Menschen bei einer Diskussion

Das Stuttgarter Kunststoffkolloquium des IKT war gut besucht und bot viele interessante Impulse für eine nachhaltige Kunststoffindustrie. (Bild: Redaktion)

Rund 170 Teilnehmer fanden sich zum 28. Stuttgarter Kunststoffkolloquium ein. Seit dem Jahr 1968 findet dieses im zweijährigen Turnus statt. Nach dem letztmaligen reinen Online-Event entschied man sich die Veranstaltung mit einer vorgezogenen virtuellen Variante anzubieten. Aufgrund der regen Teilnahme am Präsenztermin war es notwendig gleich zwei Hörsäle in Beschlag zu nehmen. Per Videostream wurde in einen der Säle gestreamt. Insgesamt verfolgten 170 Teilnehmer das diesjährige Rahmenprogramm. Den Auftakt machte Dr. Kronimus, Geschätsführer Plastics Europe Deutschland, der der Frage „Wie erreicht die Kunststoffbranche Klimaneutralität?“ nachging. Die Kreislaufwirtschaft sollte „keine Selbstverständlichkeit“ sein appellierte dieser und verwies unter anderem auf die bereits vorhandenen technischen Möglichkeiten, die etwa das Mechanische aber auch das Chemische Recycling bieten, die so Kronimus, „nicht im Wettbewerb“ stünden. Letztendlich komme es aber auf den richtigen Technologie-Mix an.

Dass es nur über das Recycling geht, das machte auch Dr. Norbert Niessner, Global Innovation Director, Ineos Styrolution, in seinem Vortrag „CO2-Reduzierung durch Kunststoffrecycling“ deutlich. Ziel sei es, fossile Rohstoffe sukzessive durch Erneuerbare zu ersetzen. Das mechanische und chemische Recycling sieht auch er in keinem Konflikt zueinander. „Dort, wo mechanisches Recycling funktioniert, sollte man das auch machen“.

Menschen in einer Halle unterhalten sich
170 Teilnehmer fanden sich zum 28. Stuttgarter Kunststoffkolloquium ein. (Bild: Redaktion)

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Biokunststoffe dort einsetzen, wo es Sinn macht

Prof. Christian Bonten vom IKT
Prof. Christian Bonten vom IKT: Er hob die Wichtigkeit von Biokunststoffen hervor. (Bild: Redaktion)

Prof. Christian Bonten vom IKT griff dann auch die Biokunststoffe auf, deren Einsatz ein wichtiger Baustein zum Erreichen einer CO2-neutralen Kunststoffbranche darstellen. Auch er unterstrich die Bedeutung der Substitution fossiler Rohstoffe. Kunststoffe aus Biomasse würden hier helfen, diesen Weg zu beschreiten. Biokunststoffe dort einzusetzen, wo es Sinn ergibt, sei das Ziel. Er hob hier bioabbaubare Kunststoffe hervor, welche Insbesondere dort einzusetzen seien, wo sie zwangsläufig in die Umwelt gelangen. „Klimaneutralität erreichen wir nur durch biobasierte Kunststoffe“, bilanzierte er.

Anschließend nahm Prof. Bernhard Rieger vom Wacker-Lehrstuhl für Makromolekulare Chemie der TU München die Teilnehmer mit auf einen Exkurs über CO2-basierte Kunststoffe. Als Ausgangsmaterial für Kunststoffe lässt sich CO2 als alternative Rohstoffquelle nutzen. In seinem Vortrag referierte er über chemische Katalysatoren, mit deren Hilfe sich das CO2 energiearm nutzen lasse. Auf CO2-basis sei beispielsweise das Biopolymer Polyhydroxybutyrat (PHB) von besonderem Potenzial. An der der TU München gelang es ihm und seinem Team den passenden chemischen Katalysator für dessen Herstellung ausfindig zu machen.

Nachhaltige Verpackungen: der große Überblick

Grafik von Lebensmitteln im Supermarktregal
(Bild: sabelskaya - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema nachhaltige Verpackungen wissen? Klar ist, dass der Bedarf an nachhaltigen Verpackungen in den kommenden Jahren stark steigen wird. Aber das Thema ist komplex: Wann gilt denn überhaupt eine Verpackung als nachhaltig und welche Kriterien müssen dabei künftig erfüllt sein? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

 

Was braucht es, um eine nachhaltige und erfolgreiche Kreislaufwirtschaft aufzubauen?

Durch die darauffolgende Podiumsdiskussion führte dann Prof. Peter Middendorf vom IFB Stuttgart. Die zuvor genannten Referenten diskutierten über mögliche alternative Kohlenstoffquellen, die Herausforderungen und Möglichkeiten des Recyclings aber auch Potenziale biobasierter Polymere. Für zirkuläre Produkte beziehungsweise „grüne“ Produkte müssten entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden. Industrie und Politik müssen hier vermehrt miteinander reden. Es gilt Anreize zu schaffen, für grünere Technologien in Deutschland und Europa. Diskutiert wurde etwa auch die Umsetzbarkeit eines globalen CO2-Preises. Wortmeldungen aus dem Publikum wurden ebenfalls miteinbezogen in die Diskussion. So forderte etwa Rainer Zies, Geschäftsführer MKV Kunststoffgranulate, dass Hersteller von Rezyklaten mit Abnehmern enger zusammenarbeiten müssten. Es gilt „verlässliches Stoffströme“ zu ermöglichen. Auch er appellierte: „Geben wir dem Kunststoff einen Preis, damit er zurückgebracht wird“. Am Ende waren sich die Referenten einig: „Oberste Priorität ist es, eine Deindustrialisierung in Europa zu verhindern“.

