
Udo Hinzpeter, seit Dezember 2024 einer der Geschäftsführer am Kunststoff-Institut Lüdenscheid. (Bild: Redaktion)
Herr Hinzpeter, Sie sind bereits seit über 30 Jahren am Kunststoff-Institut Lüdenscheid tätig. Welche Meilensteine Ihrer Laufbahn haben Sie besonders geprägt?
Udo Hinzpeter: Ich hatte das Glück in den ersten Berufsjahren ein breites Wissen und viel Erfahrung aufbauen zu können, was eine solide Basis für meine weitere Entwicklung darstellte. Durch meine umfassenden Tätigkeiten in den Bereichen Simulation, Werkzeug-, Prozess- und Beschichtungstechnik sowie kunststoff- und werkstoffgerechte Artikelkonstruktion konnte ich eine starke Grundlage schaffen.
In meiner Rolle als Leiter der Forschung und Entwicklung war ich maßgeblich an der Entwicklung verschiedener variothermer Temperiertechniken, wie der induktiven Erwärmung von Spritzgießwerkzeugen, beiteiligt, und konnte damit für das KIMW wichtig Impulse im Bereich der Werkzeugtechnik setzen.
Ein weiterer Meilenstein war die Übernahme der Geschäftsführungstätigkeiten und der Aufbau der KIMW-Forschungs-gGmbH. Diese Position ermöglichte es mir, strategische Entscheidungen zu treffen und die Forschungsaktivitäten des Instituts weiter voranzutreiben.
Sie haben von Stefan Schmidt, der zum 1. Dezember 2024 in den passiven Teil der Altersteilzeit ging, die Geschäfts- und Institutsleitung übernommen. Was sind Ihre kurzfristigen und langfristigen Ziele?
Hinzpeter: Die Leitung des Instituts liegt in den Händen von Thomas Eulenstein und mir. Gemeinsam mit dem gesamten Führungsteam und den Mitarbeitern arbeiten wir derzeit daran, in den kommenden Monaten die Effizienz und Qualität unserer Dienstleistungen zu verbessern. Dazu optimieren wir interne Prozesse, um schneller und präziser auf Kundenanforderungen reagieren zu können. Gleichzeitig intensivieren wir den Austausch mit unseren Kunden und entwickeln maßgeschneiderte Lösungen, die ihre aktuellen Herausforderungen gezielt angehen.
Langfristig erweitern wir als Kunststoff-Institut Lüdenscheid unser Dienstleistungsportfolio, um insbesondere KMU in einem dynamischen Marktumfeld mit innovativen Lösungen zu unterstützen. Dazu gehört die Investition in Forschung und Entwicklung, um beispielsweise neue Materialien und Verfahren zu praxisrelevanten Lösungen in möglichst kurzer Zeit für unsere Kunden und Branchen zu entwickeln.
Unser Ziel ist es, nicht nur auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren, sondern uns als verlässlicher und innovativer Partner der Kunststoffbranche zukunftssicher aufzustellen. Mit fortschrittlichen Lösungen schaffen wir langfristigen Mehrwert für unsere Kunden und tragen aktiv zur Wettbewerbsfähigkeit der Branche bei.
Was Sie über PFAS wissen müssen

Fluorpolymere und weitere fluorhaltige Substanzen sollen verboten werden. Eine ihrer herausragenden Eigenschaften – die Beständigkeit – könnte ihr Verbot bedeuten. Für Sie haben wir das Thema PFAS aus verschiedenen Blickwinkeln während der Widerspruchsfrist beleuchtet und halten Sie künftig zu PFAS-Alternativen auf dem Laufenden. Alles, was Sie zum Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.
Inwiefern beeinflusst die aktuelle wirtschaftliche Lage die Investitionsbereitschaft von Unternehmen in der Kunststoffbranche gerade auch in Aus- und Weiterbildung?
Hinzpeter: Die aktuelle wirtschaftliche Lage hat einen erheblichen Einfluss auf die Investitionsbereitschaft von Unternehmen in der Kunststoffbranche, insbesondere in den Bereichen Aus- und Weiterbildung. Während der Finanzkrise 2008/2009 haben viele Unternehmen massiv in die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter investiert, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese Investitionen wurden als notwendige Maßnahme angesehen, um die Krise zu überwinden und gestärkt daraus hervorzugehen.
