In zwei Handinnenflächen liegen vier schwarze kleine Kunststoffteile. Darunter liegt schwarzes Kunststoffgranulat. Wie gut sich reines Rezyklat mit Ultraschall verschweißen lässt, zeigen die Resultate einer ersten Studie von Herrmann Ultraschalltechnik.

Wie gut sich reines Rezyklat mit Ultraschall verschweißen lässt, zeigen die Resultate einer ersten Studie von Herrmann Ultraschalltechnik. (Bild: Herrmann Ultraschalltechnik)

Reines Rezyklat findet bislang nur wenig Verwendung, doch die aktuelle Materialknappheit macht es vor allem für Unternehmen der Automobilbranche immer interessanter. Auch aus Nachhaltigkeitsaspekten kann sich die Wiederverwertung von bereits verwendetem Kunststoff lohnen. Das Problem: Mit jeder Aufbereitung von Kunststoff können sich dessen Materialeigenschaften verschlechtern, da sich die Molekülketten immer weiter verkürzen. Wie sich diese Veränderungen auf das Schwingverhalten von Kunststoffbauteilen auswirken, hat das Ultraschall-Anwendungslabor Plastics von Herrmann in einer Vergleichsstudie untersucht.

Warum die Schweißparameter anzupassen sind

Für das Durchführen der Vergleichsstudie nutzten die Techniker einen konventionellen Kunststoff des Typs PA 6.6 mit 30 % Glasfaseranteil. Diesem wurde ein Regranulat ebenfalls aus PA 6.6 GF30 gegenübergestellt. Aus den Materialien ließen sich die Anwendungstechniker hexagonale Probekörper anfertigen. In ersten Vorversuchen wurde zunächst die grundsätzliche Schweißbarkeit des recycelten Materials geprüft. Für diese Tests nutzten die Techniker eine Gruppe an Parametern als Ausgangsbasis – sogenannte Erst- beziehungsweise Initialparameter –, die auch für den konventionellen Kunststoff desselben Typs genutzt werden. Dabei zeigte sich, dass die Probekörper aus Rezyklat zwar zuverlässig mit Ultraschall verschweißt werden können, jedoch mit den Initialparametern keine homogene Verbindung erzielt werden konnte: In den Schnittbildern war eine deutliche Trennebene zwischen Ober- und Unterteil zu erkennen. Das machte eine Anpassung der Schweißparameter notwendig. Um die geeigneten Werte für das Rezyklat zu definieren, wurde in einer folgenden Vergleichsstudie um die Initialparameter des Kunststoffs 18 unterschiedliche Parametergruppen festgelegt, bei denen zentrale Parameter wie Schweißkraft, Amplitude, Schweißweg oder Triggerkraft variiert wurden. Mit diesen Werten wurden jeweils fünf Probekörper aus den beiden Vergleichsgruppen verschweißt. Die Ergebnisse wurden durch Schnittbilder sowie Zugprüfungen evaluiert. Im Rahmen dieser Versuchsreihe stießen die Anwendungstechniker des Ultraschall-Labors auf Parametersätze, die für das Rezyklat und für den Virgin-Kunststoff ein hervorragendes Schweißergebnis erzielten. Besonders interessant: Die beiden Parametergruppen unterschieden sich lediglich in der Amplitude, die beim Rezyklat um zehn Mikrometer geringer ausfiel als beim konventionellem Kunststoff. „Bei beiden Körpern lagen wir in einem Bereich um die 3.000 Newton. Das ist schon beeindruckend. Wir hatten eigentlich damit gerechnet, dass wir sowohl im Schnittbild als auch in der Zugprüfung schlechtere Werte erhalten. Aber mit dem jeweils in der DoE ermittelten Parametersatz kamen wir auf vergleichbar gute Ergebnisse“, erklärt Jochen Ochs, Leiter des Anwendungslabors Plastics bei Herrmann.

Mit der richtigen Parametergruppe konnte das Rezyklat (rechts) im Schnittbild sowie in der Zugprüfung ebenso gute Ergebnisse erzielen wie der Originalkunststoff (links).
Mit der richtigen Parametergruppe konnte das Rezyklat (rechts) im Schnittbild sowie in der Zugprüfung ebenso gute Ergebnisse erzielen wie der Originalkunststoff (links). (Bild: Herrmann Ultraschalltechnik)

Was die Ergebnisse aussagen

Damit liefert die Versuchsreihe nicht nur positive Resultate, sondern vor allem auch wichtige Erfahrungswerte. Eine allgemeine Aussage für die Verschweißbarkeit von recycelten Kunststoffen mit Ultraschall kann von dieser Studie allein jedoch nicht getroffen werden. Genau wie bei konventionellen Kunststoffen gilt: Jede Zusammensetzung muss individuell untersucht werden. „Für uns ist es grundsätzlich einmal wichtig, dass es sich um einen thermoplastischen Kunststoff handelt, egal ob Rezyklat oder konventioneller Kunststoff“, erklärt Jochen Ochs und führt weiter aus: „Im Datenblatt können wir zwar einige Faktoren zu den mechanischen und thermischen Eigenschaften rauslesen. Einen echten Indikator für die Qualität der Schweißbarkeit kann man im Datenblatt aber nicht finden, da es weitere beeinflussende Faktoren gibt, die oftmals erst im Schweißversuch ersichtlich werden.“ Allerdings könne man dank der langjährigen Erfahrung im Haus bereits vorab präzise Einschätzungen abgeben.

Eine Zugprüfmaschine prüft die Stärke der Verbindung eines verschweißten Probekörpers. Das Rezyklat erreichte im Idealfall ein Ergebnis von circa 3.000 Newton.
Eine Zugprüfmaschine prüft die Stärke der Verbindung eines verschweißten Probekörpers. Das Rezyklat erreichte im Idealfall ein Ergebnis von circa 3.000 Newton. (Bild: Herrmann Ultraschalltechnik)

Warum Biokunststoffe eine Alternative sind

Die Untersuchung von Rezyklaten ist bereits die zweite Studie des Ultraschall-Labors von Herrmann zu einer nachhaltigeren Nutzung von Kunststoff. Vor wenigen Jahren wurden erste Tests zur Verschweißbarkeit von Biokunststoffen durchgeführt. Dazu wurden Probekörper aus drei unterschiedlichen Zusammensetzungen untersucht: Zwei der untersuchten Biokunststoffe bestanden aus Blends, also einer Zusammensetzung von Biokunststoff sowie Standardkunststoff. Das dritte Material bestand zu 100 % aus Biopolymeren. Während die beiden Blends ähnliche Resultate wie Standardkunststoffe erzielen konnten, erreichte der reine Biokunststoff lediglich die Hälfte der Zugkräfte. Damit ist es aber noch immer für eine Vielzahl an Anwendungsarten ausreichend. Mit Rezyklaten und Biokunststoffen eröffnen sich für viele Unternehmen der Kunststoffbranche neue Wege zu einer nachhaltigeren Produktion. Vor allem hochwertiges Regranulat, das erstmals wiederverwendet wird, kann künftig zu einem wichtigen Element werden, um Ressourcen zu sparen. Bei Unsicherheiten zum Einsatz der umweltfreundlicheren Kunststoffe können entsprechend gut ausgestattete Ultraschall-Labore bei der näheren Auswahl des Materials beraten und durch Schweißversuche Sicherheit geben.

Quelle: Herrmann Ultraschalltechnik

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