Die Kunststoffbranche nimmt Anteil am Tod von Erwin Bürkle. Er war in zahlreichen Gremien aktiv und mit vielen Instituten sowie Organisationen in der Kunststoffbranche verbunden und hat dort vielfältigste fachliche Impulse gesetzt. Mit den folgenden Nachrufen honorieren sie sein Lebenswerk.
Der Wegbereiter des Spritzgießens im Reinraum ist 82-jährig verstorben
Das Deutsche Reinraum-Institut (DRRI) trauert um seinen langjährigen Beirat, Unterstützer und Ideengeber Dr.-Ing. Erwin Bürkle. Sein Tod im Alter von 82 Jahren hinterlässt im DRRI und in der Branche eine nicht zu schließende Lücke, so Dr. Gernod Dittel im Namen des Deutschen Reinrauminstitutes.
Erwin Bürkle genoss in der Reinraumtechnik hohes Ansehen durch sein umfassendes Wissen in der Kunststoffverarbeitung und deren Weiterentwicklung. Zeit seines Lebens strebte er danach, seiner Branche durch wissenschaftliche Erkenntnisse und stetige Entwicklungen neue und konkrete Problemlösungen zu ermöglichen. Dazu gehörte die anspruchsvolle Herausforderung des Spritzgießens im Reinraum – ein Verfahren, das heute international breite Anwendung findet.
Seinen durch stetige Fortbildung geprägten beruflichen Werdegang begann Erwin Bürkle mit einer Ausbildung zum Werkzeugmacher. Es folgte die Weiterbildung zum Industriemeister, bevor er Maschinenbau an der FH und der TU München studierte und schließlich am Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) der RWTH Aachen promovierte.
Von 1978 bis 2010 prägte Erwin Bürkle die deutsche Kunststoffbranche vor allem durch seine Arbeit bei Krauss Maffei Technologies in München. Als Leiter der Abteilung für Grundsatzentwicklung und neue Technologien brachte er die Kunststoffverarbeitung auf einen innovativen Pfad, der bis heute von vielen Unternehmen weiterverfolgt wird. Sein Know-how betraf vor allem die Spitzgießtechnik sowie das Zusammenwirken mehrerer Verarbeitungstechnologien. Als er 2009 von seinem langjährigen Arbeitgeber verabschiedet wurde, nannte ihn dieser einen „über Jahrzehnte entscheidenden Impulsgeber und für die gesamte Kunststoffbranche einen der bedeutendsten Brückenbauer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft“.
Erwin Bürkle hat sein Wissen gern geteilt. Neben seiner Tätigkeit als Fachbeirat im DRRI wirkte er in vielen Gremien und Fachbeiräten mit, etwa am IKV der RWTH Aachen, beim Süddeutschen Kunststoff-Zentrum Würzburg, beim VDI, VDMA oder bei der Fachhochschule Rosenheim.
Für seine fruchtbare Forschungsarbeit und praktische Wissensvermittlung wurde er 1998 als erster Preisträger mit dem Dr.-Richard-Escales-Medienpreis des Carl Hanser Verlags und des Verbands Deutscher Werkzeug- und Formenbauer (VDWF) ausgezeichnet. Den Preis erhalten seitdem Persönlichkeiten der Kunststoffindustrie, die sich wie er „in den Bereichen Ausbildung und Vermittlung von Wissen in Bereich der Kunststofftechnik verdient gemacht haben“. Neben weiteren Auszeichnungen erhielt er den Georg-Menges-Preis des Fachverbands Gummi- und Kunststoffmaschinen im VDMA, Plastics Europe Deutschland sowie der Vereinigung zur Förderung des IKV der RWTH Aachen.
Die Mitglieder des DRRI sind Dr.-Ing. Erwin Bürkle zu großem Dank verpflichtet und werden seiner mit der höchsten Wertschätzung gedenken. Wir werden ihn vermissen.
Quelle: DRRI
Nachruf der TH Rosenheim für Dr.-Ing. Erwin Bürkle
Mit tiefer Trauer nimmt die Technische Hochschule Rosenheim Abschied von Dr.-Ing. Erwin Bürkle, der am 29. Juli 2024 im Alter von 82 Jahren verstorben ist.