In der gegenwärtigen Situation beobachten wir jedoch eine starke Zurückhaltung der Unternehmen, wenn es um Investitionen in Aus- und Weiterbildung geht. Diese Zurückhaltung ist wahrscheinlich kostengetrieben, da viele Firmen versuchen, ihre Ausgaben zu minimieren und ihre finanzielle Stabilität zu sichern. Dies geschieht trotz der Tatsache, dass der Fachkräftemangel in der Branche angekommen und real ist, im Gegensatz zu 2008, als dieses Problem weniger ausgeprägt war.
Trotz steigender Herausforderungen kürzen viele Unternehmen gerade jetzt ihre Budgets für Aus- und Weiterbildung – ein riskanter Schritt. Denn qualifizierte Mitarbeiter sind ein Schlüssel zu Kosteneinsparungen und effizienteren Produktionsprozessen. Optimal eingestellte Spritzgießverfahren senken nicht nur die Produktionskosten, sondern verbessern auch die Produktqualität und stärken die Wettbewerbsfähigkeit. Wer an der Qualifizierung spart, riskiert langfristig Wettbewerbsnachteile und verpasst die Chance, das volle Potenzial einer gut ausgebildeten Belegschaft auszuschöpfen.
Der Fachkräftemangel in der Industrie ist immer noch präsent. Welche Lösungsansätze sehen Sie, um diesem entgegenzuwirken?
Hinzpeter: Angesichts des Fachkräftemangels ist es unerlässlich, bestehende Arbeitskräfte weiter zu qualifizieren. Doch das allein wird nicht ausreichen, um den kurz- und mittelfristigen Bedarf an Fachkräften zu decken. Bereits heute bleiben über 500.000 Stellen in Deutschland unbesetzt.
Deshalb müssen die Kunststoffbranche, andere Fertigungstechnologien und der Maschinenbau bei jungen Menschen wieder ein positives Image erarbeiten, um sie für technische Ausbildungen und Studiengänge zu gewinnen. Die stark rückläufigen Studentenzahlen in vielen technischen Studiengängen lassen für die nahe Zukunft nichts Gutes erahnen. Das wichtigste Kapital Deutschlands sind gut ausgebildete Menschen mit ihren Fähigkeiten und ihrem Know-how. Das müssen wir uns alle bewusst machen, wenn wir im globalen Wettbewerb weiterhin eine Rolle spielen wollen.
Migration spielt dabei eine weitere Rolle. Um unser Bruttoinlandsprodukt auf dem heutigen Niveau und damit unseren Lebensstandard zu halten, benötigen wir eine Zuwanderung von 400.000 Menschen pro Jahr – eigentlich sogar 800.000, wenn man bedenkt, dass nur jeder zweite dem Arbeitsmarkt zeitnah zur Verfügung steht. Natürlich sind damit Herausforderungen verbunden, insbesondere die Qualifizierung dieser Gruppe für unsere Gesellschaft.
Bietet beziehungsweise unterstützt Ihr Institut konkrete Projekte oder Programme, um Nachwuchs in der Kunststoffbranche zu fördern?
Hinzpeter: Das Kunststoff-Institut engagiert sich seit vielen Jahren in vielfältiger Weise, um Nachwuchs für die Kunststoffbranche zu gewinnen, insbesondere in der Region Südwestfalen. Bereits vor über zehn Jahren hat das KIMW in Zusammenarbeit mit Arbeitgeberverbänden und Industrie- und Handelskammern aus der Region Südwestfalen erfolgreich drei Stiftungsprofessuren für Kunststofftechnik an der Fachhochschule Südwestfalen initiiert.
Seit über einem Jahrzehnt bilden wir erfolgreich Auszubildende in den Bereichen Kunststoff- und Kautschuktechnologie sowie Werkstoffprüfung Kunststoff aus, um so unsere eigenen Fachkräfte für das KIMW zu gewinnen. Darüber hinaus bieten wir Studenten die Möglichkeit, ihre Abschlussarbeiten in Zusammenarbeit mit dem KIMW zu erstellen, sowie Praktika für Schüler und Abiturienten an.
