Bildschirm-Ansicht: Das Vipra-System ist eine modulare Assistenzsoftware für produzierende Unternehmen, primär aus der kunststoffverarbeitenden Industrie.

Das Vipra-System ist eine modulare Assistenzsoftware für produzierende Unternehmen, primär aus der kunststoffverarbeitenden Industrie. (Bild: SHS Plus)

Digitale Systeme eröffnen Möglichkeiten, etwa zur Datensammlung, Datenanalyse, Prognose, Überwachung und vielem mehr. Die Arbeit mit Prozessdaten ist nicht immer von vornherein intuitiv und selbsterklärend. Einige Dinge müssen erst erlernt werden, dann jedoch bieten diese Möglichkeiten ein enormes Potenzial. Oft wird die Arbeit mit Qualitäts- und Prozessdaten auch zwingend mit einer sauberen und hochmodernen Produktionsstätte verknüpft. Doch das stimmt so nicht – auch gewachsene und heterogene Maschinenparks können heutzutage gut digitalisiert werden. Einen kleinen Einblick über die Möglichkeiten bietet die folgende Beschreibung eines typischen Arbeitstages eines kunststoffverarbeitenden Betriebes, ausgestattet mit virtueller Produktionsassistenz.

Virtuelle Produktionsassistenz im Einsatz

Folgend ein Beispiel, wie ein typischer Tag in der Produktion mit der virtuellen Produktionsassistenz „Vipra“ aussehen kann. Die Frühschicht beginnt mit einer Morgenbesprechung (Shopfloor-Meeting). Der Produktionsleiter steht an einem Touch-Screen-Monitor und hat über den Browser die Oberfläche des Assistenzsystems aufgerufen und ein Dashboard für das Shopfloor-Meeting geöffnet. Das Dashboard zeigt unterschiedliche Schaltflächen mit den Beschriftungen: Arbeitssicherheit, Produktionsstatus und Schichtübergabe. Nacheinander drückt der Produktionsleiter die unterschiedlichen Schaltflächen auf dem Touch-Screen und bekommt wichtige Informationen aus der vergangenen Schicht angezeigt. Die geplanten Aufträge wurden vollständig abgeschlossen. Der Ausschussanteil war niedriger als üblich. Die Maschinen sind alle in Ordnung und produktionsbereit.
Die Arbeitssicherheit meldet Folgendes: Ein Kollege aus der Nachtschicht hat sich das Handgelenk verstaucht, weil Getriebeöl ausgelaufen und er ausgerutscht ist. Eine Grafik zeigt, dies ist der zweite Arbeitsunfall in diesem Monat. Die Kollegen haben in einer Infobox aber bereits die Meldung hinterlassen, dass es dem Mitarbeiter gut geht und die Leckage bereits beseitigt wurde. Im Reiter Produktionsstatus steht der aktuelle Produktionsstatus auf „Gutproduktion“. Produziert wird der Artikel XR11, und es müssen noch 2.500 davon produziert werden. Während der Produktion ist insgesamt viermal der Fehler „Abriss“ aufgetreten und zweimal der Fehler „Streifen“. Im Vergleich zur letzten Produktion dieses Artikels von vor drei Monaten ist dies eine Verbesserung um 25 %, meldet das System. Auf großen Anzeigeelementen liest er ab: Aktuell arbeitet die Maschine mit einer Produktionsgeschwindigkeit von 35 m/min, die Schmelze hat eine Temperatur von 210 °C und der Massedruck liegt bei 95 bar. Die Trendpfeile über diese Werte zeigen eine horizontale Tendenz, scheinbar liegt dieser Betriebspunkt bereits seit längerer Zeit stabil an und es gibt weder Drifts noch Ausreißer. Die Seite für die Schichtübergabe zeigt in einer ausgefüllten Checkliste an, dass sämtliche der zu erledigenden Tätigkeiten von der vorhergehenden Schicht erledigt wurden.

