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Dr. Martin Füllenbach, Vorstandsvorsitzender der Semperit Holding, sieht das Unternehmen auch während Coronakrise gut aufgestellt. (Bild: Semperit)

„Dies ist ein deutlicher Beleg dafür, wie gut und erfolgreich die Maßnahmen unseres Restrukturierungs- und Transformationsprozesses, der nun durch Corona nochmals beschleunigt wird, greifen“, sagt Dr. Martin Füllenbach, Vorsitzender des Vorstands der Semperit Holding. „Die drastische Verbesserung im Sektor Medizin ist überwiegend Ergebnis unserer unermüdlichen Produktivitätssteigerungsmaßnahmen und operativen Fortschritte seit Anfang 2018.“

Seit März hat Semperit unter anderem in Kooperation mit dem Krisenstab der österreichischen Bundesregierung mehr als 60 Millionen Handschuhe zur Versorgung medizinischen Personals in Österreich mit Schutzausrüstung geliefert. Man setze im Zuge der Coronakrise neue Prioritäten, so Füllenbach weiter. Aktuelle stehe die Unterstützung Österreichs mit medizinischen Schutzhandschuhen im Vordergrund. Daher verzögere sich die Umsetzung der strategischen Grundsatzentscheidung zur Trennung vom Medizingeschäft.

Externe Faktoren: Belastung voraussichtlich im zweiten Halbjahr

An den für die Semperit-Gruppe relevanten Rohstoffmärkten gab es positive Entwicklungen. Die Situation gelte es jedoch weiterhin zu beobachten, so die Gruppe. Der Konzern hat im Zuge der Coronakrise vorbeugend alternative Lieferanten gesichert. Zu den aktuellen Belastungen für die globale Weltwirtschaft zählen zunehmend die durch den weltweiten Lockdown verursachten Produktionsstopps, die Unterbrechung der globalen Lieferketten und die Verschuldung der Staatshaushalte der Industriestaaten. Diese marktrelevanten externen Faktoren beeinflussen das Geschäft der Semperit-Gruppe im zweiten Halbjahr 2020 zunehmend.

Konjunkturell bedingter Umsatzrückgang im ersten Quartal

Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum verzeichnete die Semperit-Gruppe im ersten Quartal 2020 einen Umsatzrückgang von -6,5 Prozent auf 199,1 Mio. EUR. Im Sektor Industrie ging der Umsatz um -14,0 Prozent zurück. Der Sektor Medizin konnte hingegen eine Steigerung von 8,4 Prozent erzielen. Der im Wesentlichen konjunkturbedingte Rückgang im Sektor Industrie war vor allem durch das Segment Semperflex, aber auch die anderen Industriesegmente geprägt. Die Ergebnisse des Sektors Industrie berichtet das Unternehmen im ersten Quartal 2020 das erste Mal in der neuen Struktur. Der Sektor besteht nun aus vier Segmenten: Semperflex, Sempertrans, Semperseal und Semperform.

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Aktuell profitiert Semperit von einer gestiegenen Nachfrage nach Untersuchungs- und Schutzhandschuhen sowie Operationshandschuhen. (Bildquelle: Semperit)

Die Umsatzsteigerung im Sektor Medizin beruht vorwiegend auf einem Anstieg der abgesetzten Mengen. Es zeigten sich die ersten Auswirkungen der Coronakrise in einer gestiegenen Nachfrage nach Untersuchungs- und Schutzhandschuhen sowie Operationshandschuhen.

Robuste Profitabilitätssteigerung

Das Ebitda stieg trotz des Umsatzrückgangs aufgrund von Kostenreduktion von 16,5 Mio. EUR im ersten Quartal 2019 auf 16,9 Mio. EUR im ersten Quartal 2020. Die Ebitda-Marge verbesserte sich entsprechend von 7,7 auf 8,5 Prozent. Die Abschreibungen verringerten sich auf 7,1 Mio. EUR um -18,1 Prozent. Das Ebit verbesserte sich auf 9,8 Mio. EUR im ersten Quartal 2020 gegenüber 7,8 Mio. EUR Vorjahreszeitraum. Die Ebit-Marge stieg von 3,7 auf 4,9 Prozent.

Die zahlungswirksamen Investitionen in Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte lagen im ersten Quartal 2020 mit 6,8 Mio. EUR unter dem Vorjahresniveau von 16,2 Mio. EUR. Die Schwerpunkte bildeten hauptsächlich kapazitätserhaltende Investitionen. Die liquiden Mittel lagen per 31. März 2020 bei 151,5 Mio. EUR. Zum Jahresende 2019 lagen diese bei 141,4 Mio. EUR. Das lag unter anderem an einem verbesserten Cash Management und der Verringerung der Investitionen in Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte.

