Saal mit vielen Menschen

Michael Wittmann begrüßte die Gäste der Comptence Days 2024 (Bild: Redaktion)

Das Motto der Veranstaltung „Wir sind Spritzguss“ war am Veranstaltungsort in allen Facetten präsent. Vom Temperiergerät, Beistellmühlen, digitalen Möglichkeiten über zahlreiche Roboter, die ihre Beweglichkeit zeigten, sowie Fertigungszellen und die bei den Anwesenden sehr begehrten Hololense-Brillen, wurde die gesamte Palette der Spritzgießtechnik mit dem Schwerpunkt auf der Digitalisierung gezeigt. Am Vormittag des ersten Tages hatten die Fachkräfte von Morgen Gelegenheit, sich über die Kunststoffverarbeitung zu informieren. Zum „Schülerprogramm“ für die vierten Klassen der HTLs (Höhere Technische Lehranstalt) und das TGM Wien gehörte auch einen Vortrag zum Thema „Kunststoff als Teil der Lösung für eine nachhaltige Zukunft – Ein Widerspruch?“ von Klemens Reitinger, Abteilungsvorstand Kunststoff- und Umwelttechnik am TGM in Wien. Im Anschluss an den Vortrag gab es angeregte Diskussionen, denn Reitinger hatte aufgezeigt, dass eine Zukunft ohne Kunststoff nicht möglich ist. Anschließend konnten die rund 300 jungen Menschen anhand der gezeigten Exponate Eindrücke von der Kunststoffverarbeitung samt inline-Recycling sowie Digitalisierung und KI sammeln.

junge Menschen in einer Ausstellung von Maschinen
Wittmann bot Schülern, den Fachkräften von Morgen, Einblicke der Kunststoffverarbeitung. (Bild: Redaktion)

An den Stationen standen Wittmann Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rede und Antwort und berichteten aus ihrem Berufsalltag. Die jungen Menschen verließen mit einem veränderten Blick auf das Thema „Plastik“ sowie einer von Michael Wittmann und Rainer Weingraber ausgesprochenen Einladung zu einer Werksbesichtigung die Marx Halle. Rainer Weingraber, Geschäftsführer Wittmann Battenfeld, erläuterte außerdem, dass es der Wittmann Gruppe wichtig war den Schülern zu zeigen, was heute bereits technologisch möglich ist und wo die Herausforderungen für die Zukunft liegen.

Statement von Michaele Plank, Generalsekretärin des Österreichischen Carbon Cycle Circle, zum Schülerprogramm

Frau vor einer Spritzgießmaschine
Michaela Plank (Bild: Redaktion)

Das Interesse der Schüler zum Thema Kreislaufwirtschaft & Recycling war sehr groß. Wir hatten in den Gesprächen die Möglichkeit einige Fragezeichen zu beseitigen. Zur Frage meinerseits wie sie zum Thema Plastik stünden, war der Vormittag und die Vorträge für viele ein „Eye opener“. Der Bogen der Antworten spannte sich von „Plastik ist böse“ bis „mit dem richtigen Umgang ist es ein sinnvoller Werkstoff“. Einige erkannten: „Ohne das Plastik schmeißt es uns ja in die Steinzeit zurück!“ Meiner Meinung nach wieder ein gelungener Baustein in der Aufklärung rund um die Kreislaufwirtschaft und den Wertstoff Kunststoff. Danke an die Firma Wittmann für diese Möglichkeit und den Austausch mit den Jugendlichen.

Michaela Plank unterstütze während des Schülerprogramms an der Station „Produktion ohne Abfall – wie sich Angüsse und Ausschussteile im Sinne der Kreislaufwirtschaft inline recyclen lassen“.

So steht es wirtschaftlich um die Gruppe

menschen
Michael Wittmann, Geschäftsführer der Wittmann Gruppe (links), und Rainer Weingraber, Geschäftsführer Wittmann Battenfeld gaben der anwesenden Fachpresse Einblicke in die wirtschaftliche Situation und die technologischen Neuerungen des Unternehmens. (Bild: Redaktion)

„Wirtschaftlich läuft es noch nicht auf allen Zylindern“, sagte Michael Wittmann bei der Eröffnung der Pressekonferenz im Rahmen der Veranstaltung. „Zwar werden wieder Projekte vergeben, wodurch es zur Belebung kommen wird“, so Wittmann, „jedoch können wir keine Wunder erwarten.“ Er ist sehr optimistisch, dass es ab dem dritten Quartal 2024 wieder aufwärts gehe, auch wenn der Anstieg langsam, also nicht V- oder U-förmig, erfolgen werde.

