Herr Duffner, stellen Sie sich und Ihr Team doch bitte kurz unseren Lesern vor.
Martin Duffner: Wir sind ein junges Start-up aus München, das einen Katheter entwickelt, der Patienten vor Infektionen schützt. Wir sind ein interdisziplinäres Team aus vier Gründern, das sich während des Studiums kennengelernt hat. Mit unserer Technik können wir Katheter mit UV-C Licht sicher und dauerhaft während der Anwendung desinfizieren. Aktuell befinden wir uns mit unserer Innovation in der Entwicklung und Optimierung von Prototypen.
Sie sind ein junges Start-up, das bereits mehrfach für den innovativen Ansatz eines durch UV-C-Licht sterilisierten Harnwegskatheters ausgezeichnet wurde. Wie entstand diese Idee?
Duffner: Wir hatten im Rahmen eines Uni-Projektes die Möglichkeit, in einem Krankenhaus zu hospitieren, um dort Probleme und Verbesserungspotenziale im Gesundheitswesen zu untersuchen. Wir haben schnell erkannt, dass ein großer Teil der Krankenhausinfektionen mit Medizinprodukten, also zum Beispiel Kathetern, Schläuchen oder auch Sonden in Verbindung steht. Diese sind zwar essenziell für die Behandlung vieler unterschiedlicher Erkrankungen und Verletzungen, aber eben auch ein Einfallstor für Erreger. Um dieses Problem zu lösen, entwickeln wir einen medizinischen Katheter, der mithilfe von UV-C-Licht dauerhaft während der Behandlung desinfiziert wird und so Patientinnen und Patienten vor Infektionen schützt. Das Besondere dabei ist die eingesetzte Wellenlänge, die für Menschen in allen Umständen sicher ist und effektiv Krankheitserreger inaktiviert.
Was genau ist UV-C-Licht? Stellt dieses spezielle Anforderungen an den Katheterwerkstoff?
Duffner: UV-C ist neben UV-A und UV-B der kurzwellige Bereich von ultraviolettem Licht und ist genau wie sichtbares Licht elektromagnetische Strahlung. UV-C wird von der Erdatmosphäre allerdings weitgehend absorbiert, weswegen sie nicht bis zur Erdoberfläche gelangt. Wir verwenden wiederum einen sehr kleinen Bereich, nämlich 222 nm, das sicher für menschliche Zellen ist, aber Erreger eliminiert. Eigenschaften, die ein geeigneter Werkstoff aufweisen muss, sind demzufolge in erster Linie Biokompatibilität, Transparenz und Beständigkeit im UV-C-Bereich sowie einige mechanische Eigenschaften. Typische Katheter-Materialien wie Silikon sind aufgrund ihrer schlechten Transparenz für UV-Strahlung eher ungeeignet. Vielversprechender sind hier perfluorierte Kunststoffe wie FEP oder Teflon.
Das UV-C-Licht hat in erster Linie die Aufgabe, Viren und Bakterien abzutöten. Wird durch das Licht beispielsweise die Oberfläche des Katheters in Bezug auf ihre Gleitfähigkeit modifiziert?
Duffner: Das Licht sollte idealerweise nur Effekte auf Erreger haben und nicht die Eigenschaften des Katheters oder des Materials verändern. Solche Effekte hätten sehr aufwendige Sicherheitsprüfungen zur Folge, da die Parameter im klinischen Umfeld sehr unterschiedlich sein können. Beispielsweise sollte ein Katheter für eine Anwendung von fünf Tagen genauso sicher sein wie bei fünf Wochen. Die Gleiteigenschaften sind zur Vermeidung von Verletzungen aber tatsächlich ein wichtiges Kriterium. Hier sind aber das Material und Oberflächeneigenschaften die Stellschrauben.
Bei einem Katheter handelt es sich um einen dünnen Kunststoffschlauch, der in den Körper eingeführt wird. Wie schaffen Sie es technisch, das UV-C-Licht in diesen geringen Durchmesser einzuspeisen?
Duffner: Wir integrieren einen Lichtwellenleiter mit einem Durchmesser von unter 1 mm in den Katheter, der das Licht abgibt. Technisch handelt es sich um einen extrudierten Multilumen-Schlauch, was in der Medizintechnik, zum Beispiel bei Sonden oder minimalinvasiven Instrumenten in sehr kleinen Durchmessern vielfach angewendet wird. Unser Katheter wird dadurch nicht größer als herkömmliche Katheter.
Ab welchem Durchmesser-Längenverhältnis stößt die Technologie an ihre Grenzen?
Duffner: Katheter haben üblicherweise eine Länge von maximal 50 cm. Hier können wir mehr Lichtleistung einleiten und messen, als wir eigentlich benötigen. Wir haben die maximale Länge, bei der die Dosis zu gering würde aber nicht getestet.
Medizinische Produkte müssen vor ihrer Zulassung hohe Anforderungshürden nehmen. Wo lagen die bisher größten Hürden und wann ist mit einem potenziellen Marktstart zu rechnen?
Duffner: In der Tat ist der Zulassungsprozess aufwendig und komplex. Unser Produkt befindet sich zudem in einer hohen Risikoklasse, wodurch die regulatorischen Hürden hoch sind. Es müssen umfangreiche Tests zu Wirksamkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit des Produktes erbracht werden sowie ein zertifiziertes Qualitäts- und Risikomanagement implementiert sein. Wir denken aktuell, dass wir in 2026 klinische Studien durchführen und die Zulassung erhalten werden und planen 2027 mit dem Markteinstieg. Neben der Regulatorik ist außerdem die Sicherstellung unsere Finanzierung eine Herausforderung. Wir sind aktuell öffentlich gefördert und hoffen, weitere Förderungen zu erhalten.
Arbeiten Sie bei der Produktentwicklung mit Unternehmen oder Institutionen zusammen? Wenn ja, welches Know-how lassen diese in das Produkt miteinfließen?
Duffner: Wir sind eng in das Ökosystem der Hochschule München eingebunden, wo wir am BioMed Lab auf erstklassige Labore und Ausstattung zurückgreifen können. Außerdem bestehen enge Verbindungen zu Forschungsgruppen aus der Biophotonik, dem Zentrum für angewandtes Tissue Engineering und regenerative Medizin oder dem Laserzentrum. Wir sind auch offen für neue Kontakte, etwa aus der Industrie, die sich für unsere Innovation begeistern und sich eine Kooperation vorstellen können.
Ist es geplant, sowohl die Geräte zur Sterilisation als auch die Schläuche hier in Deutschland herstellen zu lassen?
Duffner: Im Rahmen der Zulassung müssen neben unserer Entwicklung auch alle Zulieferer oder Auftragsfertiger entsprechende Zertifikate für die Herstellung von Medizinprodukten vorweisen können. Da wir als „Legal Manufacturer“ höchste Produktqualität sicherstellen wollen und müssen, ist in der Tat die Fertigung in Deutschland geplant.
Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf Jahren? Haben Sie bereits Ideen für weitere Produkte in der Schublade?
Duffner: Harnwegskatheter sind für uns nur der Anfang. Wir möchten unsere Technologie auf alle medizinischen Schläuche anwenden, von denen eine Infektionsrisiko ausgeht wie Beatmungsschläuche, zentrale Venen- und Dialysekatheter et cetera. Wir glauben, dass dies zukünftig einen großen Teil der Krankenhausinfektionen vermeiden und Tausenden Patienten das Leben retten kann.
Quelle: Puray