Absorberformteile werden zur akustischen Dämmung und thermischen Isolierung im Motorraum eingesetzt. Die vorgeformten Polyurethanmatten werden mit Trägerbauteilen aus glasfaserverstärktem Polypropylen (PP) verbunden. Die Herausforderung hierbei liegt im Fügen des mit Aluminium kaschierten Akustikabsorbers. Das Problem wurde mit der Ultraschallschweißtechnologie gelöst. Dabei sind Zykluszeiten bis zu 60 Takten pro Minute möglich, abhängig von den benötigten Schweißzeiten zwischen 200 und 800 Millisekunden. Die kalten Schweißwerkzeuge benötigen keine Aufwärmphase und stehen jederzeit ohne Erhaltung eines bestimmten Temperaturniveaus zur Verfügung. Wichtig ist eine gute Anwendungsberatung im Vorfeld. Dies gilt vor allem für die Bauteilgestaltung, um die Ultraschallschwingungen in der Fügezone bestmöglich zu fokussieren.
Die Formteile, welche die Stirnwand, also den Bereich zwischen Fahrgastzelle und Motorraum, und Teile der Batterie-Einhausung im Motorraum akustisch und thermisch dämmen sollen, müssen vielfältige Anforderungen erfüllen. Hohe Temperaturen im Motorraum machen das Verwenden von glasfaserverstärktem PP und die Aluminiumkaschierung auf den Akustikabsorbern notwendig. Diese Gegebenheiten sind keine optimale Voraussetzung für das dauerhafte und sichere Verbinden der Bauteile. Viele der bekannten Verbindungstechniken wie zum Beispiel Kleben, scheiden aufgrund der genannten Materialpaarung und der kostenintensiven Verbrauchsstoffe aus. Es wurde gezielt nach einem Fügeverfahren gesucht, das die gewünschten Anforderungen erfüllen kann. Für den Einsatz der Ultraschallschweiß-Technologie jedoch sprachen viele Argumente, dennoch waren viele Fragen zu klären.
Viel Vorarbeit und komplexe Werkstückaufnahmen
Für die Lösungsfindung holte sich Weidplas Herrmann Ultraschall, Karlsbad, ins Boot. Im Zuge der intensiven Anwendungsberatung wurde anhand von Materialmustern die Schweißbarkeit getestet. War es möglich mit den mechanischen Schwingungen des Ultraschalls die Aluminiumkaschierung zu durchdringen und die Moleküle im Kunststoff des PP-Formteils zu aktivieren? Erste Versuche mit einer Hand-Schweißpistole und einer Versuchssonotrode, dem Schweißwerkzeug, fielen positiv aus. Es konnte tatsächlich eine Verbindung zwischen PU-Matte und PP-Formteil hergestellt werden, und das trotz störender Aluminiumschicht. Genauere Untersuchungen im Schweißlabor zeigten, wie die aus elektrischer Spannung erzeugten mechanischen Ultraschall-Schwingungen die Moleküle im Kunststoff plastifizieren und die Schmelze mit dem aufkaschierten Flies verbindet und eine dauerhaften und starken Verbindung erzeugte. Es folgten umfangreiche Detailarbeiten. Die Schweißergebnisse mussten reproduzierbar erreicht und die geforderte Abzugskraft von min. 50 N pro Schweißpunkt nachgewiesen werden. Hierzu wurden unterschiedliche Konturen und Strukturen an den Schweißwerkzeugen getestet, Parameter wie Schweißkraft und -dauer auf Labormaschinen ermittelt und durch Zugversuche die Abzugskräfte überprüft.
Für ein reproduzierbares Schweißergebnis ist nicht nur die richtige Kontur des Schweißwerkzeugs (Sonotrode), sondern auch das Sonotrodenmaterial von Bedeutung. Die Wahl fiel auf eine verschleißfeste Stahlsonotrode, die dem Kontakt mit der Aluminium-Kaschierung ohne nennenswerten Verschleiß lange Stand hält. Nicht minder wichtig ist die Gestaltung und Auslegung der Werkstückaufnahme. Diese nimmt die zu verschweißenden Bauteile präzise auf und unterstützt positionsgenau unter den Schweißpunkt-Koordinaten. Die 3D-Kontur gefrästen Auflagesegmente stellen eine einwandfreie Auflagefläche sicher und somit abdruckfreies Verschweißen. Der Vorrichtungsbau von Herrmann Ultraschall lieferte für dieses Projekt komplexe Werkstückaufnahmen mit Spannsystemen und Bauteil-Abfragesensorik.
Vorgespannte Ultraschall-Einheit spart Zykluszeit
Ultraschall ist mit Fügezeiten von 200 bis 800 ms zwar schnell, jedoch addieren sich bei Roboteranwendungen noch die Fahrbewegungen der Schweißwerkzeuge von Schweißpunkt zu Schweißpunkt. Bei Bauteilen mit einer großen Anzahl von Schweißpunkten führt dies zu höheren Taktzeiten jedoch ermöglichen Roboter-Applikationen eine Flexibilität. Wertvolle Zeit wird durch das Vorspannen der pneumatischen Antriebszylinder der Ultraschall-Schweißwerkzeuge eingespart und zwar bis zu einer Sekunde pro Schweißpunkt. Bei vielen Schweißpunkten macht sich das deutlich bemerkbar, die Nebenzeiten reduzieren sich messbar. Vorspannen bedeutet, dass der Antriebszylinder über eine intelligente Pneumatik bereits ausgefahren ist, bevor der Roboter das Schweißwerkzeug auf dem Schweißpunkt aufsetzt. Die Sonotrode wird ins Luftpolster des Zylinders gedrückt und das System kann sofort mit dem Schweißprozess beginnen. Die zur Verfügung stehende Schweißzykluszeit durfte nach Kundenvorgabe nicht länger als zwei Sekunden betragen. Verteilt auf Schweißzeit und Haltezeit (Erstarrungszeit der Kunststoffschmelze) konnte man mit dem vorgespannten Preloaded-Schweißsystem die Zielvorgabe problemlos erreichen. Diese reproduzierbare Lösung hilft den Ausstoß der Schweißzelle zu erhöhen. Für das Fügen in Automatisieranlagen wurde zudem eine kompakte Ultraschall-Vorschubeinheit mit kleinem Gewicht entwickelt.
Modulares Automatisierungsprojekt
Hohe Variantenvielfalt bei verhältnismäßig geringen Einzel-Losmengen war für Weidplas maßgebend, sich für ein flexibles Fertigungskonzept mit Roboterzellen zu entscheiden. Die Produktionszelle besteht aus der Spritzgießmaschine Duo 1300 des österreichischen Herstellers Engel, der dieses Automatisierungsprojekt als Generalunternehmer abwickelte. Momentan sind sechs Spritzgussmaschinen und zwei Rundschalt-Telleranlagen mit Roboterbestückung im Einsatz. Der Roboter hat sozusagen eine Ultraschall-Schweißeinheit in der Hand und fügt damit die Schweißpunkte an. Die umrüstbaren Rundschalttische mit je drei Teilungen wurden mit sechs Werkstückaufnahmen besetzt. An zwei Teilungen arbeiteten Roboter vom Typ Easix und an der dritten Teilung bestücken und entnehmen Roboter des Typs Viper. Die maßgeschneiderte Anlage ist modular aufgebaut und bietet hohe Prozesssicherheit und eine Gesamteffizienz (OEE) von 85 Prozent.