Für Netzwerken und regen Austausch konnten die Kaffeepausen zwischen den Vorträgen genutzt werden. Das „get together“ bei Speis und Trank konnte dann bei der Abendveranstaltung weitergeführt werden.

Auch das Automobil wird zunehmend nachhaltiger

Der zweite Tag des Kolloquiums begann dann mit einem Vortrag von Dr. Thomas Drescher, Leitung Vorentwicklung und Fahrzeugbeurteilung, Volkswagen. Er informierte über Recycling- und Nachhaltigkeitsaktivitäten beim Autobauer. Er gewährte einen Blick in die Zukunft des Automobils. Insbesondere im Innenraum wird vermehrt auf nachhaltigere, recyclingfreundlichere Materialien gesetzt. Vor allem Polypropylen sei hier vermehrt im Einsatz.

Auch bei Bosch spielen diese Konzepte eine wichtige Rolle. Dr. Gerrit Hülder aus der Bosch Forschung und Vorausentwicklung führte in seinem Vortrag aus, wie das Unternehmen den Einsatz von Polypropylen aber auch Rezyklaten forciert und zeigte dies anhand einiger Beispiele auf, bei denen auch biobasierte Kunststoffe mitunter eine Rolle spielen.

Darauffolgend, brachte Michael Carus, Geschäftsführer des Nova-Instituts, die „Renewable Carbon Initiative“ den zuhörenden Teilnehmern näher. Das ambitionierte Ziel, bis 2050 Klimaneutral zu sein, sei nur bei einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft zu erreichen. Er ging hier auf die noch schlummernden Potenziale der verschiedenen Recyclingverfahren ein. Näher beleuchtet wurden hier auch künftige alternative Kohlenstoffquellen. In einer hauseigenen Studie ging Carus auf die Entwicklung des Kunststoffaufkommens und sowie die Substitution fossiler Ausgangsmaterialien ein.

Wie unterstützt die DIN-Normung die Kreislaufwirtschaft?

Wie unterstützen Normen die Kreislaufwirtschaft? Welche Anforderungen sind für deren Erfolg entscheidend und wie kann die Branche hier aktiv mitgestalten? Antworten darauf lieferte Dipl.-Phys. Stefanie Bierwirth vom DIN-Normenausschuss Kunststoffe (FNK). Sie unterstützte den Wunsch der Europäischen Union, mehr Rezyklate zu nutzen und forderte die Zuhörer auf, ihre Fachkenntnisse in diese Gremien einzubringen. Der DIN-Normenausschuss unter ihrer Leitung setzt sich aktiv für Normungsinteressen in der Kunststofferzeugung und Kunststoffverarbeitung in nationalen, europäischen und internationalen Gremien ein.

Professor Kreutzbruck vom IKT hob die wachsende Bedeutung der Recycling-Forschung am IKT hervor. Er betonte den Übergang von der derzeitigen linearen Wirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft und ging dabei auch auf das chemische Recycling ein, das dann zum Einsatz kommen sollte, wenn die Werkstoffqualität nicht mehr gewährleistet werden kann. Am IKT gibt es einige Beispiele für Recyclingaktivitäten, wie das Recycling von PA12-Altpulver beim Lasersintern, das werkstoffliche Recycling von silikonbeschichteten Airbag-Abfällen oder das Recycling von Schokoladenformen aus Polycarbonat.

Einblicke in die Recyclingaktivitäten bei Coperion

Über die Herausforderungen beim mechanischen Recycling referierte im letzten Vortrag des Tages Frank Mack, Abteilungsleiter Verfahrenstechnik bei Coperion. Dabei spielten Faktoren wie der Schmelzflussindex, der Verschmutzungsgrad und die Feuchtigkeit des Rezyklats eine wichtige Rolle. Anschaulich wurde über einen Seiten-Feeder berichtet, der es ermöglicht, flakeförmiges Recyclingmaterial druckarm in den Doppelschneckenextruder einzuleiten. Oftmals kommt es hier zu Verstopfungen oder anderen Problemen.

Zum Abschluss des Kunststoffkolloquiums hatte Coperion die Teilnehmer zu einer Besichtigung ihrer Recycling-Aktivitäten in der Stuttgarter Niederlassung eingeladen. Bei einem Rundgang ging es durch das dortige Technikum. Hier können Anwender Versuche an entsprechenden Anlagen fahren. Auch die Montage der vielfältigen Extrudermodelle wurde besichtigt und die einzelnen qualitätsgebenden Fertigungsschritte näher beleuchtet.

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