Bereits deutlich vor der Corona-Pandemie waren die Marktvolumina zurückgegangen, vor allem in der Automobilindustrie. „Die schlechte konjunkturelle Entwicklung wurde durch Covid-19 allerdings verschärft“, berichtet Dr. Christoph Steger, CSO der Engel Gruppe. „Wir gehen für das laufende Geschäftsjahr 2020/21 von einem weiteren Umsatzrückgang von zuletzt 1,3 Mrd. Euro im Geschäftsjahr 2019/20 um 20 bis 25 Prozent aus.“ Das Jahr 2021 sei mit großen Unsicherheiten verbunden, führt Steger aus. Eine Prognose hinsichtlich einer möglichen Erholung der für die Kunststoffindustrie wichtigen Märkte ist derzeit aufgrund der nicht abschätzbaren weiteren Entwicklung der Pandemie nicht möglich. Dabei kam es dem Unternehmen in den letzten Monaten zugute, unterschiedliche Branchen zu bedienen. Die Medizintechnik wächst und hat durch Covid-19 zusätzlichen Schub erfahren. Die Kunststoffindustrie leistet einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie.
USA und China mit Anzeichen der Erholung
Erste Anzeichen einer konjunkturellen Erholung kommen aus China und Nordamerika. Die Industrieproduktion in China erholt sich im gesamtasiatischen Vergleich am schnellsten, was auch am Spritzgießmarkt abzulesen ist. „China läuft wieder gut“, berichtet Steger. Die stärksten Wachstumsimpulse dort kommen aus dem Baugewerbe, vor allem aus Projekten im Bereich der Infrastruktur, aber auch die Automobilindustrie zieht wieder an. Darüber hinaus entwickeln sich Medical und Packaging in China erfreulich.
In Nordamerika sind es vor allem Haushaltswaren sowie Sport- und Freizeitartikel, die die Wirtschaft anlaufen lassen. „In den USA ist der Stay-at-home-Trend besonders stark zu spüren“, sagt Steger. Aus dem insgesamt noch zurückhaltenden Automotive-Markt heben sich die SUV- und Truck-Produktion ab, die beide gut laufen.
Medical und Packaging wachsen weiter
Europa wurde von der Krise mit besonderer Wucht getroffen und meldet sich nur zögerlich zurück. „Ob die europäische Spritzgießindustrie überhaupt wieder das Vorkrisenniveau erreichen wird, steht in den Sternen“, sagt Steger.
Die Bereiche Packaging und Medical bilden auch in Europa Ausnahmen. Nicht zuletzt durch Covid-19 erfahren beide Branche weiteres Wachstum. Covid-19 hat die Diskussion um Kunststoffprodukte ein Stück weit in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung verschoben. „Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass Kunststoffe in unserem modernen Leben unverzichtbar sind. Sie leisten wesentliche Beiträge für unsere Gesundheit und Hygiene“, betont Stefan Engleder. „Das ist eine gute Basis, von nun an differenziertere Gespräche zu führen und Entscheidungen auf der Grundlage von Fakten zu treffen. Der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft ist aktuell die größte Herausforderung, vor der die weltweite Kunststoffindustrie steht. Und diese Herausforderung packen wir konsequent an. Das Thema ist weiterhin ein Schwerpunkt unserer Entwicklungsarbeit.“
Lockerungen der Restriktionen kurbeln Wirtschaft an
In den weiteren Regionen sind die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie zum Teil noch stark zu spüren. Darunter Lateinamerika, wo die Kunststoffindustrie jedoch ähnlich wie in den USA vom Stay-at-Home-Trend profitiert. In Mexiko nährt sich aufgrund der engen Vernetzung mit der US-Industrieproduktion die Hoffnung auf eine Erholung.
In Südostasien ist es der thailändische Markt, der sich am schnellsten sowohl von der Automobilkrise als auch vom Lockdown erholt. Die optimistische Stimmung resultiert nicht zuletzt aus den Lockerungen der lokalen Kontakt- und Reiserestriktionen, während dagegen zum Beispiel in Singapur nach wie vor keine direkten Kundenkontakte möglich sind.
Produktivität und Lieferfähigkeit absichern
Gerade in diesen herausfordernden Zeiten investiert der Maschinenbauer konsequent weiter in die Entwicklung neuer Produkte, Technologien und Lösungen mit dem Ziel, die sich neu eröffnenden Chancen bestmöglich zu nutzen und seine Wettbewerbsvorteile für die Zeiten des Aufschwungs weiter auszubauen. Innovationstreiber sind neben dem Aufbau einer Kreislaufwirtschaft die Transformation des Automobils und vor allem die Digitalisierung, die nicht zuletzt wiederum den anderen beiden Trends den Weg bereitet.
„Covid-19 hat die Digitalisierung industrieller Prozesse beschleunigt. Virtuelle Besprechungen und selbst virtuelle Serviceeinsätze sind jetzt Teil unseres Alltags, und das macht viele Prozesse effizienter“, sagt Engleder. „Mit Hilfe von Remote-Services und Online-Support konnten wir unsere Kunden auch während des Shutdowns durchgehend sehr gut unterstützen. Viele Firmen befassen sich jetzt mit der Frage, wie sie im Falle von Krisen ihre Produktivität und ihre Lieferfähigkeit absichern können. Das motiviert uns, weiter stark in die Entwicklung digitaler Lösungen zu investieren.“
Unterstützung über den gesamten Produktlebenszyklus
Neu ist, dass das Unternehmen dabei immer stärker den gesamten Produktlebenszyklus fokussiert. „Wir begleiten unsere Kunden zunehmend von der Designphase über die Produktionsphase bis hin zum Recycling am End-of-life“, macht Engleder deutlich. „Darauf richten wir unser Inject 4.0 Programm in der weiteren Entwicklung konsequent aus.“
Digitale Lösungen spielen auf allen Ebenen des Produktlebenszyklus‘ eine immer wichtigere Rolle. Bereits heute unterstützt der Maschinenbauter die Anwender mit zahlreichen etablierten und in der Praxis vielfach bewährten digitalen Lösungen, Effizienz- und Qualitätspotenziale entlang des gesamten Wertstroms auszuschöpfen. Die größten Entwicklungssprünge in den kommenden Jahren werden im Bereich der Dienstleistungen liegen. Mit dem neuen Engel performance.boost setzt das Unternehmen bereits zur Live e-xperience 2020 einen Meilenstein. Im Rahmen des Dienstleistungspakets erhalten die Kunststoffverarbeiter von erfahrenen Anlagentechnikern Unterstützung bei der Prozessoptimierung, remote und mit dem Einsatz von Inject 4.0 Technologien.