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Im Projekt MobDi werden Desinfektionsroboter sowohl für den Einsatz in Gebäuden (links) als auch in Verkehrsmitteln (rechts) entwickelt. (Bild: Stefanie Irrler)

Für die Desinfektion in Gebäuden und Verkehrsmitteln entwickeln die Projektpartner jeweils spezialisierte Serviceroboter. Die technische Grundlage für die Desinfektion in Gebäuden bildet der DeKonBot des Fraunhofer IPA, Stuttgart, den das Institut im letzten Jahr im gleichnamigen Vorgängerprojekt entwickelte. Dessen Werkzeug für die Wischdesinfektion werden die Forscher im Projekt weiter verbessern und die Plattform als Ganzes hinsichtlich einer späteren Serienproduktion optimieren. Der Roboter für die Desinfektion in Verkehrsmitteln entsteht am Fraunhofer IFAM, Bremen. Besonders herausfordernd ist dabei die Entwicklung einer modularen Antriebsunterstützung für das Überwinden von Spalten und Absätzen. Für beide Roboter erstellen die Projektpartner verschiedene Werkzeuge, die durch Wischen, Sprühen, UV- oder Plasmabehandlung desinfizieren. Die Roboter können diese nach Bedarf automatisch wechseln.

Das Fraunhofer IPA entwickelt zudem einen neuen Transportroboter, der unterschiedliche Handwagen mit sich führen kann, wie sie in Kliniken typischerweise eingesetzt werden. Im Vergleich zu vorhandenen Produkten zeichnet sich die Neuentwicklung durch kleine Abmessungen und ein besonders manövrierfähiges Fahrwerk aus. Das Fraunhofer IVV, Freising, unterstützt bei der hygienegerechten Gestaltung der verschiedenen Roboter. Zudem entwickelt das Institut Konzepte für deren Selbstreinigung. Diese verhindern, dass die Maschinen selbst zum Kontaminationsrisiko werden.

Verbesserte Wahrnehmungsfunktionen

Dank intelligenter Wahrnehmungsfunktionen werden die Desinfektionsroboter gezielt reinigen können. Dafür kommt ein neuer multimodaler 3D-Sensor des Fraunhofer IOF, Jena, zum Einsatz. Mithilfe dieses Sensors erkennen die Roboter während der Inbetriebnahme selbstständig alle Objekte, die sie desinfizieren sollen, und das Material, aus dem diese bestehen. Die Objekterkennung des Fraunhofer IPA sowie die Materialerkennung des Fraunhofer IPM, Freiburg, werten die Sensordaten mit Methoden des maschinellen Lernens aus. Damit erreichen sie eine robuste Erkennung, selbst wenn die Objekte in jeder Einsatzumgebung etwas anders aussehen.

Ein mehrschichtiges Umgebungsmodell des Fraunhofer IOSB, Karlsruhe, führt alle benötigten Informationen zusammen und ermöglicht den Robotern so, Reinigungsabläufe selbstständig zu planen. Es enthält eine Karte der Umgebung, die Position aller zu reinigenden Objekte sowie deren Material. Nicht immer müssen die Umgebungsdaten manuell eingelernt werden. Auf Basis der Arbeiten von Fraunhofer Italia wird es möglich sein, diese Informationen aus dem sogenannten Building Information Modeling (BIM) automatisch in das Umgebungsmodell zu laden. Das ist eine für viele Gebäude bereits vorhandene digitale Darstellung sämtlicher Bauwerksmerkmale.

Auch im Regelbetrieb soll künftig vor der Desinfektion einzelner Objekte eine Wahrnehmungsfunktion zum Einsatz kommen: Anhand des Verschmutzungsgrads sollen die Roboter die Reinigung optimieren und deren Erfolg verifizieren können. Das Fraunhofer FEP führt im Projekt erste grundlegende Untersuchungen durch, wie diese Verschmutzungen erkannt werden könnten.

Analyse der Reinigungsmethoden

Für eine gezielte und schonende Reinigung führen die Projektpartner Versuche mit den verschiedenen Reinigungs- und Desinfektionsverfahren auf weit verbreiteten Oberflächentypen wie Edelstahl und Kunststoffen durch. Neben der Analyse der einzelnen Verfahren untersuchen sie auch Kombinationsmöglichkeiten verschiedener Reinigungs- und Desinfektionsverfahren. So könnten die Roboter beispielsweise zunächst einen Türgriff wischen und anschließend UV-Licht einsetzen, um auch die Keime an schwer zugänglichen Stellen zu neutralisieren. Das Fraunhofer ILT, Aachen, wird speziell den kombinierten Einsatz von UV- und Plasmaquellen analysieren.