Effektive Fehleranalyse und Prozessoptimierung

Der Blick auf die große Produktionsanzeigetafel an der Hallenwand zeigt, dass insgesamt 9 der 10 Produktionssysteme so laufen wie geplant. Lediglich bei einer Anlage wird eine Fehlermeldung angezeigt, die besagt, dass der Trichter leergelaufen ist. Der Produktionsleiter entlässt die Mitarbeiter aus der Produktion in deren Tagesgeschäft und zieht sich mit dem Kollegen der Qualitätssicherung ins Büro zurück. Dort loggen sich beide an ihrem PC erneut in das Assistenzsystem ein und öffnen die Seiten für die Qualitätssicherung. Die Profilabrisse sind aufgetreten um 00:45 Uhr und um 01:15 Uhr und jeweils 5 Minuten später erneut. Die Untersuchung der aufgezeichneten historischen Prozessdaten um diesen Zeitraum herum zeigt, dass die Schmelzetemperatur von etwa 23:30 Uhr an eine leichte Drift aufgewiesen und kontinuierlich zugenommen hat. Nach der Behebung des Fehlers wurde die Schneckendrehzahl an der Maschine leicht reduziert und die Temperatur im Werkzeug etwas gesenkt. Die Untersuchung des identischen Fehlers aus anderen Produktionszeiträumen dieses Produktes aus den Monaten März und August des Vorjahres bestätigt diese Annahme, dass zu hohe Temperaturen und Schneckendrehzahlen vermehrt zu einem Abriss führen. Der Leiter der Qualitätssicherung gibt eine Regel zur automatischen Überwachung der Schneckendrehzahl und der Schmelzetemperatur ein. Eine damit verknüpfte Warnmeldung soll unmittelbar per E-Mail an die Produktionsleitung und den Schichtführer versandt und zeitgleich auf der Produktionsanzeigetafel angezeigt werden.

Auf Qualitätsabweichungen reagieren

An seinem Arbeitsplatz angekommen, nimmt der Maschinenbediener das Tablet aus der Ladestation und ruft dort eine weitere Seite zur Qualitätskontrolle auf. Mit einer Bügelmessschraube und einem Pyrometer geht er an der Linie entlang und nimmt an definierten Positionen Messungen an der Temperatur sowie den Profilabmessungen vor. Die Ergebnisse trägt er in ein Formular auf dem Tablet ein und beendet seine Eingaben mit einem Klick auf „Speichern“. Unmittelbar nach Abschluss seiner Datenaufzeichnung erscheint auf dem großen Display an der Wand plötzlich eine rote Meldung „Drift – Geome-trieabmessungen“, und im darunter angeordneten Anzeigeelement weist ein roter Pfeil neben dem Wert „Stegbreite“ steil nach unten. Alarmiert durch diese Information öffnet der Maschinenbediener die Seite „Troubleshoot-ing“ und sieht dort in einem Liniendiagramm anschaulich grafisch dargestellt, dass die Stegbreite offenbar die erlaubten Toleranzgrenzen zu unterschreiten droht. Glücklicherweise wird direkt neben dieser Information in einem zweiten Anzeigeelement ein Artikel aus der „Wissensdatenbank“ des Systems angezeigt, der unter der Überschrift „Korrektur der Stegbreite bei Artikel XR11“ eine bebilderte Anleitung enthält. Der Mitarbeiter macht sich ans Werk und das Problem ist schnell behoben.

Globale Kontrolle und Optimierung

Mittlerweile ist der Geschäftsführer an seinem Arbeitsplatz im Hotel angekommen, der sich aufgrund beruflicher Reiseaktivitäten in einer anderen Zeitzone aufhält. Er startet auf seinem Notebook die VPN-Verbindung, loggt sich in das Assistenzsystem ein und sieht sofort die Informationen über den Arbeitsunfall. Glücklicherweise ist er bereits informiert, dass der Mitarbeiter wohlauf ist und kann sich direkt den Produktionskennzahlen widmen. Der gestrige OEE-Wert von 97 % stellt ihn schnell zufrieden. Auf gleiche Weise prüft er alle Produktionslinien auf die Produktionskennzahlen. Anschließend greift er zum Telefonhörer und ruft seinen Digitalisierungsbeauftragten an, um sich dort über die Einrichtung des Machine-Learning-basierten Anomaliescorings zu erkundigen.
Die positive Rückmeldung darüber, dass dieser Algorithmus bereits aktiviert ist und begonnen hat, Trainingsdaten zu sammeln, stimmt ihn zufrieden. Auch seine Nachfrage nach der automatisierten Datenweitergabe aus dem Assistenzsystem an das ERP-System beantwortet der Digitalisierungsbeauftragte mit „bereits erledigt, sämtliche Verbräuche werden nun sauber im ERP erfasst“. Oben dargestelltes Szenario ist nur ein sehr kleiner Auszug dessen, was mit individualisierbaren Assistenzsystemen technisch realisierbar ist. Sämtliche Funktionalitäten von der Datenakquise, dem Anzeigen von Daten, dem Speichern, der Analyse, der automatisierbaren Auswertung bis hin zur Umsetzung von Warnmeldungen, Kommunikation oder gar der Einbindung von Machine-Learning-Methoden stehen dem Benutzer des virtuellen Produktionsassistenten (Vipra) von SHS Plus zur Verfügung.#

Halle/Stand B4/4405

Quelle: SHS Plus

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