Erwin Bürkle hat die Hochschule Rosenheim seit 1996 intensiv unterstützt und maßgeblich zur Entwicklung und Förderung der Kunststofftechnik beigetragen. Seine Expertise und sein Engagement haben nicht nur unsere Hochschule, sondern auch die Studenten und das Fachgebiet selbst nachhaltig geprägt. Als Mitinitiator der „industriellen Projektarbeit“ im Bachelor Kunststofftechnik sowie der „Reinraumtage“ zeigt sich sein großer Einfluss auf uns in Lehre und Forschung, der noch lange fortbestehen wird. Erwin Bürkle war bis zuletzt ein verlässlicher Unterstützer unserer Hochschule. Sein unermüdlicher Einsatz und seine Innovationsfreude haben viele Projekte und Entwicklungen erst ermöglicht. Besonders viel Freude hatte er bei den regelmäßigen Treffen mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern, war stets ein Ideengeber und Förderer sowie Forderer des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Wir verlieren mit Erwin Bürkle einen herausragenden Wissenschaftler, Motivator, Impulsgeber, engagierten Lehrer und geschätzten Kollegen. Sein Vermächtnis wird in den zahlreichen Projekten und Initiativen weiterleben, die er ins Leben gerufen hat.
In tiefer Dankbarkeit und Anteilnahme, Technische Hochschule Rosenheim
Quelle: TH Rosenheim
Das IKV nimmt Abschied von seinem langjährigen Kuratoriumsmitglied Dr.-Ing Erwin Bürkle
Erwin Bürkle war dem IKV seit seiner Promotion als Externer im Jahr 1988 verbunden. Sie folgte auf ein nebenberufliches Ingenieurstudium an der FH München und ein Maschinenbaustudium an der TU München, das er 1978 mit einem Diplom als Entwicklungsingenieur in der Anwendungstechnik für Kunststoffmaschinen beendete. Als Externer wurde Erwin Bürkle bei Prof. Dr.-Ing. Georg Menges am mit der Arbeit „Verbesserte Kenntnis des Plastifiziersystems bei Spritzgießmaschinen“ zum Doktor-Ingenieur promoviert. Fast 50 Jahre war Erwin Bürkle für Krauss Maffei tätig und als Leiter Vorentwicklung/Neue Technologien und Technologie-Chancenerkennung über Jahrzehnte ein entscheidender Impulsgeber und für die gesamte Kunststoffbranche einer der bedeutendsten Brückenbauer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
In den 2000er Jahren war Erwin Bürkle bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2009 Mitglied des Kuratoriums des IKV. Sein besonderes Engagement galt der Fachbeiratsgruppe Spritzgießen, in der er über viele Jahre den Vorsitz hatte und die er auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand weiter aktiv begleitete. Auf diese Weise hat er Generationen von Studenten inspiriert und mit seiner bodenständigen bayerischen Art als Ratgeber und Motivator unterstützt. Bei Krauss Maffei war er als Leiter Vorentwicklung für zahlreiche Innovationen verantwortlich und hat daraus auch immer neue Impulse für die Forschung abgeleitet. So hat er sehr früh erkannt, dass Kunststoffe großes Potenzial haben, Glas als Standardmaterial für die Fertigung optischer Linsen abzulösen und diese Entwicklung gemeinsam mit IKV vorangetrieben.
Für seine Verdienste um die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis wurde er 2008 anlässlich des 24. Internationalen Kunststofftechnischen Kolloquiums des IKV in Aachen mit dem Georg Menges Preis ausgezeichnet der alle zwei Jahre vom Fachverband Gummi- und Kunststoffmaschinen im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Plastics Europe Deutschland e. V. sowie die Vereinigung zur Förderung des Instituts für Kunststoffverarbeitung in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen e.V. verliehen wird.
Erwin Bürkle ist Autor zahlreicher Publikationen, darunter die Fachbücher „Kombinationstechnologien auf Basis des Spritzgießverfahrens“ und „Reinraumtechnik in der Spritzgießverarbeitung“. Neben seinem Engagement in Kuratorium, Fachbeirat und Fördervereinigung des IKV war er im Fachbeirat des Süddeutschen Kunststoff-Zentrums Würzburg, in den Fachbeiräten "Spritzgießen" und "Medizintechnik" der VDI-Gesellschaft Kunststofftechnik, im VDI-K-Beirat, in der Innovationsinitiative Technik des VDMA, im Industriebeirat der Fachhochschule Rosenheim, bei Bayern Innovativ Beirat im Cluster "Neue Werkstoffe" aktiv und gehörte dem Herausgeberbeirat der Zeitschrift "Kunststoffe" an.
Das IKV verliert mit Erwin Bürkle einen meinungsstarken Innovator mit unerschöpflichem Wissen und Können und einen großen Motivator. Wir sind traurig über den Verlust eines großartigen Menschen und nehmen in großer Dankbarkeit Abschied von unserem treuen Begleiter und Freund.
