Seit August 2020 hat Zahoransky Automation & Molds mit Sitz in Freiburg elf Anlagen zum Herstellen von Covid-19-Impfstoffbehältern, sogenannten Vials, aus Cyclo-Olefin-Copolymere (COC/COP) in die USA geliefert. Das Anlagenkonzept basiert auf den hoch automatisierten Downstream-Anlagen für Spritzenkörper mit integrierten Kanülen, da diese aus dem gleichen Polymer gefertigt werden. Sobald alle Anlagen, deren Investitionsvolumen bei rund 48 Mio. Euro liegt, in den USA in Betrieb genommen sind, ist es möglich, 600.000 Vials pro Tag herzustellen.
Projekte dieser Art werden von der Medical-Abteilung des Unternehmens länderübergreifend in einem Zeitraum von sechs bis acht Monaten abgewickelt, von der Entwicklungsphase bis zur einsatzfähigen Anlage.
Aus einem Guss
„Unsere High-Output-Spritzenanlagen arbeiten heute mit 16-fach-Werkzeugen“, hebt Michael Schmidt, Managing Director bei Zahoransky Automation & Molds, hervor. „Bei der Herstellung der Spritzenkörper aus COC und COP setzen wir standardmäßig Stickstoff zu, um eine Reaktion mit Sauerstoff zu vermeiden und so ohne Black Spots zu produzieren.“ Wichtig sei auch, dass die Spritzenkörper absolut lunker- und kratzerfrei sind und die Kanülenspitzen während des gesamten Fertigungsvorgangs nie berührt würden. „Auch deshalb verlangen die Anwender von unseren Anlagen umfangreiche Überwachungsvorgänge, mitunter sogar den Einsatz von Röntgenanlagen. Das alles gibt unser Modulsystem her“, so Michael Schmidt. Ganz nach individuellem Wunsch des Anwenders würden die modularen Komponenten zu vollautomatischen Fertigungsstraßen kombiniert.
Für alle Varianten
Am Anfang der Fertigungsstraße für Spritzen steht das Vereinzeln und als Variante das Biegen der Kanülen. Je nachdem, ob gebogene oder gerade Kanülen mit den Spritzenkörpern „verheiratet“ werden, wird ein vertikaler oder horizontaler Allrounder von Arburg, Loßburg, eingesetzt.
Bei der vertikalen Drehtischmaschine Allrounder T werden die lagerichtig orientierten und aufwendig biegewinkelgeprüften Kanülen in den unteren Werkzeugteil eingelegt und dort fertig umspritzt. Die Spritzen werden als Fertigprodukt in Insulinpumpen zur Selbstapplikation eingesetzt.
Die Varianten mit geraden Kanülen entstehen auf einem horizontalen elektrischen Allrounder A mit Reinraumausstattung. Die Verbindung entsteht durch das Anspritzen direkt am Flansch der Spritze in einem patentierten Werkzeug mit Heißkanalsystem und Nadelverschluss. Das Entnehmen der fertigen Artikel erfolgt parallel zum Einlegen der Kanülen. Die gesamte Anlage wird unter Reinraumbedingungen der Klasse ISO 8 betrieben. Um die hohe Präzision und Qualität der Fertigung sicherzustellen, sind umfangreiche Prüfschritte im gesamten Prozessverlauf integriert.
Gemeinsam in die Zukunft
Für das Herstellen von Spritzenkörpern ist der Spritzgießmaschinenhersteller aus dem Schwarzwald exklusiver Kooperationspartner. Michael Schmidt dazu: „Wir kennen Arburg schon lange als flexiblen Partner mit umfangreichem technischem Wissen und zuverlässigem Service – etwa aus der automatisierten Zahnbürstenfertigung.“ Darauf ließe sich aufbauen, denn Potenziale für die Zukunft gäbe es genug. So will Zahoransky beispielsweise auch im Bereich Laborbedarf expandieren.
Nachgefragt bei Michael Schmidt, Geschäftsführer Zahoransky Automation & Molds
Made in Black Forest
Um die Weltbevölkerung mit Corona-Impfstoff zu versorgen, werden Milliarden an Impfstoffbehältern, sogenannte Vials, benötigt. Diese gibt es aus Glas oder Kunststoff. Die aus Kunststoff im Spritzstreckblasverfahren hergestellten Hohlkörper durchlaufen diverse automatisierte Prüfschritte, bis sie an die SiO2-Innenbeschichtung übergeben werden. Michael Schmidt, Geschäftsführer Zahoransky Automation und Molds, berichtet im Plastverarbeiter Interview über die Umsetzung des Projekts innerhalb von sechs Monaten unter Corona-Bedingungen für einen in USA ansässigen Vials-Hersteller.
