Während der vier Messetage im November 2018 präsentierten 632 Ausstellern aus 32 Ländern – auch dies ein Rekord − ihr Angebot an Technologien und Dienstleistungen im Bereich der additiven Fertigung und verwandter Produktionstechniken. Die Besucher konnten entlang der gesamten Prozesskette Lösungen entdecken, mit denen sie ihre eigene Produktion noch effizienter aufstellen können.
Ein Publikumsmagnet war der mit Show- und Musikeinlagen präsentierte neue „große“ Freiformer von Arburg, Loßburg. Der Freeformer 300-3X ist mit drei Austragseinheiten ausgestattet. Damit kann das offene System weltweit erstmals aus zwei qualifizierten Standardkunststoffen und Stützmaterial komplexe und belastbare Funktionsbauteile in Hart-Weich-Verbindung herstellen. Die zur Verfügung stehende Bauplattenfläche wurde gegenüber dem Freeformer 200-3X um 50 Prozent vergrößert. Mit Abmessungen von bis zu 234 x 134 x 230 mm bietet der Bauraum somit Platz für größere Kleinserien und Teile. Durch Aufklappen der oberen Hälfte der zweigeteilten Bauraumtür können zum Beispiel die Materialbehälter im laufenden Betrieb nachgefüllt werden.
Der auf bis zu 200 °C beheizbare Bauraum muss nur noch für die Bestückung mit der Bauteilplatte und die Entnahme der Fertigteile geöffnet werden. Das automatische Öffnen und Schließen der Bauraumtür sowie optionale Schnittstellen ermöglichen zudem eine Automatisierung der additiven Fertigung und die Integration des Freeformers in komplette Fertigungslinien. Außerdem lancierte Arburg auf der Fakuma eine neue Einstiegsmöglichkeit für das Kunststoff-Freiformen: Der Freeformer 200-3X wird nun auch als Mietmodell zur Verfügung gestellt. Das Paket enthält die Miete des Geräts für zwölf Monate, die Anfertigung eines Benchmarkteils, anwendungstechnische Betreuung sowie Zugriff auf Arburg-Materialdatenbank.
Einen weiteren Entwicklungsschritt unternahm auch Evo-Tech, Schörfling/Attersee, Österreich, mit dem neuen EL-102 3D-Drucker. Neben dem Ausbau der Materialvielfalt fokussierte man sich dabei auf die Erhöhung der Produktivität sowie die Serientauglichkeit, wie das Unternehmen mitteilte. Durch die integrierte Materialtrocknung sowie den auf 100°C heizbaren Innenraum sei eine Produktion unter stets gleichen Bedingungen gewährleistet. Vakuumspanntisch und schnell wechselbare Plastifiziereinheit sollen eine sortenreine Produktion ermöglichen. Zusätzlich erweitern die auf bis zu 420 °C heizbaren Hochtemperaturdüsen die Zahl der verarbeitbaren Kunststoffe. Evo-Tech stellt seinen Kunden bisher elf qualifizierte Filamentmaterialien zur Verfügung, unter anderem PPS, ABS, Iglidur, PET und PLA. Neu im Programm ist zudem TPE.
Voxeljet, Friedberg, hat eine Reihe neuer Materialien für seine High Speed Sintering (HSS) 3D-Drucker qualifiziert. „Wir konnten verschiedene PA-Pulver und mehrere thermoplastische Polyurethan (TPU) Typen erfolgreich verdrucken“, gab CEO Dr. Ingo Ederer auf der Formnext bekannt. Auch PP sei auf den bestehenden VX200- HSS-Systemen bereits erfolgreich verdruckt worden. Auf Ende 2019 hat der Spezialist für großvolumige und schnelle 3D-Druck-Systeme zudem die Markteinführung einer neuen Gerätegeneration angekündigt: Die VJET-X Produktreihe soll größer sein und einen höheren Automatisierungsgrad aufweisen als seine Vorgänger und somit eine vollautomatische Massenproduktion ermöglichen. High Speed Sintering kombiniert laut Voxeljet die Vorteile des Lasersinterns (Materialvielfalt) mit denen des Binder-Jettings (hoher Durchsatz und große Bauflächen). Statt eines Lasers kommt ein IR-Strahler zum Einsatz. Die Bereiche des Pulverbetts, auf denen das Bauteil entstehen soll, werden zuvor mit einer Infrarotlicht absorbierenden Tinte (IR-Absorber) bedruckt. Die bedruckten Bereiche nehmen die IR-Strahlung viel stärker auf als das unbedruckte Pulver. Dabei erhitzen sie sich und versintern. Mit HSS können gemäß Voxeljet Prototypen und Serien-Bauteile mit spritzgussähnlichen Eigenschaften gedruckt werden, beispielsweise Automobil-Interieur-Teile.
