Die Automobilindustrie steht vor großen Herausforderungen: Stetig steigende Kosten zwingen die Unternehmen, ihre Produktionsprozesse immer weiter zu verschlanken. Fast 100 % der Komponenten im Innenraum eines modernen Autos bestehen mittlerweile aus Kunststoffmaterialien oder Metall-Kunststoff-Verbindungen. Um sie sicher miteinander verbinden und mit dauerhaften Lackierungen versehen zu können, ist eine sorgfältige Oberflächenbehandlung unerlässlich. Bislang werden dafür in der Regel Verfahren eingesetzt, die nicht nur produktionstechnisch aufwendig sind, sondern auch unerwünschte Nebeneffekte haben können.
Warum Plasma die Oberflächeneigenschaften fester Materialien verändert
Eine effiziente, wirksame und zudem umweltfreundliche Alternative zu anderen Vorbehandlungsprozessen ist die Plasmatechnologie, der ein einfaches physikalisches Prinzip zugrunde liegt: Durch Energiezufuhr ändern sich Aggregatzustände. Wird einem Gas weitere Energie zugeführt, wird es ionisiert und geht in den energie- reichen Plasmazustand als vierten Aggregatzustand über. Tritt Plasma in Kontakt mit Oberflächen, so verändern sich die Eigenschaften, beispielsweise von hydrophob zu hydrophil, was eine vollflächige und homogene Benetzbarkeit mit Klebstoff und darüber hinaus eine langzeitstabile Haftfestigkeit gewährleistet.
Plasmatreat mit Sitz in Steinhagen hat verschiedene Lösungen zur Oberflächenbehandlung entwickelt, die für nahezu alle Werkstoffe eingesetzt werden. Durch die Vorbehandlung mit Plasma werden gute Voraussetzungen geschaffen, um Materialien dauerhaft miteinander zu verbinden, die bisher kaum oder gar nicht kompatibel waren.
Namhafte Pkw-Hersteller und deren Zulieferer setzen diese Technologie seit Jahren in der Serienproduk-tion ein. Besonders bei der Fertigung von Baugruppen für den Fahrzeuginnenraum zeigen sich die Vorteile der Plasmaverfahren zur Reinigung, Aktivierung und Beschichtung von Bauteiloberflächen. Das Verfahren ermöglicht, Komponenten für den Pkw-Innenraum kostengünstig und zugleich qualitativ hochwertig zu fertigen. Die Kostenersparnis resultiert aus verschlankten Produktionsprozessen sowie dem Einsparen von Chemikalien und anderen Hilfsmitteln. Eine Qualitätsverbesserung wird beispielsweise dadurch erzielt, dass sich die Intensität der Plasmaaktivierung die jeweilige Anwendung abgestimmt wird. Dadurch werden gute Voraussetzungen für eine haftfeste Verbindung zwischen zwei Werkstoffoberflächen geschaffen.
Deshalb müssen Oberflächen vorbehandelt werden
Bevor Bauteile miteinander verklebt oder lackiert werden, müssen ihre Oberflächen entsprechend vorbehandelt und je nach Material einem Aktivierungsprozess (bei Kunststoffoberflächen) oder einem Reinigungsprozess (bei Metall- oder Glasoberflächen) unterzogen werden. Durch das hohe Energieniveau des Plasmas können chemische oder organische Filme an der Oberfläche gezielt aufgebrochen und abgetragen werden. Die deionisierende Wirkung des Plasmastrahls neutralisiert zudem lose aufliegende Staubpartikel und entfernt diese von der Werkstoffoberfläche. Das Ergebnis dieses Feinreinigungsschrittes sind exakt definierte Oberflächen, auf denen Klebstoffe und Lacke optimal haften.
In der Displayfertigung wird das Prinzip des Optical Bonding angewendet, um eine bessere Lichtausbeute des Backlights zu erzielen und die Auflichtreflektion zu verringern. Bei diesem Fügeverfahren wird ein transparenter 2-Komponenten-Silikon-Kleber (RTV) durch ein spezielles Dosiersystem in einem definierten Muster auf das Display aus Polymethylmethacrylat (PMMA) aufgebracht. Bei Lautsprechern müssen Gehäuse und Membran miteinander fest verbunden werden. Hierfür ist eine gründliche Oberflächenreinigung ebenso notwendig wie für das Lackieren und Bedrucken von Bedienelementen wie Schaltern, da andernfalls die Farben nicht sicher auf den Oberflächen haften würden.
Wie die Adhäsionsfähigkeit erhöht wird
Bei der Vorbehandlung von Kunststoff mit Openair-Plasma wird deren Oberflächenenergie erhöht, um bessere Haftungseigenschaften zu erzielen. Das ist zum Beispiel bei den im Pkw-Innenraum eingesetzten Kunststoffen nötig, da sie unpolar sind und sich sonst nur sehr schwer verkleben und beschichten lassen würden. Für das Erhöhen der Oberflächenenergie der behandelten Materialien sorgen sauerstoff- und stickstoffhaltige Gruppen, die während der Plasmaaktivierung in der Oberflächenstruktur eingebracht werden.
Sorgt die Erhöhung der Oberflächenenergie noch nicht für die benötigte Haftfestigkeit, so kann eine Plasmabeschichtung in vielen Fällen Abhilfe leisten. Mit der Plasma-Plus-Technologie werden mit Nanobeschichtungen gezielt funktionalisierte Oberflächen erzeugt. Über einen speziellen Düsenkopf wird dem Plasma je nach Anwendung ein spezifischer Precursor zugesetzt. Bei dieser Plasmapolymerisation lagern sich die Sub-stanzen an der Materialoberfläche an und vernetzen. Es entsteht eine Nanoschicht mit individuell auf den Prozess abstimmbaren funktionellen Oberflächeneigenschaften.
Ein Beispiel für dieses Verfahren ist die PT-Bond-Beschichtung des Herstellers, die für langzeitstabile Haftfestigkeit von Dichtsystemen im Automobil sorgt. PT-Bond ist eine Plasma-Plus-Anwendung speziell für den Bereich Klebe- und Dichtungstechnik. Die chemische Zusammensetzung des Precursors wird auf Grundwerkstoff und Klebstoff der jeweiligen Anwendung abgestimmt. Die Schicht ist bi-funktional, das heißt, sie gewährleistet die haftvermittelnde Funktion sowohl zum Substrat als auch zum Klebstoff.