Für die Gruppe war das Jahr 2023 mit einem Umsatz von 400 Mio. Euro, das waren 6,6 % mehr als in 2022, das erfolgreichste Jahr der Firmengeschichte. Man war mit einem hohen Auftragsbestand gestartet und hat diesen bis ins Quartal 1/2024 abgearbeitet. Die Umsatzerwartung für das laufende Jahr liegt bei 360 bis 370 Mio. Euro. Der Auftragseingang sei global betrachtet sehr uneinheitlich – gut in Nordamerika, in Europa und Asien sei er schwächer.

Michael Wittmann ging auch auf die geplanten Investitionen in Ungarn, der Türkei und Indien ein. Der Standort im ungarischen Mosonmagyaróvár sei in der höchsten Ausbaustufe, sodass ein weiterer Standort in Ikreny zur Blechbearbeitung entstehen wird. Man gehe aufgrund der Fachkräftesituation weiter ins Landesinnere, bleibe jedoch westlich von Budapest. Weiterhin werden die Blechbearbeitung und Pulverbeschichtung sowie die Montagetätigkeiten im türkischen Werk in Dilovasi ausgebaut. In ein neues Werk im Großraum Chennai werde in Kürze in Indien die Produktion umziehen. Am Standort werden rund 5.000 m² für die Produktion der Produkte für den lokalen Markt sowie Middle East zur Verfügung stehen.

Warum die Produktion mit Gleichstrom autark ist

Menschen vor einer Maschine
Die mit Gleichstrom betriebene Maschine und Peripheriegeräte sind interessant, um energieautark arbeiten zu können. (Bild: Redaktion)

Während der beiden Tage waren 12 Maschinenexponate zu sehen: Die eine Hälfte in der Marx Halle, die andere bei der Werksbesichtigung in Kottingbrunn. Eine Ecopower B8X 180/750+ in DC-Ausführung produzierte Deckel aus PP. Sowohl der eingesetzte Roboter WX142 und das angeschlossene Temperiergerät Tempro plus waren ebenfalls in DC-Ausführung, sodass sie über den Gleichspannungszwischenkreis der Maschine versorgt wurden. Michael Wittmann ist überzeugt, dass die Technik, bei zunehmenden Ausfällen des öffentlichen Stromnetzes, an Attraktivität gewinnen wird, da dadurch Netzausfälle kompensiert werden könnten. Weiterhin verringert sich durch den Einsatz von Sonnenstrom beim Produkt-Carbon-Footprint (PCF) der Anteil durch die Produktion.

Der PCF der Produktion kann künftig direkt über die Maschinensteuerung ermittelt werden. Hierzu werden Daten aus der MES-Lösung Temi+ mit Daten aus der Energieüberwachungssoftware Imagoxt zusammengeführt. Die Ermittlung ist komplex, da auch die Daten von Roboter und den Peripheriegeräten erfasst werden müssen. „Der Einfluss der Energie zur Teileproduktion schwankt mit dem Strommix, den der Verarbeiter bezieht“, erläutert Michael Wittmann. „Den höchsten Anteil am PCF hat jedoch mit rund 85 % das Polymer, sodass der Einsatz von Rezyklaten forciert werden wird. Aber auch durch physikalisches Schäumen reduziert sich der PCF eines Bauteils, da weniger Polymer benötigt wird.“ Perspektivisch will das Unternehmen die gravimetrischen Mischer mit NIR-Sensoren ausstatten, um einerseits die Farbkonstanz und andererseits die Rezyklatqualität zu überprüfen und eine Materialverwechslung auszuschließen.

Digitalisierung und KI gehören dazu

Gezeigt wurde auch eine Wittmann 4.0 Arbeitszelle. Hier produzierte eine Smartpower B8X 60/350 in einem Vierfachwerkzeug Wäscheklammern. Bei einer Wittmann 4.0 Arbeitszelle sind Roboter und Peripherie horizontal in die Steuerung der Maschine integriert und werden automatisch erkannt. Außerdem wird ein Plausibilitätscheck durchgeführt, um sicherzustellen, dass die richtigen Geräte angeschlossen sind.  Grundlage hierfür ist ein digitales Werkzeugdatenblatt, auf dem alle Geräte sowie die für die Produktion relevanten Datensätze hinterlegt sind. Dies sorgt dafür, dass der Verarbeiter sofort produzieren kann, denn die für das Werkzeug optimalen Prozessparameter werden über die gesamte integrierte Produktionszelle hinweg automatisch eingestellt. Die HIQ-Anwender-Softwarepakete, die vom Markt länderspezifisch unterschiedlich angenommen werden, unterstützen den digitalisierten Prozess. „Viele Maschinen werden mit Smart-Machine-Lösungen, aber auch beispielsweise unserem MES-System Temi+, ausgeliefert. Hier erkennen bereits viele Verarbeiter den Nutzen“, erläutert Weingraber. „Weitere digitale Produkte befinden sich in Vorbereitung. Ziel ist ein digitaler Produktpass.“

Zitat

Das Herzstück der Digitalisierung ist die Kommunikation.

