Eine Roboterhand mit hochentwickelter Sensorik

Können Maschinen in Form von Robotern mit ihren Greifern bald "fühlen" wie ein Mensch? Die Natur dient dabei als Vorbild. (Bild: Dalle 3 / OpenAI)

Robotergreifer hält ein Glas
Hält gefühlvoll den Messbecher, statt ihn zu zerbrechen: Durch das Glas sind die integrierten Sensoren der BioGrip-Greifer zu sehen. (Bild: Christoph Wilsnack/Fraunhofer IWS)

Damit Roboter und autonome Systeme in der Landwirtschaft, Meeresforschung oder sogar auf fremden Planeten vielseitiger und eigenständiger agieren können, entwickelt das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) in Dresden neuartige Greifertechnologien. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kombinieren 3D-Drucktechniken mit Prinzipien aus der Natur, um künstlichen Greifern „Fingerspitzengefühl“ zu verleihen. Die Greifer sollen in der Lage sein, ohne Beschädigungen zuzugreifen und verschiedene Aufgaben selbstständig zu erledigen.

Wie funktioniert der bionische Greifer?

Das Konzept basiert auf flexiblen Greifern, die mittels 3D-Druck hergestellt und mit Sensoren ausgestattet werden. Diese Sensoren helfen, die nötige Griffkraft einzuschätzen, ohne die Objekte zu beschädigen. Inspiriert durch die Natur, lernen Roboterhände somit, ähnlich der menschlichen Hand, sanft zuzugreifen. Anwendungsmöglichkeiten gibt es etwa für Ernteroboter, die empfindliche Früchte wie Erdbeeren pflücken, oder für Rover, die Proben von unbekannter Form bergen können.

Welche Rolle spielt der Finray-Effekt?

Ein Schlüsselprinzip der Greifer ist der sogenannte Finray-Effekt, eine Technik, bei der sich Greifer um ein Objekt herumschließen. Die Inspiration hierzu liefert die Flossenstruktur bestimmter Fische, die Druck durch eine Gegenbewegung beantworten und auf diese Weise die angreifende Kraft sicher umschließen. Im Projekt Biogrip, das von Mitte 2021 bis Anfang 2023 lief, setzten die Ingenieurinnen und Ingenieure des Fraunhofer IWS diesen Effekt um und entwickelten flexible Greifer aus Polyurethan, die mithilfe des additiven 3D-Druckverfahrens „Fused Filament Fabrication“ (FFF) hergestellt wurden. Diese Greifer können Gegenstände greifen und sicher umfassen.

Wie erkennen die Sensoren Druck und Krümmung?

Die Greifer sind mit feinen Silber-Sensoren versehen, die Berührungen und Veränderungen in der Krümmung der Finger registrieren. Hierfür wird eine Silberpaste mit einem Dispensdrucker aufgetragen und per Infrarotstrahlung funktionalisiert. Dadurch kann sich das Leiterbahnmuster der Greiferfinger je nach Bewegung verändern und so den Griff präzise steuern. Verschiedene Sensoren messen zudem Druck und andere Berührungsparameter. Eine zukünftige Funktion könnte das Gewichtsermessen gegriffener Objekte durch ein leichtes Schütteln sein.

Greifer hält einen Apfel
Robotergreifer mit haptischen Fähigkeiten können Äpfel und anderes Obst künftig schonender fassen und sortieren. Dabei passt sich der im Projekt Biogrip entwickelte Greifer der Apfelform an. (Bild: Christoph Wilsnack/Fraunhofer IWS)

Welche Einsatzmöglichkeiten gibt es für die Greifer?

Die potenziellen Anwendungen der bionischen Greifer sind vielfältig. In der Industrie könnten die Systeme beispielsweise für die schonende Sortierung und Verpackung von Obst eingesetzt werden. Für die Raumfahrt bieten sie sich an, um Proben mit unvorhersehbaren Formen auf Planetenoberflächen wie dem Mars aufzunehmen. Biologinnen und Biologen könnten mit diesen Greifern empfindliche Meereslebewesen wie Seeigel oder Seegurken sammeln, ohne sie zu beschädigen.

Was bietet das Projekt Nature4Nature?

Neben Biogrip entwickelt das Fraunhofer IWS auch im Rahmen des Projekts Nature4Nature bionische Technologien. Hier arbeiten die Forscher an selbstreinigenden Filtern, die Mikroplastik aus dem Abwasser filtern sollen. Diese Filter sind an die Filterstrukturen von Rochen und Paddelfischen angelehnt, die aus dem Wasser gezielt Nahrungspartikel herausfiltern können. Ziel ist es, durch 3D-gedruckte Strukturen das Eindringen von Mikroplastik in die natürlichen Wasserkreisläufe zu minimieren.

Wie sieht die Zukunft der bionischen Technologien aus?

Die Forscher am Fraunhofer IWS sind überzeugt, dass die Kombination mehrerer additiver Fertigungsverfahren großes Potenzial für bionische Innovationen bietet. Dies umfasst sowohl die Herstellung anwendungsspezifischer Werkstoffe und Prozesse als auch die Überführung dieser Technologien in die Industrie.

Die Projekte im Überblick

Biogrip:

  • Fokus: Biologisch inspirierter,"fühlender" Finray-Greifer
  • Projektdauer: Juli 2021 bis Januar 2023
  • Fördermittelgeber: BMBF (499.000 Euro)
  • Projektpartner: Evo Logics Berlin, Ruag Space Bern und Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) Frankfurt am Main als assoziierter Partner

Nature4Nature:

  • Fokus: Bioinspiration durch Filtersysteme von Fischen (Anwendung: Mikroplastik-Filter)
  • Projektdauer: März 2023 bis Februar 2027
  • Fördermittelgeber: EU

Quelle: Fraunhofer IWS

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