Kunststoffverpackungen in Ballen gepresst

Der BVSE kritisiert die derzeitigen Vorschläge für Rezyklateinsatzquoten als unzureichend. (Bild: Nick Fewings - Unsplash.com)

Die Diskussion über Rezyklateinsatzquoten dauert sowohl in Deutschland als auch innerhalb der EU an. Ein Thema, welches auf auf dem 24. Internationalen BVSE-Altkunststofftag diskutiert wurde. In einem Pressegespräch machte BVSE-Vizepräsident Dr.-Ing. Herbert Snell zuerst einmal deutlich, dass der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung Rezyklateinsatzquoten für sinnvoll hält. "Die Diskussionen haben aber gezeigt, dass auch hier der Teufel im Detail steckt", erklärt Snell.

Das britische Beratungsunternehmen Eunomia hat im Auftrag der EU-Kommission Vorschläge erarbeitet und vorgelegt, die der BVSE kritisch bewertet. So wären demnach in Lebensmittelverpackungen, wie beispielsweise Verpackungsfolie oder Tiefziehschalen, die Rezyklate gemäß Quotenvorgabe zu verwenden.

Allerdings könne dazu nach derzeitigem Status quo nur Recycling-PET, also rPET, eingesetzt werden, da nach Auffassung der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nur rPET die europäischen Vorgaben der lebensmittelrechtlichen Zulassung erfüllen.

 

BVSE-Vizepräsident Herbert Snell.
BVSE-Vizepräsident Herbert Snell. (Bild: BVSE)

Das heißt, bei Polyolefinen ist der Einsatz von Rezyklaten im direkten Lebensmittelkontakt oder für sensitive Verpackungen nicht möglich und diese würden zur Erfüllung der Quoten durch PET ersetzt. Alternativ werden auch häufig PPK-Verbunde eingesetzt, die im Recycling jedoch äußerst nachteilig sind.

Wenn man nun bedenkt, dass nur in einigen Mitgliedstaaten ein gutes Sammelsystem für PET-Verpackungen zur Verfügung steht und sich gleichzeitig viele Markenhersteller (Brand Owner) vorgenommen haben, hohe Rezyklateinsatzquoten von bis zu 100 % erreichen zu wollen, muss man dennoch davon ausgehen, dass nicht annähernd genügend rPET verfügbar ist, erläutert BVSE-Vizepräsident Herbert Snell die Ausgangslage.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Warum Polyolefine für Lebensmittelverpackungen außen vor bleiben

Derzeit fehlt es aber an den richtigen Rahmenbedingungen, um auch Polyolefine (PE, PP) im direkten Lebensmittelkontakt einzusetzen. Die für den Herbst erwarteten neuen Regelungen lassen keine Lösungen erwarten, sondern die bisherige Vorgehensweise wird fortgeschrieben und in manchen Bereichen noch bürokratischer. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass weitere rezyklierte Polymere, neben PET, kurzfristig für den direkten Lebensmitteleinsatz zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund sind die vorgeschlagenen Quoten von 25 % für sensitive Anwendungen, wie Lebensmittelverpackungen, wie von Eunomia vorgeschlagen, für das werkstoffliche Recycling schwierig zu erfüllen.

Von daher kommt der BVSE-Fachverband Kunststoffrecycling zu dem Schluss, dass produktbezogene Rezyklateinsatzquoten eine zu "enge Lösung" darstellen, die durch das werkstoffliche Recycling nur schwer umsetzbar sind. Die Verfechter der sogenannten chemischen Verwertung würden jedoch mithilfe der produktbezogenen Quoten versuchen, ihre noch lange nicht ausgereiften oder industriell einsatzfähigen Verfahren "zu pushen".