Michael Wittmann

Weiterentwickelt wurde auch das Thema Mixed Reality mit dem Einsatz von Hololense-Brillen. Die Sprachsteuerung der Spritzgießmaschine gestaltet sich beispielsweise aufgrund der Umgebungsgeräusche als anspruchsvoll. Es befinden sich deshalb aktuell Brillen bei ausgewählten Kunststoffverarbeitern im Test, um zum einen die Erwartungshaltung an das System besser kennenzulernen und Rückmeldungen bezüglich der Funktion zu erhalten.

Menschen vor einer Maschine
Ein Blick durch die Hololense-Brillen war am Vormittag bei den Schülern und am Nachmittag bei den Kunststoffverarbeitern sehr begehrt. (Bild: Redaktion)

Vorgestellt wurde der KI unterstützte Helpdesk AIM4Help – der Service, der nie schläft. Er basiert auf der OpenAI Technologie, wird derzeit intern getestet und ist als First-Level-Support vorgesehen. Als Trainingsdaten des privaten neuronalen Netzwerks dienen sämtliche Bedienungsanleitungen, technische Unterlagen und Trouble-Shooting-Guides des Unternehmens. „Eintrainiert wird aber auch das Wissen der erfahrenen Techniker, die in absehbarer Zeit in Rente gehen werden, damit ihr Wissen nicht verloren geht“, berichtet Wittmann und versicherte, dass die Hotline auch weiterhin mit Servicetechnikern besetzt sein wird.

Kleine? Feine? Nein, Mikrostrukturen

Mann vor Mikroskop
Feinste Strukturen können im Mikrospritzguss hergestellt werden. (Bild: Redaktion)

Ohne Mikroskop ging nichts, wenn man die Nanostrukturen der Wittmann Weltkarte auf dem Demoplättchen erkennen wollte. Diese wurden auf einer Mikropower 15/10 in einem Werkzeug mit additiv gefertigten Formeinsätzen hergestellt. Die Einsätze sind rund 10 x 10 mm groß und wurden mit Photonenlasertechnologie hergestellt. Der Werkstoff der Einsätze wird stückzahlabhängig ausgewählt und kann Stahl, Epoxidharz oder auch Keramik sein. Die aus PP gespritzten Plättchen wiegen lediglich 135 mg pro Stück, das Schussgewicht mit Anguss beträgt 560 mg. Dieses Kunststoffteil war das kleinste während der Competence Days hergestellte. Eine Logistikpalette, die im Werk in Kottingbrunn auf einer Makropower 2200/30000 produziert wurde, das größte.

älterer Herr auf einer Bühne bei einem Vortrag
Firmengründer Dr. Werner Wittmann eröffente die Vortragsveranstaltung. (Bild: Redaktion)

Zur Vortragsveranstaltung begrüßte Firmengründer Dr. Werner Wittmann die internationalen Gäste. „Ich bin stolz auf das Erreichte und danke Ihnen für Ihr Kommen zu den Competence Days.“ Die Reihe der Fachvorträge zum Themenschwerpunkt Digitalisierung wurde von Dr. Mikula Thiem vom VDMA eröffnet. Er betrachtete das Thema Digitalisierung aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln. Er wies unter anderem auf die Notwendigkeit hin, dass für einen Datenaustausch Maschinen und Geräte die gleiche Sprache sprechen. Die weiteren Vorträge stammten von Fachexperten der Wittmann Gruppe, die den Gästen anhand interaktiv gestalteter Präsentationen Einblick in die Entwicklungen der Gruppe im Bereich der Digitalisierung gaben.

Mann auf Bühne
Dr. Alexander Kronimus bei seiner Keynote zu Beginn der Abendveranstaltung. (Bild: Redaktion)

Die Abendveranstaltung wurde von Dr. Alexander Kronimus, kommissarischer Hauptgeschäftsführer von Plastics Europe Deutschland, mit der Keynote „AI and Digitalization – the Gamechanger for the Plastics Industrie“ eröffnet. Danach klang der Tag bei einem gemütlichen Abendessen, Public Viewing und guten Gesprächen aus.

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Wittmann Battenfeld GmbH

Wiener Neustädter Str. 81
2542 Kottingbrunn
Austria