerkstoffe für Lebensmittel- und Einwegverpackungen. Sie bestehen aus mehreren Schichten, die für Sauerstoff und Feuchtigkeit undurchlässig sind. Diese metallhaltigen Polymerfolien werden in großen Mengen in Form von kleinteiligen Produkten, beispielsweise als Tüten für Kartoffelchips, industriell hergestellt. Sie stellen die heute üblichen Recyclingtechnologien vor erhebliche Probleme, weil die recycelten Polymere durch das Aluminium verunreinigt werden. Zugleich aber enthalten Aluminiumlaminate eine das Sonnenlicht reflektierende Schicht, die sie für passive Kühlungstechniken attraktiv macht.

Das Bayreuther Forschungsteam will deshalb Aluminiumlaminate, die als kleinteilige Folien produziert und bereits recycelt wurden, als Ausgangsmaterialien nutzen: Zunächst sollen die recycelten Laminate zu großflächigen Folien weiterverarbeitet werden. Anschließend sollen ihre optischen Eigenschaften mit speziellen Beschichtungstechniken so verändert werden, dass sie zur passiven Tageskühlung optimal geeignet sind.

„Wenn es gelingt, die neuartigen Folien im großen Maßstab herzustellen, können daraus eine Vielzahl neuer Anwendungen für das Kältemanagement von Gebäuden, Klimaanlagen und weiterer Infrastruktur entstehen. Dies kann einen signifikanten Beitrag zu angenehm temperierten Wohnräumen und zur Senkung des durch Kühlungssysteme verursachten Energieverbrauchs leisten“, sagt Retsch.

Für sein Forschungsvorhaben „Visirday“ ist der Bayreuther Physikochemiker im Jahr 2016 vom Europäischen Forschungsrat mit einem „ERC Starting Grant“ ausgezeichnet worden. Im Rahmen dieses Projekts hat er sich intensiv mit der passiven Tageskühlung befasst und die konzeptionellen Grundlagen für die Entwicklung der erforderlichen Materialien gelegt. Mit dem neuen, ebenfalls vom ERC vergebenen „Proof of Concept Grant“ wird er diese Erkenntnisse nun für innovative Anwendungen nutzbar machen. Es handelt sich um ein Förderprogramm, an dem nur diejenigen Wissenschaftler*innen teilnehmen können, die bereits einen ERC Grant erhalten haben.

Quelle: Universität Bayreuth

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