Für die Institutsleitung und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann
Quelle: IKV
Krauss Maffei trauert um Dr.-Ing. Erwin Bürkle
Seine berufliche Laufbahn im Unternehmen begann Dr. Bürkle 1961 als Werkzeugkonstrukteur und später als Konstrukteur für Spritzgießmaschinen. Nebenberuflich absolvierte er ein Maschinenbaustudium an der FH München sowie TU München und arbeitete ab 1978 als Entwicklungsingenieur im Bereich Anwendungstechnik. Nach seiner Promotion an der RWTH Aachen leitete er bei Krauss Maffei die Abteilung Grundsatzentwicklung und neue Technologien und ebnete mit seinem vorausschauenden Einsatz in dieser Funktion den Weg für zahlreiche Erfolge im Bereich der Plastifizierungsentwicklung (zum Beispiel Krauss Maffei-Mischschnecke) und der Technologieentwicklung (unter anderem das Oberflächenveredelungsverfahren Skinform oder der IMC-Spritzgieß-Compounder). Auch nach seinem offiziellen Ruhestand im Jahr 2009 blieb Dr. Bürkle dem Unternehmen in beratender Tätigkeit verbunden.
Dr. Erwin Bürkle war gemeinsam mit seinem Team für zahlreiche Patente verantwortlich und trug damit maßgeblich zur Technologieführerschaft des Maschinenbauers bei. Als Autor von Büchern und Fachveröffentlichungen, Moderator und Redner bei Fachveranstaltungen sowie Experte in vielen Branchenverbänden machte er sich auch branchenübergreifend einen Namen. Außerdem war Dr. Bürkle Preisträger mehrerer Wissenschaftspreise. In der gesamten nationalen und internationalen Kunststoffbranche war er nicht nur als Koryphäe auf dem Gebiet der Spritzgießtechnik und Reinraumtechnik bekannt, sondern auch als Vordenker und Innovator.
Im Unternehmen war Dr. Bürkle aufgrund seines enormen Fachwissens hoch angesehen. Aber auch seine gewinnende und verlässliche Art wird vielen Kollegen noch lange in Erinnerung bleiben. Markus Bauer, Geschäftsführer der Krauss Maffei Technologies sagt: „Ich habe Erwin Bürkle als außerordentlich kluge und einfühlsame Persönlichkeit kennengelernt, die bei allen Kollegen hochgeschätzt war. Bereits als junger Ingenieur in seiner Abteilung hat mich seine Art mit Menschen umzugehen und seine fortwährende Hilfsbereitschaft sehr beeindruckt und nachhaltig geprägt. Wir werden sein Andenken stets in Ehren halten.”
Krauss Maffei trauert um seinen hochgeschätzten ehemaligen Mitarbeiter und spricht der Familie im Namen der Geschäftsführung sowie aller Kollegen aufrichtiges Mitgefühl aus.
Quelle: Krauss Maffei
Die Werkstoffexperten trauern um ihr Vereinsmitglied
Der Verein Forum Werkstoffe mit Sitz in Burgbernheim verliert mit Erwin Bürkle einen hochgeschätzten und engagierten Mitstreiter, der als langjähriges Mitglied den Aktivitäten des Vereins vielfältige wertvolle fachliche Impulse gegeben hat. Er wirkte aktiv bei der jährlichen Veranstaltung mit und öffnete dem Verein die eine oder andere Tür für eine Firmenbesichtigung.
Quelle: Forum Werkstoffe
Persönlicher Nachruf unserer verantwortlichen Redakteurin
Dr.-Ing. Erwin Bürkle war für mich ein Macher, Visionär, Netzwerker und eine Persönlichkeit, wie ich sie über all die Jahre in der Kunststoffbranche kein zweites Mal kennengelernt habe. Er begegnete seinen Gesprächspartnern immer mit Wohlwollen und stellte, egal ob im persönlichen Austausch, in Projektgesprächen oder auch in der Diskussion von Fachvorträgen immer die richtigen Fragen. Diese haben nicht nur einmal den wichtigen Impuls gesetzt, um beispielsweise die Entwicklung einer Technologie voranzubringen. Er wusste immer eine Firma, eine andere Universität oder einen Materiallieferanten, die man hierzu einbinden oder befragen konnte. Wichtig war ihm der Branchennachwuchs, sodass Generationen von Kunststofftechnikern von seinem umfassenden, fachübergreifenden technischen Wissen profitierten. Behalten wir den großartigen Menschen Erwin Bürkle in wohlwollender Erinnerung.