Für die verschiedenen Verfahren werten die Forscher der Fraunhofer-Institute FEP, Dresden, und IFAM den Desinfektionserfolg sowohl anhand von Verunreinigungen mit Bakterien- als auch mit Virenproben aus. Außerdem untersucht das Fraunhofer IST, Braunschweig, mögliche Materialschädigungen und das Fraunhofer IWS, Dresden, die Entstehung schädlicher Zersetzungsprodukte. So soll eine Methodik entwickelt werden, um für jeden Desinfektionsvorgang abhängig von Material und Verschmutzungsgrad die am besten geeigneten Verfahren auszuwählen.

Bedarfsgerechte Entwicklung

Die technischen Entwicklungen in »MobDi« basieren auf vom Fraunhofer IMW verantworteten Anforderungs-, Nutzen- und Wirtschaftlichkeitsanalysen. Um die Roboter bedarfs- und praxisgerecht anzupassen, entwickelten die Projektpartner gleich zu Projektbeginn gemeinsam mit Anwendern die Szenarien, die mit den Robotern umgesetzt werden sollen, und leiteten daraus die technischen Anforderungen ab. Dazu führten sie zahlreiche Gespräche mit Logistik- und Hygieneexperten in Kliniken nebst Betreibern und Reinigungskräften in Gebäuden und im Personenverkehr. Die Anwender werden zudem in das Projekt eingebunden, um intuitiv bedienbare Nutzerschnittstellen für das Einrichten und den täglichen Betrieb der Roboter zu entwickeln.

Bis zum Abschluss des Projekts im September 2021 sollen die entwickelten Roboter auch praktisch evaluiert werden. Die Projektpartner werden diese zunächst in ihren jeweiligen Labors testen und danach in realistischen Einsatzumgebungen wie in einem öffentlichen Gebäude, im Personenverkehr oder in einer Klinik. Die Ergebnisse gleichen sie dabei mit sogenannten Key Performance Indicators (KPIs) ab. Bereits zu Projektbeginn wurden diese KPIs, also Kriterien für einen erfolgreichen Einsatz der Roboter im entsprechenden Anwendungsfeld, mit potenziellen Nutzern ermittelt.

Auf einen Blick

Projektpartner und ihr Beitrag

  • Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA: Projektleitung, Entwicklung des neuen Transportroboters, Integration neuer Technologien und Funktionalitäten in den Desinfektionsroboter für den Einsatz in öffentlichen Gebäuden, (Weiter-)Entwicklung der Navigations- und Objekterkennungssoftware
  • Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW: Prozess- und Bedarfsanalysen, Identifikation relevanter Leistungsparameter, Nutzerevaluierung und Wirtschaftlichkeitsanalysen
  • Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB: 3D-Kartierung der Umgebung, layerbasiertes Umgebungsmodell, Entwicklung und Auslegung von UV-C-Quellen
  • Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM: Entwicklung eines Desinfektionsroboters für den öffentlichen Personenverkehr, einer modularen Antriebsunterstützung zum Überwinden von Spalten und Absätzen sowie eines Reinigungsendeffektors, Validierung des Desinfektionserfolgs
  • Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST: Entwicklung von Plasmaquellen zur Reinigung und Desinfektion, Bewertung der Wirkung und Materialverträglichkeit von Desinfektionsverfahren
  • Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP: Verschmutzungserkennung, Oberflächenbehandlung mit UV, Validierung des Desinfektionserfolgs
  • Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF: Entwicklung eines multimodalen 3D-Sensors für zuverlässige Datenlieferung auf unterschiedlichen Materialien
  • Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS: Nachreinigungskonzepte zur Entfernung von Reaktions- und Zersetzungsprodukten aus der Luft
  • Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM: Materialerkennung
  • Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT: Entwicklung kombinierter UV-/Plasma-Strahlungsquellen
  • Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV: Hygienic Design-Konzepte für neu entwickelte Hardwarelösungen
  • Fraunhofer Italia Research Konsortialgesellschaft GmbH: Integration des Building Information Modeling (BIM) mit dem layerbasierten Umgebungsmodell

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