Plattform für junge Firmen
Mehr und mehr entwickelt sich die Formnext auch zu einer Plattform für junge Firmen, auf der sie neue Verfahren und Zukunftsvisionen präsntieren oder auch Kontakte zu potenziellen Investoren knüpfen können. So führte Aim3D, Rostock, in Frankfurt das Composite Extrusion Modeling (CEM) vor – eine Kombination aus etablierten additiven Verfahren und Metallspritzguss (MIM), die in Hinblick auf Materialvielfalt, Wirtschaftlichkeit und Bauteileigenschaften neue Maßstäbe setzen könnte. Ausgangsmaterialien sind Metallspritzguss- oder auch Kunststoffspritzguss-Granulate. Das mit zwei Extrudern ausgestattete ExAM Gerät kann sogar zwei unterschiedliche Materialarten parallel verarbeiten. Die im CEM eingesetzten Metallgranulate enthalten thermoplastischen Kunststoff als Trägermaterial. Im Extrusionsprozess wird nur dieser Kunststoffanteil aufgeschmolzen und mitsamt dem gebunden Metallpulver zu einem Grünling gedruckt, der bereits in diesem Stadium nachbearbeitet werden kann. Der Kunststoff wird anschließend entfernt und das verbliebene Metallformteil in einem Ofen gesintert. Sehr hohe Materialdichten sowie vergleichsweise geringe Kosten für die Standardmaterialien sind einige Vorteile, die Aim3D in Aussicht stellt. Verabeitet werden können der gesamte MIM-Feedstock (z.B. Hartmetalle, Nichteisenmetalle oder Stähle), Keramiken sowie faserverstärkte Thermoplaste. Hinzu kommt die Möglichkeit, hohle Metallteile und Leichtbaukonstrukte zu fertigen.
Die Münchner Firma Kumovis hat einen FLM-Drucker für die individuelle 3D-Fertigung von Medizinprodukten entwickelt. Der Drucker kann Medical Grade Hochleistungskunststoffe wie PEEK, PE oder PC zu qualitativ guten Bauteilen reproduzierbar verarbeiten. kann Schlüsselelement ist dabei ein neues Temperierkonzept, bei dem ein regelbarer heisser Luftkreislauf den gesamten Druckprozess oberhalb der Glasübergangstemperatur des Kunststoffes stattfinden lässt (siehe Plastverarbeiter 10/18). Die Visionen des Münchner Unternehmens gehen aber über den optimierten 3D-Druck hinaus. Gemeinsam mit Max Petek Reinraumtechnik, Radolfzell, wurde ein Konzept entwickelt, um indvidualisierte Medizinprodukte dezentral in Reinraum-Isolatoren zu fertigen.
Ausblick 2019: Neue Hallen und Partnerland USA
Im kommenden Jahr findet die Formnext vom 19. bis 22. November erstmals in den Messehallen 11 und 12 auf dem Messegelände in Frankfurt am Main statt. Als Premiere präsentiert sich die USA als erstes Partnerland der Veranstaltung. „Die USA spielen als Anbieter und Anwender von additiver Fertigung eine führende Rolle, der wir mit der Wahl des Partnerlandes Rechnung tragen“, sagt Sascha F. Wenzler, der bei der Mesago Messe Frankfurt für die Formnext zuständig ist. Geplant sind unter anderem ein umfangreiches Aktionsprogramm und verschiedene Länderspecials.