Waren optoelektronische Sensoren in früheren Zeiten nur für einfache Automatisierungsaufgaben geeignet, bewiesen bildverarbeitende Vision-Sensoren das Gegenteil. In ihrem Innern verbirgt sich ein komplettes Bildverarbeitungssystem: Kamerachip, Optik, Beleuchtung, Prozessor und Schnittstellen sind in einem kompakten, industrietauglichen Sensorgehäuse vereint. Ein Sensor übernimmt heute komplexe Teileprüfungen und erledigt dies schneller und zuverlässiger als es ein Mensch vermag. Auch auf komplexe und unflexible PC-basierte Bildverarbeitungssysteme können Anwender oft verzichten, da Vision-Sensoren hinsichtlich Leistungsumfang und Präzision in den letzten Jahren zu diesen Systemen aufgeschlossen haben. Dabei sind sie so kompakt und kostengünstig wie ein herkömmlicher Sensor und fast ebenso einfach zu bedienen. Ein Vision-Sensor lässt sich in nahezu jede Anlage integrieren, zum Beispiel an einem Förderband oder in beziehungsweise an einer Roboterzuführung, und ermöglicht somit eine 100-Prozent-Inline-Kontrolle von Teilen und Baugruppen.
Das Fertigen und Montieren von Kunststoffteilen für Automobile ist ein typischer Einsatzbereich. Je nach Art und Komplexität der Bauteile übernehmen Vision-Sensoren unterschiedliche Aufgaben im Fertigungsablauf und in der Qualitätskontrolle. Im Wesentlichen lassen sich drei Anwendungsfelder unterscheiden: die Qualitätskontrolle bei der Spritzgieß-Fertigung der Teile, das automatisierte Handling bei der Montage sowie das Identifizieren und Rückverfolgen von Teilen und Baugruppen.
Alles dran?
Die Bauteilgeometrie lässt sich mit Vision-Sensoren effektiv kontrollieren. Typische Spritzgießfehler, wie unvollständig gefüllte Kavitäten (Unterspritzung oder Short Shot), Grate und Schwimmhäute (Überspritzungen), nicht korrekt abgetrennte Angüsse und andere Deformationen erkennt der Sensor. Dies funktioniert auch dann, wenn die Teile, etwa auf einem Fließband, in unterschiedlichen Lagen am Sensor vorbeikommen. Denn hochwertige Vision-Sensoren verfügen über eine integrierte Lagenachführung, wie der Visor von Sensopart, Gottenheim.
Auch für das Erkennen von Oberflächenfehlern, wie Kratzer oder Fremdkörpern, gibt es Vision-Sensor-basierte Lösungen. Dabei erkennt der Visor Color von Sensopart auch Farbabweichungen und sortiert Bauteile bei Bedarf nach Farbe.
Eine weitere Anwendung von Vision-Sensoren ist das Überprüfen von Einlegeteilen und – damit unmittelbar zusammenhängend – der Werkzeugschutz. Ein Beispiel sind die Kontaktstifte (Pins) eines Steckers, die in das Werkzeug eingelegt und anschließend umspritzt werden. Fehlt ein solcher Pin oder sitzt er schief, produziert die Spritzgießmaschine möglicherweise eine ganze Elektronik-Baugruppe völlig unnötig – teurer Ausschuss. Dies lässt sich durch rechtzeitige Kontrolle mit einem Vision-Sensor verhindern. Zugleich prüft dieser, ob ein Pin im Werkzeug zurückgeblieben ist, und verhindert so Beschädigungen am Werkzeug durch doppeltes Einlegen von Pins.
Sitz, passt, wackelt nicht
Auch in Handling- und Montagesystemen können sich Vision-Sensoren nützlich machen. Beispielsweise beim lagerichtigen Zuführen, dem Sortieren nach Form und Farbe oder dem Zurechtlegen von Teilen für einen Robotergreifer (Pick & Place). Außerdem prüfen Vision-Sensoren Kunststoff-Teile und Baugruppen auf Vollständigkeit: Zu den typischen Anwendungen gehören das Prüfen von Dichtungs-O-Ringen auf Vorhandensein und korrekten Sitz oder das Kontrollieren, ob sämtliche Pins in einem Stecker korrekt ausgerichtet sind (Taumelkreisprüfung).
Eine signifikante Kosten- und Zeitersparnis lässt sich durch Vision-Sensoren zudem bei der Vollständigkeitsprüfung von Automobil-Formteilen erreichen, etwa bei Verkleidungen für Türen oder Mittelkonsolen: Für die Anwesenheitsprüfung von eingelegten Befestigungs-Clips kommen bisher eigens gefräste Formschalen zum Einsatz, die anschließend mit induktiven Sensoren bestückt werden. Dieselbe Prüfung erledigt ein Vision-Sensor mit einer einzigen Bildaufnahme. Dadurch ist auch bei einer Formänderung keine neue Schale nötig. Das Anpassen der Sensorkonfiguration genügt. Das geht schneller und ist einfacher.
Auslesen von Codes und Klarschrifterkennung
Aufgrund der Variantenvielfalt und der Sicherheitsanforderungen verfügt nahezu jedes im Automobil verbaute Teil inzwischen über einen Barcode, Datamatrix-Code oder eine Seriennummer. Dies ermöglicht es, jedes Teil an jeder Stelle im Prozess zu identifizieren. Für diese Anwendung eignet sich ein Vision-Codeleser, der über Funktionen zum Code-Erkennen und -Bewerten sowie zum Klarschriftlesen (Optical Character Recognition, kurz: OCR) verfügt. So liest der Visor-Codeleser die in der Industrie gebräuchlichen Codetypen unabhängig von der Art ihrer Aufbringung. Dabei bewertet er auch die Qualität der Codes und signalisiert so frühzeitig sich abzeichnende Probleme im Prozess oder im Rohmaterial, um künftigen Lesefehlern vorzubeugen. Denn jedes aufgrund eines unleserlichen Codes nicht rückverfolgbare Teil ist zwangsläufig Ausschuss und damit ein Totalverlust. Parallel zur Code- oder Schrifterfassung lassen sich mit derselben Bildaufnahme geometrische Merkmale oder die Farbe überprüfen. Das spart einen zusätzlichen Sensor für diese Prüfaufgaben.
Autoren
Dr. Klaus Berdel
ist Projektmanager Vision bei Sensopart in Gottenheim.
Lothar Stöcks
ist Leiter Vertrieb Deutschland bei Sensopart in Gottenheim.