"Wenn man zeitnah zu wirtschaftlich und ökologisch sinnvollen Lösungen kommen will, sollte daher nicht auf die Karte "produktbezogene Einsatzquote" gesetzt, sondern das Modell der polymerspezifischen Einsatzquoten als „weite Lösung“ umgesetzt werden, die nicht nur im Verpackungsbereich, sondern in allen Kunststoffprodukten zur Anwendung kommen. Diese Quoten können nach einer Erprobungsphase Schritt für Schritt angehoben werden", so Snell.

Wie steht es um den Export von Kunststoffabfällen?

BVSE-Experte Dr. Thomas Probst
BVSE-Experte Dr. Thomas Probst. (Bild: BVSE)

In einer vorherigen Meldung nahm der BVSE auch auf aktuelle Zahlen beim Kunststoffrecycling Bezug. Deutschland exportierte in 2021 nur noch 766.200 t an Kunststoffabfällen. Damit sinken die Ausfuhren das fünfte Jahr in Folge. Im 10-Jahres-Vergleich hat sich diese Menge fast halbiert.

Im Jahr 2021 importierte Deutschland aber auch 476.200 t, weil es an Kunststoffabfällen mangelt, die in der Praxis recyclingfähig sind. Gleichzeitig arbeiten die Recyclingunternehmen am Anschlag. Das wurde ebenfalls beim BVSE-Altkunststofftag deutlich.

Es führe kein Weg an einem Ausbau der Recyclingkapazitäten vorbei. Dafür müssen aber die Rahmenbedingungen deutlich geändert werden, hieß es beim BVSE-Pressegespräch. BVSE-Experte Dr. Thomas Probst legte den Finger in die Wunde: "Höhere Kapazitäten für das Kunststoffrecycling erfordern bessere Sammelqualitäten, den Ausbau der Sortierung sowie das Erweitern der Kapazitäten für die Aufbereitung und das Recycling."

Bürokratie als Hemmnisfaktor

Nach Meinung des BVSE muss das Sammelsystem für Kunststoffabfälle deutlich verbessert werden, damit sich die Sammelqualität und damit die für das Recycling in Betracht kommende Menge an Kunststoffabfälle erhöht. Dabei müsse nicht nur die LVP-Sammlung in den Blick genommen werden, sondern ebenfalls die kommunalen Sammelsysteme, damit kein "Verschiebebahnhof" zulasten der Qualität mehr möglich ist.

Auf Kritik stieß aber auch die Schwierigkeit der Recyclingunternehmen, ihre Anlagenkapazitäten zu erweitern beziehungsweise neue Recyclinganlagen zu bauen. Projekte würden von der Bürokratie verzögert, verteuert und schlussendlich sogar verhindert. Das beständige Nachfordern von weiteren Plänen, Auflagen und Gutachten schade dem Erhalt und Ausbau der bestehenden Standorte. Gerade bei den unteren Abfallbehörden seien Entscheidungen zeitnah zu treffen. Hier müsse der Grundsatz gelten, dass Bescheide innerhalb festgesetzter Fristen ergehen – andernfalls müsse der Antrag als genehmigt gelten.

Planungen und Genehmigungen beschleunigen

Der BVSE plädiert daher dringend für eine Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung für die Recyclingbranche, ähnlich wie dies die Bundesregierung auch für den Energiebereich plant. Hier sollen Zukunftsprojekte in der Hälfte der Zeit geplant und genehmigt werden. Diesen Ansatz will der BVSE für die Genehmigung von Aufbereitungs-/Behandlungsanlagen, Sammel- und Lagerplätzen oder auch Zwischenläger anwenden, damit die Unternehmen zügig dringend benötigte Recyclingkapazitäten schaffen können.

"Deutschland kann sich das bisherige Trödeln, das Zögern und Zaudern bei Genehmigungen nicht mehr leisten. Eine gezielte staatliche Förderung des Kunststoffrecyclings ist unumgänglich, um den attraktiven Umweltstandort Deutschland zu erhalten und auszubauen", forderte Probst.

Quelle: BVSE

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