Der Doppelschneckenextruder eignet sich aufgrund seiner intensiven Dispergier- und Entgasungsleistung in besonderem Maße für das engergieeffiziente chemische Recycling von gemischten Kunststoffabfällen.

Der Doppelschneckenextruder eignet sich aufgrund seiner intensiven Dispergier- und Entgasungsleistung in besonderem Maße für das engergieeffiziente chemische Recycling von gemischten Kunststoffabfällen. (Bild: Coperion)

Kunststoffabfälle, speziell Verpackungsabfälle, liegen häufig ausschließlich als Gemische mit hohem Verschmutzungsgrad vor. Deren Recycling ist zumeist schwierig, da das Sortieren und Reinigen der Abfälle in vielen Fällen nicht ökonomisch sinnvoll oder technisch umsetzbar ist. Das chemische Recycling gilt als vielversprechender Prozess, um diese Materialströme dennoch rohstofflich rezyklieren zu können. Über diese Anwendung können Rohstoffe für die Kunststoff- und Kraftstoffproduktion zurückgewonnen werden.

Forschung an der Universität Gent

Die Universität Gent gilt als Vorreiter bei der Entwicklung des chemischen Recyclings von Kunststoffabfällen. Auf sie gehen bereits mehrere zukunftsweisende Entwicklungen zurück, die den Weg der Kunststoffindus­trie zu mehr Nachhaltigkeit ebnen. Chemische Reak-tionstechnik im Allgemeinen und die Kinetik chemischer Reaktionen im Besonderen sind wichtige Forschungsgebiete am Labor für Chemische Technologie (LCT) der Universität Gent. Dazu gehören unter anderem das Optimieren bestehender industrieller Prozesse sowie das Entwickeln, Optimieren und Scale-up neuer Technologien, um Abfallströme und Energieverbrauch zu reduzieren.

Das chemische Recycling gilt als vielversprechender Prozess, um gemischte Kunststoffabfälle sowohl technisch als auch ökonomisch sinnvoll rezyklieren zu können.
Das chemische Recycling gilt als vielversprechender Prozess, um gemischte Kunststoffabfälle sowohl technisch als auch ökonomisch sinnvoll rezyklieren zu können. (Bild: Coperion)

Doppelschneckenextrusion für effizienten Energieeintrag

Nachdem der Post-Consumer-Abfall, geschreddert oder kompaktiert, mittels Dosierer zuverlässig in den Extruder eingebracht wurde, wird dort in kurzer Zeit mittels kontinuierlicher Oberflächenerneuerung sowie intensiver Dispergierung und Scherung über die Doppelwellen sehr viel mechanische Energie in die Materie eingetragen.

Innerhalb von circa 30 s entsteht eine homogene, stark entgaste, bis zu 350 °C heiße Schmelze, in die die Energie effizient eingebracht wurde. Weitere Stoffe wie Katalysatoren können bei Bedarf hinzu dosiert und eingemischt werden. Teilweise werden mit den Kunststoffabfällen Wasserrückstände oder Chloride aus PVC in geringen Mengen in den Extruder eingebracht. Beides wird über Vakuumentgasungen am Ex­truder zuverlässig abgeführt.

Die Doppelschneckenextrudertechnologie deckt einen sehr breiten Durchsatzbereich ab. Auf größeren Extrusionsanlagen können bei diesem Prozess Durchsätze von bis zu 20 t/h realisiert werden. Dank der wirksamen Arbeitsweise der Doppelschnecken werden Polymere verschiedenster Viskositäten zuverlässig plastifiziert. Die plastische Energiedissipation erfolgt in kürzester Zeit. Alle produktberührenden Teile des Extruder können bei Bedarf mit hohem Korrosions- und Verschleißschutz ausgeführt werden, so dass auch die Verarbeitung aggressiver Stoffe langzeitig möglich ist.

Rückgewinnung der Rohstoffe

Im Reaktor wird die Schmelze, die zuvor im Doppelschneckenextruder auf bis zu 350 °C erhitzt wurde, weiter aufgeheizt. Bei bis zu 500 °C erfolgt die Pyrolyse der Polymere, die auf dem Prinzip der zufälligen Spaltung basiert und Radikale erzeugt. Gleichzeitig werden unter Sauerstoffausschluss Kettenreaktionen ausgelöst, die zum Spalten der Polymere in ein Gemisch aus flüssigen und gasförmigen Kohlenwasserstoffen führen. Die wichtigsten Faktoren zur Prozesssteuerung sind die Verweilzeit, die Temperatur und die Art des Pyrolysemittels.

Alle anorganischen Bestandteile des Post-Consumer-Abfalls verbleiben im Sumpf des Reaktors und werden dort ausgeschleust. Die organischen Kohlenwasserstoffe der Polymere verflüchtigen sich. Sie werden zu Monomeren, petrochemischen Grundstoffen oder Synthesegasen umgewandelt und in einem Destillator zu marktfähigen Produkten wie Öl, Schweröl oder Wachsen weiterverarbeitet.

Forschung in der Praxis

Auch wenn das mechanische Recycling von Kunststoffen als eine sehr praktikable Methode der Kunststoffwiederverwertung gilt, weist sie aufgrund der Schwierigkeiten bei der Abfalltrennung Grenzen auf. Mit chemischem Recycling können diese Einschränkungen überwunden werden.

Der Doppelschneckenextruder ZSK 18 Megalab von Coperion, Stuttgart, wird Teil eines neuen Aufbaus für chemisches Recycling an der Universität Gent sein. Er wird unter anderem mit einem Wirbelreaktor gekoppelt sein; so fließt der geschmolzene Kunststoff direkt in den Reaktor. Es können verschiedene Technologien zum Umwandeln der Kunststoffabfälle in Chemikalien eingesetzt werden, so zum Beispiel die katalytische Pyrolyse oder die thermochemische Verarbeitung (Cracken)

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