Wirtschaftliche Abkühlung im Sektor Industrie

Der Sektor Industrie – allen voran Semperflex – wurde vomm konjunkturellen Abschwung getroffen. Der Umsatz des Sektors von 141,4 Mio. EUR ging um 14,0 Prozent auf 121,6 Mio. EUR zurück. Auch die Profitabilität des Sektors Industrie ging zurück. Das Ebitda nahm um -27,9 Prozent auf 17,7 Mio. EUR ab.

Erste Schritte zur regionalen Bearbeitung im Zusammenhang mit der Nordamerika-Expansion haben erfreuliche Marktreaktionen gebracht. Das Expansionsprojekt wird allerdings aufgrund der Coronakrise verzögert.

Sektor Medizin: Corona pusht Nachfrage

Die Entwicklung des Segments Sempermed war im ersten Quartal insbesondere durch den Anstieg der Produktionsmengen gekennzeichnet. Die Absatzmengen konnten erhöht werden. Die Maßnahmen des Restrukturierungs- und Transformationsprozesses zeigten auch bei der Produktivität nachhaltig positive Auswirkungen. Das Ebitda lag im ersten Quartal 2020 bei 4,8 Mio. EUR nach -0,9 Mio. EUR im ersten Quartal 2019.

Aufgrund der anhaltenden Coronakrise herrscht im Sektor Medizin eine überdurchschnittlich starke Nachfrage. Das Ergebnis im Jahr 2020 wird gemäß den aktuellen Erwartungen deutlich über dem von 2019 liegen. Wenngleich die operativen Kennzahlen bei Sempermed derzeit positiv sind, kennzeichnet den Sektor Medizin eine unverändert scharfe Wettbewerbsdynamik.

Jahresverlauf 2020: Begrenzte Aussagemöglichkeiten

Die Coronakrise beeinflusst die Entwicklung des Unternehmens in den kommenden Monaten: Da die weiteren Effekte von Corona auf Weltwirtschaft und Gesellschaft nach wie vor unklar sind, können auch die Auswirkungen auf Semperit derzeit nicht näher abgeschätzt werden. Hinzu kommt die sich seit dem Vorjahr abzeichnende konjunkturelle Abkühlung, die insbesondere den Sektor Industrie deutlich belasten wird. Im Sektor Medizin zeichnet sich infolge der erfolgreichen operativen Restrukturierung der vergangenen Jahre sowie durch die aktuell erhöhte Nachfrage nach medizinischen Handschuhen eine deutliche Verbesserung für das Geschäftsjahr ab. Zusätzliche Potenziale können aus einer möglichen positiven Marktdynamik und steigendem Marktpreisniveau resultieren.

Um die Coronakrise bestmöglich managen zu können, hat die Semperit-Gruppe frühzeitig entsprechende Maßnahmen eingeleitet: Zum Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter arbeiten alle Personen, die nicht in die operativen Produktionsprozesse eingebunden sind, von Zuhause aus. Die benötigten Produktionsmengen sichern erforderlichenfalls alternative Rohstofflieferanten. Im ersten Quartal waren – abgesehen vom Shutdown in China im Februar und in Indien vor allem im April – keine wesentlichen Beeinträchtigungen erkennbar. Erste Unsicherheiten auf den Märkten wurden erst Ende März spürbar.

Vor diesem Hintergrund erwartet Semperit ein Geschäftsjahr, gekennzeichnet das von signifikanten Herausforderungen. Dies wird sich infolge der konjunkturbedingten Entwicklungen und der Corona-Krise in sichtbar niedrigeren Ergebnissen im Sektor Industrie widerspiegeln: Es ist damit zu rechnen, dass sich die Coronakrise und der dadurch verstärkende wirtschaftliche Abschwung auf die Semperit-Gruppe erst leicht verzögert auswirken wird. Deutliche Rückgänge bei Umsatz und Ergebnis erwartet der Konzern insbesondere ab dem 2. Halbjahr. Das Ergebnis im Sektor Medizin beeinflussen hingegen die gesteigerten Nachfrage und potenzielle Preissteigerungen. In welchem Ausmaß diese Aufwärtstendenzen die negativen Wirkungen aus dem Sektor Industrie kompensieren können, ist aus heutiger Sicht noch nicht abschätzbar. (jhn)

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