Theo Steininger

Dr. Theo Steininger: Gründer und CEO von Erium. (Bild: Erium)

Was verstehen Sie unter generativer KI?

Theo Steininger: Unter generativer KI verstehe ich eine Technologie, die weit über die einfache Implementierung von Chatbots hinausgeht. Generative KI analysiert und optimiert Denkprozesse innerhalb eines Unternehmens, indem sie manuelle Tätigkeiten automatisiert und Geschäftsprozesse effizienter gestaltet. Die eigentliche Stärke dieser Technologie liegt in ihrer Fähigkeit, komplexe Aufgaben wie Informationsextraktion und Textkondensation zu bewältigen, indem sie Kontext interpretiert und nicht nur einfache Suchanfragen beantwortet.

Seit der Veröffentlichung von ChatGPT-4 sind die Modelle ausreichend leistungsfähig, um die meisten geschäftlichen Anwendungsfälle zu unterstützen. Es ist nicht immer notwendig, auf die neuesten und komplexesten Modelle zu setzen; vielmehr kommt es darauf an, die vorhandene Technologie richtig in die Geschäftsprozesse zu integrieren. Durch die Automatisierung und die KI-basierte Analyse können Unternehmen nicht nur ihre Effizienz steigern und Kosten senken, sondern auch neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen und ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Integration von generativer KI in bestehende Produktionsprozesse und wie können diese überwunden werden?

Steininger: Die Integration von generativer KI in bestehende Produktionsprozesse bringt mehrere Herausforderungen mit sich, die jedoch auch Chancen bieten, diese zu überwinden:

  1. Dokumentation der Prozesse: Ein häufiges Problem besteht darin, dass die Dokumentation der Produktionsprozesse oft nur in den Köpfen der Mitarbeiter existiert und nicht ordentlich aufgeschrieben oder notorisch veraltet ist. Dies erschwert die Integration von KI, da die KI auf genaue und aktuelle Prozessinformationen angewiesen ist.
    • Chance: Generative KI kann genutzt werden, um das Wissen der Mitarbeiter in strukturierter Form zu erfassen und zu speichern. Durch Interviews und Gespräche mit den Mitarbeitern kann die KI das implizite Wissen extrahieren und dokumentieren, wodurch eine solide Grundlage für die Automatisierung und Optimierung der Prozesse geschaffen wird.
  2. Zugriff auf Datenquellen: Eine weitere Herausforderung ist, dass die generative KI oft keinen Zugriff auf die notwendigen Datenquellen hat, sei es numerische oder textuelle Daten. Ohne diese Daten kann die KI keine fundierten Entscheidungen treffen oder Prozesse verbessern.
    • Chance: Generative KI kann helfen, die notwendigen Datenkonnektoren schneller zu entwickeln als herkömmliche Methoden. Durch die Automatisierung der Datenintegration können Unternehmen sicherstellen, dass die KI Zugang zu allen relevanten Daten hat, um ihre Aufgaben effektiv zu erfüllen.
  3. Dynamische Reaktionen der Mitarbeiter: Mitarbeiter reagieren oft spontan und dynamisch auf Herausforderungen, was die KI nicht immer mitbekommt. Dies kann dazu führen, dass die KI nicht sinnvoll unterstützen kann, da sie nicht über die aktuellen Entwicklungen informiert ist.
    • Chance: Generative KI bietet Technologien für Sprach-Ein- und Ausgabe, die es ermöglichen, KI-Agenten unmittelbar in den Arbeitsalltag zu integrieren. Durch Sprachschnittstellen können Mitarbeiter die KI in Echtzeit informieren und Anweisungen geben, wodurch die KI besser auf dynamische Veränderungen reagieren kann.
  4. Verarbeitung von numerischen Daten: Generative KI ist sehr gut geeignet, um sprachliche Inhalte zu verarbeiten, jedoch weniger geeignet für die Verarbeitung numerischer Daten.
    • Chance: Durch die Kombination von generativer KI mit klassischem Machine Learning & Data Science können die Stärken beider Systeme genutzt werden. Die generative KI kann den Code generieren und ausführen, der die numerischen Analysen durchführt. Auf diese Weise können Unternehmen sowohl sprachliche als auch numerische Daten effizient verarbeiten und analysieren.

Wie wichtig wird die KI in Zukunft für kunststoffverarbeitende Unternehmen sein?

Steininger: Die Bedeutung von KI, insbesondere generativer KI, für kunststoffverarbeitende Unternehmen wird in Zukunft immer wichtiger. Dies lässt sich anhand mehrerer zentraler Aspekte verdeutlichen:

  1. Regulatorische Rahmenbedingungen und Nachhaltigkeit: Nachhaltigkeit ist ein kritischer Zukunftsaspekt in der Kunststoffbranche. Unternehmen müssen zunehmend strenge regulatorische Anforderungen erfüllen und umfassende Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Generative KI kann diesen Prozess erheblich unterstützen, indem sie die notwendigen Daten sammelt, analysiert und in Berichtsform aufbereitet. Dies ermöglicht eine effizientere und genauere Einhaltung der Vorschriften und trägt zur nachhaltigen Entwicklung bei.
  2. Know-How der Mitarbeiter und Anwendung von Rezyklaten: Die Verwendung von Rezyklaten wird immer wichtiger, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Dies erfordert jedoch, dass Produktionsanlagen in der Lage sind, dynamisch auf Schwankungen im Granulat zu reagieren. Gleichzeitig sinkt das Expertise-Niveau der Anlagenbediener, was die Herausforderung weiter verstärkt. Hier kann generative KI durch zielgerichtete Arbeitsanweisungen und die Automatisierung der Parameter-Optimierung unterstützen. Die KI kann Echtzeit-Anweisungen geben und Anpassungen vornehmen, um die Effizienz und Qualität der Produktion zu gewährleisten.
  3. Materialentwicklung: Die Entwicklung neuer Materialkompositionen, die eine bessere Rezyklierfähigkeit aufweisen, ist ein weiterer wichtiger Bereich. Generative KI ist eine Schlüsseltechnologie, um innovative Materialzusammensetzungen zu finden. Durch die Analyse großer Datenmengen und die Simulation verschiedener Szenarien kann die KI neue Materialien identifizieren, die sowohl leistungsfähig als auch umweltfreundlich sind.

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Kunststoff-Institut Lüdenscheid für die mittelständische Wirtschaft NRW GmbH K.I.M.W.

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