
Wolfgang Pelzer, Geschäftsführer von Mtec Engineering. (Bild: Mtec Engineering)
Welche spezifischen Strategien und Technologien erachten Sie als besonders effektiv, um den CO₂-Footprint entlang der gesamten Wertschöpfungskette in der Medizintechnik zu reduzieren?
Wolfgang Pelzer: Durch den Einsatz KI-gestützter Entwicklungsmethoden können bei der Entwicklung von Medical Devices und Verpackungslösungen bereits in der Bauteilauslegung entscheidende Schritte gesetzt werden. Material- sowie Energieverbrauch werden deutlich reduziert, für die Zielerreichung sensitive Parameter identifiziert sowie der Einsatz nachhaltiger Materialien trotz größerer Schwankungsbreiten von Materialeigenschaften ermöglicht – alles mit verkürzter Time-to-Market.
Ein Praxisbeispiel ist die Entwicklung eines Insulinpens, bei dem Ressourceneffizienz und Prozessstabilität nahtlos vereint wurden. Ebenso wichtig ist die Auswahl sinnvoller Materialien und eine enge Zusammenarbeit mit nachhaltigen Lieferanten. Wir setzen auf umweltbewusstes Management in Einkauf, Produktion und Logistik und arbeiten als Mitglied der Feddersen-Gruppe aktiv an Konzepten für eine nachhaltige Beschaffung und Lieferkettenmanagement – für eine zukunftsfähige Medizintechnik.
Wie können moderne Design-for-Sustainability-Ansätze in der Medizintechnik dazu beitragen, die Lebenszykluskosten zu senken?
Pelzer: Moderne Design-for-Sustainability-Ansätze lösen frühzeitig Zielkonflikte wie Materialeffizienz und Funktionssicherheit. Wir schaffen optimale Lösungen mit präziser Parametrierung von Recyclingmaterialien und der Betrachtung physikalischer Wechselwirkungen – etwa Mechanik, Thermik und Strömung. Unsere KI-gestützte Optimierungsmethodik Mopt-Design etwa analysiert Schwankungen in Materialeigenschaften und passt Prozesse sowie Geometrien entsprechend an. Dies reduziert Ausschussraten und steigert die Effizienz, gerade bei Großserien.
Durch die Integration des 9R-Modells der Kreislaufwirtschaft verlängern wir Produktlebenszyklen, optimieren Materialkreisläufe und senken Entsorgungs- sowie Energiekosten. Modulare Designs erleichtern Reparatur, Recycling und Wiederverwendung, wodurch zirkuläre Geschäftsmodelle wirtschaftlich attraktiv werden – ein klarer Wettbewerbsvorteil.
Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Implementierung nachhaltiger Prozesse in der Medizintechnik, insbesondere in Bezug auf regulatorische Anforderungen und die Einhaltung strenger Qualitätsstandards?
Pelzer: Zirkuläre Geschäftsmodelle sind anspruchsvoller und sehr komplex, denn die Analyse der Infrastruktur für Distribution, Rückgabe und Aufbereitung muss berücksichtigt werden. Die strengen Vorschriften erschweren zudem die Einführung nachhaltiger Materialien und Prozesse. Die Qualifizierung neuer, nachhaltiger Materialien verlangt eine präzise Planung, insbesondere bei Rezyklaten (Reinheitsgrad, Materialmix, Mengen, Liefersicherheit). Der Einsatz von biobasierten oder recycelten Kunststoffen kann zu Zielkonflikten zwischen Patientensicherheit und Nachhaltigkeit führen.
Zudem erfordern variierende Materialchargen eine präzise Anpassung der Konstruktion und Simulation. Kurzfristig betrachtet bringt der Aufbau nachhaltiger Lieferketten zwar höhere Kosten, bietet jedoch langfristig Stabilität und Risikominimierung. Ein definierter Prozess hilft, die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen und die Risiken für Patientinnen und Patienten zu beherrschen, die mit dem Materialwechsel einhergehen – ein wesentlicher Schritt, um Rohstoffe zu reduzieren, die Nutzungsdauer zu verlängern und den CO2-Fußabdruck zu verbessern.
Wer all dies genauer wissen möchte, den lade ich herzlich zu meinem Vortrag auf der
KUZ-Tagung „Kunststoff trifft Medizintechnik“ am 29. Januar 2025 in Leipzig ein, bei dem einige Referenzprojekte vorgestellt werden. Sprechen Sie uns auch gerne direkt an, wenn Sie Fragen zu anderen Themen im Engineering haben.
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