Darüber hinaus organisieren wir regelmäßig Ausbildungsbörsen und Berufsfelderkundungstage in Kooperation mit lokalen Unternehmen und Schulen. Diese Veranstaltungen bieten jungen Menschen die Möglichkeit, die verschiedenen Berufsfelder in der Kunststoffbranche kennenzulernen und erste Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern zu knüpfen.
Zum Ende des Jahres 2023 haben wir unsere Türen für den Tag der Maus geöffnet und interessierte Kinder sowie ihre Eltern eingeladen. An diesem Tag konnten wir ihnen die Vorteile und die Notwendigkeit der Kunststofftechnik näherbringen, insbesondere da dieser vielseitige Werkstoff in den letzten Jahren medial oft negativ dargestellt wurde. Unser Ziel ist es, das Interesse und die Begeisterung für die Kunststofftechnik zu wecken und den Nachwuchs für diese zukunftsträchtige Branche zu gewinnen.

Das Kunststoff-Institut führt seit vielen Jahren Verbund- und ZIM-Innovationsnetzwerke zu Trend- und Zukunftsthemen durch. Was sind hier die aktuellen Schwerpunkte?
Hinzpeter: Bei den Verbundprojekten liegen die Schwerpunkte im Bereich der Materialität, wie zum Beispiel EMV-Abschirmung oder Recycling oder auch das VP Technologiescout. Dieses konnten wir erfreulicherweise, trotz der schwierigen Umfeldbedingungen, als sechstes Folgeprojekt erfolgreich akquirieren, sodass wir nun mit rund 20 Projektfirmen starten. Wir gehen mit diesem Projekt in die Folgejahre 15 bis 17.
Die ZIM-Innovationsnetzwerke ermöglichen Unternehmen, sich frühzeitig an neuen Geschäftsfeldern und Megatrends auszurichten. Durch gezielte Innovationsförderung sichern sich die Partner nachhaltige Wettbewerbsvorteile und stärken ihre technologische Position. Aktuell betreuen wir drei Netzwerke und stehen kurz vor dem Start eines weiteren, das sich zentralen Zukunftsthemen wie Wasserstoff, optischen Technologien, alternativen Rohstoffen und Medizintechnik widmet. Mit rund 150 Netzwerkpartnern fördern wir den Wissenstransfer zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen, um innovative Produkte und Verfahren gezielt voranzutreiben. Ein aktuelles Beispiel ist das im November 2024 gestartete Innovationsnetzwerk Healthgogreen – Industrie trifft Gesundheit: Nachhaltige Innovationen in der Medizinbranche. Mit 25 teilnehmenden Unternehmen, darunter auch Partner aus dem europäischen Ausland, setzt es auf branchenübergreifende Zusammenarbeit, um nachhaltige Lösungen für den Gesundheitssektor zu entwickeln.
Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.
SAVE THE DATE: Praxisforum Kunststoffrezyklate 2025

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Gibt es aktuell Förderprogramme oder Zuschüsse, die Firmen hinsichtlich eigeninitiierte Entwicklungs- und Forschungsprojekten unterstützen?
Hinzpeter: Seit dem 2. Januar 2020 haben alle steuerpflichtigen Unternehmen in Deutschland, unabhängig der Unternehmensgröße, Anspruch auf eine Forschungszulage gemäß dem Forschungszulagengesetz (FZUlG), wenn sie in eigenbetriebliche Forschung und Entwicklung investieren und keine anderen Fördermittel beanspruchen. Diese Zulage bietet ein leicht zugängliches Förderinstrument mit geringem bürokratischem Aufwand und setzt im Vergleich zur klassischen Projektförderung eine geringere Innovationshöhe voraus. Viele Entwicklungsprojekte, die die hohen Anforderungen der Projektförderung nicht erfüllen, sind dennoch förderfähig. Unternehmen können Lohn- und Gehaltskosten für F&E-Aktivitäten von der jährlichen Steuerschuld abziehen und eventuelle Überschüsse erstattet bekommen. Dies gilt auch für die Vergabe von F&E-Aktivitäten an Dritte. Auch Unternehmen in Verlustphasen profitieren von der Förderung. Mittlerweile haben wir mehr als 40 Anträge erfolgreich für Unternehmen ins Ziel gebracht. Somit konnten wir dazu beitragen, dass über 3,3 Mio. Euro Zuschüsse in die Unternehmen zurückgeflossen sind.