Was unterscheidet für die Anlagentechnik von Zahoransky einen Spritzenkörper von einem Vialkörper?
Michael Schmidt: Für uns sind tatsächlich beide, abgesehen von der Nadelspitze, die bei den Vials nicht vorhanden ist, nahezu gleich. In beiden Fällen handelt es sich um einen hochtransparenten Körper aus COC oder COP, der nach seiner Formgebung auf Kratzer und Black Spots kontrolliert werden muss. Hierfür setzen wir zahlreiche Kamerasysteme ein, die unterschiedlichste Blickwinkel abdecken. Die erfassten Daten werden protokolliert und können anhand des zu Beginn eingelaserten Datamatrixcodes jedem einzelnen Bauteil zugeordnet werden.
Ein halbes Jahr von der Auftragserteilung bis zur Inbetriebnahme der ersten Anlage. Wäre dies ohne Digitalisierung möglich?
Schmidt: Nein. Digitalisierung gehört bei uns seit einigen Jahren zum Tagesgeschäft und die Investition in Kommunikationsschnittstellen ist heute das A und O. Beispielsweise programmieren wir die Anlagen am digitalen Zwilling, sodass nach Aufbau und Verdrahtung der Module lediglich das fertige Programm aufgespielt werden braucht und die Inbetriebnahme kurzfristig erfolgen kann. Ich sehe es mittlerweile sogar so, dass die Mechanik einer Automatisierungsanlage der Elektronik beziehungsweise Software untergeordnet ist.
Bevor Sie die Vials prüfen und für die weiteren Prozessschritte zur Verfügung stellen können, müssen diese gefertigt werden. Welche Technik ist diesen Automatisierungslinien vorgeschaltet?
Schmidt: Die Vials können nicht im klassischen Spritzguss gefertigt werden, sondern durch Spritzstreckblasen. Hier setzen wir für diese Fertigungslinien nach Kundenvorgabe die Anlagentechnik des japanischen Herstellers Aoki ein. Doch wir sind dabei, zusammen mit einem deutschen Maschinenhersteller, diese Technik zu optimieren und künftig selbst zu bauen. Wir wollen auf kleinerer Stellfläche den Ausstoß von 10 auf 16 Fläschchen erhöhen, sodass pro Minute 64 Fläschchen gefertigt werden. Unser Ziel ist es, im dritten Quartal dieses Jahres einen vollständigen Prototyp einer Fertigungslinie präsentieren zu können.
Wie war die Umsetzung dieser elf Produktionslinien in dieser kurzen Zeit und unter den schwierigen äußeren Bedingungen überhaupt möglich?
Schmidt: Mit dem Unternehmen SiO2 mit Sitz in Alabama, USA, arbeiten wir seit längerem bei der Herstellung der Spritzenkörper zusammen, sodass sich die Projektpartner bereits kannten. Die Modulbauweise der Anlagen kam uns ebenso entgegen, wie die Vorgabe des Lieferanten für die Spritzstreckblasmaschinen der Fläschchen. Zu Beginn des Projektes waren zeitweise 25 Konstrukteure mit der Entwicklung der Anlagen beschäftigt. Parallel wurde das benötige Material wie Roboter, Steuerungen, PCs, Handlingsgeräte, Maschinenständer und Schaltschränke disponiert, um die elf Linien aufbauen zu können. Da die Zulieferer für die Komponenten nahezu alle in Deutschland ansässig sind, rissen die Lieferketten zum Glück nicht ab. Bei der Montage in Deutschland haben unsere Werke in Freiburg und Todtnau eng zusammengearbeitet. Außerdem haben wir zur Endmontage aus unserem spanischen Werk Monteure hierhergeholt. Eine weitere Herausforderung war die Logistik und der Transport, denn Transportflugzeuge waren im dritten Quartal letzten Jahres rar und die Frachtkosten exorbitant hoch. Doch allen widrigen Umständen zum Trotz konnten die Anlagen zu den vereinbarten Zeitpunkten in Betrieb genommen und der Impfstoff abgefüllt werden.