Gibt es auch Fördermöglichkeiten für Unternehmen, wenn diese mit externer Unterstützung Prozesse optimieren und Ausschuss minimieren möchten, um die laufenden Materialkosten zu senken?
Hinzpeter: Ja, es gibt Fördermöglichkeiten für Unternehmen, die mit externer Unterstützung Prozesse optimieren und Ausschuss minimieren möchten, um die laufenden Materialkosten zu senken. In einigen Bundesländern gibt es sogenannte Beratungsförderungen, die darauf abzielen, Potenziale im Bereich der Ressourcen- und Materialeffizienz zu identifizieren und zu heben. In Nordrhein-Westfalen (NRW) steht ein sehr pragmatisches und umfangreiches Förderinstrument zur Verfügung, das mittlerweile auch breiter in Richtung Circular Economy ausgerichtet wurde. Hierbei stehen nicht nur klassische Ressourceneffekte im Mittelpunkt der Beratung. Aus über 40 bilateralen Projekten wissen wir, dass bereits kleine Maßnahmen oft zu erheblichen Einsparungen führen können. Ein externer Blick kann hier bares Geld wert sein.
In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz (RLP) gibt es ähnliche Ansätze, die zwar nicht den Umfang des NRW-Förderinstruments bieten, trotzdem aber als Unterstützung durch externe Experten eine gute finanzielle Hilfe darstellen, um die entstehenden Beratungskosten abzufedern. Es wäre natürlich wünschenswert, diese Förderungen auch in anderen Bundesländern auszurollen, da sie konkrete Arbeit in den Unternehmen ermöglichen und der bürokratische Aufwand auf ein gut vertretbares Maß reduziert ist.
Wie sehen Sie die Zukunft der Kunststoffbranche in Deutschland? Welche Herausforderungen und Chancen erwarten Sie?
Hinzpeter: Es ist entscheidend, diese Zeit auch als Chance zu begreifen, um sich den zukünftigen Herausforderungen zu stellen. Jede Krise birgt immer auch die Möglichkeit zur Erneuerung und Verbesserung.
Wir müssen uns darauf einstellen, dass die verlässliche Zeit, wie wir sie vor 2019 kannten, nicht zurückkehren wird. Die Volatilität wird unser ständiger Begleiter sein. Es gilt, sich flexibel und anpassungsfähig zu zeigen, um in dieser neuen Realität erfolgreich zu bestehen. Daher ist es essenziell, sich technologisch weiterzuentwickeln und strategisch zu hinterfragen, wo man sich als Unternehmen in ein paar Jahren sieht.
Wir stehen als Partner gerne zur Verfügung, um die Helikopterperspektive einzunehmen und solche Strategieprozesse, insbesondere bei kleineren Unternehmen, zu moderieren und zu begleiten. Der starke Zulauf zu unseren ZIM-Innovationsnetzwerken und dem in der sechsten Auflage laufenden Verbundprojekt „Technologiescout“ zeigt, dass Unternehmen in der aktuellen Phase eher bereit sind, in Zukunftsthemen zu investieren, anstatt in Technologieoptimierungen. Nach wie vor sehe ich erhebliche Einsparpotenziale in der Optimierung der Spritzgießprozesse, insbesondere im Hinblick auf Ressourcen- und Materialeffizienz. Daher lautet die Devise: sich stärker zu vernetzen und unter Einbindung externer Partner weiterzuentwickeln.
Was erhoffen Sie sich vom K-Jahr 2025?
Hinzpeter: Vom K-Jahr 2025 erhoffe ich mir für unsere Branche weitere positive Impulse und eine mehrheitliche Aufbruchstimmung. Weiterhin bietet die Messe eine ideale Plattform, um sich über die neuesten Entwicklungen und Trends zu informieren, wertvolle Kontakte zu knüpfen und Geschäftsmöglichkeiten rund um Leitthemen, wie Kreislaufwirtschaft, neue Materialien und Prozesse zu erkunden.
Das Interview führte Simone Fischer, verantwortliche Redakteurin PLASTVERARBEITER
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Kunststoff-Institut Lüdenscheid für die mittelständische Wirtschaft NRW GmbH K.I.M.W.
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