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Wendelverteilerwerkzeug (Bild: alle IKV)

Für eine homogene Foliendickenverteilung ist es essenziell, dass der Volumenstrom am Werkzeugaustritt so homogen wie möglich ist. Daher sind Extrusionswerkzeuge symmetrisch aufgebaut und streben gleiche Druckverluste entlang jedes Fließweges an [1, 2]. Wendelverteilerwerkzeuge verwenden meist natürlich balancierte binäre Vorverteiler, um die einzelnen Wendeln des Hauptverteilers mit Schmelze zu versorgen. Dennoch treten lokale Schwankungen des Schmelzevolumenstroms von ±6 % im Übergang zum Hauptverteiler auf. Ursächlich dafür sind vor allem lokale Temperaturinhomogenitäten des Werkzeugs sowie die beim Durchströmen des Vorverteilers auftretende Schererwärmung [3, 4].

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Verstellbare Fließwiderstände in ein Wendelverteilerwerkzeug integriert. (Bildquelle: IKV)

In einem neuen Forschungsansatz untersuchte das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV), Aachen, daher eine Methode, diese Volumenstromschwankungen auszugleichen, um die Foliendickenschwankung zu reduzieren. Dazu wurden mechanisch verstellbare Fließwiderstände als Drosseln zwischen Vor- und Hauptverteiler in das Werkzeug integriert, um die Druckverluste in den einzelnen Fließkanälen während des laufenden Prozesses flexibel anpassen zu können.

Einfach nachzurüsten

Diese Drosseln bewirken Durchmesserreduktionen im Fließkanal und führen so zu einem lokalen Anstieg des Druckverbrauchs. Bei richtiger Auslegung kann ein solches mechanisches System robust steuerbar, wartungsarm und mit nur geringem Zusatzaufwand in ein Werkzeug integriert werden. Allerdings gibt es auch bei diesem Ansatz einige Nachteile: Es findet keine thermische Homogenisierung statt. Das bedeutet, sobald die Schmelze in den Wendelverteiler gelangt, ist das Fließverhalten jedes Teilstroms unterschiedlich. Somit können auch die lokalen Materialeigenschaften des Produkts unterschiedlich ausfallen. Auch erfordert die Integration der Drosseln an den Auslässen ein zusätzliches Platzangebot. Hier handelt es sich um eine Zwischenplatte, die das Werkzeug für jede einzelne Schicht voluminöser macht.

Zunächst wurden die Grenzen und Belastungen der Drosseln für deren Betrieb bestimmt. Insbesondere die maximal notwendige Gesamtreduktion der Querschnittsfläche und die Feinheit der Reduktionsschritte sowie die Belastungen wie der Schmelzedruck sind essenziell für die Auslegung. Um diese Anforderungen zu quantifizieren, wurde ein genaues digitales Abbild eines 2³-Vorverteilers erstellt und in umfangreichen Simulationsreihen die sich einstellenden Volumenstromverteilungen bei verschiedenen Prozessbedingungen ermittelt. Unter anderem wurden die Massedurchsätze, Schmelze- und Werkzeugtemperaturen sowie die Materialien variiert. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Simulationsreihen sind zum einen, dass der Temperaturunterschied zwischen Schmelze und Werkzeug den weitaus größten Einfluss auf die Schmelzeverteilung hat. Und zum anderen, dass lokale Durchmesserreduktionen von bis zu 10 % des Fließkanals genügen, um eine Homogenisierung zu erzielen [5].

Praktische Erprobung

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2³-Vorverteiler mit Einzelstiftdrosseln und Kapillardüsen (Bildquelle: IKV)

Diese Ergebnisse wurden in praktischen Versuchen untersucht. Für die Schmelzebereitstellung wurde ein Einschneckenextruder vom Typ 6E4/27D (Oerlikon Barmag, Remscheid, D = 60 mm, L = 27D) verwendet. Die pulsationsfreie Förderung der Schmelze wurde mittels einer Zahnradpumpe vom Typ Extrex Ex 45/15 (Maag Pump Systems, Zürich, Schweiz) sichergestellt. Als Versuchswerkzeug wurde der 2³-Verteiler eingesetzt, dessen Geometrie bereits in den Simulationsreihen verwendet worden war. Drosseln mit eintauchenden Drosselstiften wurden an alle Austritte des Verteilers angebracht. Da nur kleine Eingriffe in den Strömungsquerschnitt erfolgen sollten, hatten die Drosselstifte einen Durchmesser von 10 mm, während die Fließkanäle 16 mm durchmaßen. Um prozessnahe Druckniveaus ohne das Verwenden eines Wendelverteilers zu erzielen, wurden alle Austritte mit Kapillardüsen als Druckverbraucher abgeschlossen.

Dieser Versuchsaufbau ermöglichte es, den an jedem einzelnen Austritt extrudierten Massestrom genau zu bestimmen. Dazu wurden die austretenden Massen getrennt aufgefangen und verwogen. So konnte für jeden Versuch festgestellt werden, an welchen Austritten die größten Abweichungen vom mittleren Massedurchsatz auftraten. Mit dieser Methodik wurde ein weites Prozessfenster untersucht, wobei sowohl Massedurchsatz , Schmelze- und Werkzeugtemperaturen (Ts und Tw) variiert wurden. Als Materialien wurden ein Polyethylen niedriger Dichte (LDPE 310, Dow Europe, Horgen, Schweiz) und ein Polyethylen hoher Dichte (HDPE, Hostalen GD 9550 F, Basell Polyolefine, Wesseling) verwendet.

Drosseleinstellungen variieren

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Veränderung der Masseströme von HDPE an den Austritten des Verteilerwerkzeugs in Abhängigkeit von der Einschraubtiefe der Drosselstifte an Austritt 3 und 3‘. (Bildquelle: IKV)

In jedem Versuchspunkt wurden vier Drosseleinstellungen vorgenommen: In der Grundeinstellung waren alle Drosselstifte außerhalb der Fließkanäle, so dass keine Beeinflussung der Strömungsverhältnisse vorlag. Diese Referenzen wurden jeweils verwendet, um die anfängliche Inhomogenität der Schmelzeverteilung zu bewerten. Anschließend wurden sukzessive am Austritt mit dem größten Massestrom sowie seinem korrespondierenden Partner auf der gegenüberliegenden Werkzeughälfte zeitgleich die Drosselstifte 2 mm, 4 mm oder 6 mm tief in die Fließkanäle eingebracht. So konnte festgestellt werden, wie verschiedene lokale Eingriffe die Strömungsverhältnisse im gesamten System beeinflussen.

Im gezeigten Fall wurden die Drosselstifte am Austritt 3 und 3‘ zugestellt. Die Nulllinie bezieht sich hier auf den jeweiligen Massestrom im Ausgangszustand (0 mm Einschraubtiefe). Es ist zu erkennen, wie eine zunehmende Einschraubtiefe zu einer Abnahme des Massestroms führt, was besonders für die rechte Werkzeughälfte sehr ausgeprägt ist. Es wird aber auch deutlich, dass die Umlagerung der Masseströme nicht einfach vorhersagbar ist. Stattdessen zeigten sich sehr komplexe Wechselwirkungen, die uneinheitliche Veränderungen der Masseströme bewirkten. Eine wahrscheinliche Ursache dafür sind Temperaturunterschiede aufgrund von Temperierfehlern oder ungleichmäßiger Wärmeisolation. Trotzdem zeigten die Versuche, dass eine Beeinflussung der Masseströme in der Größe von ±3 % mit vergleichsweise geringen Eingriffen in den Strömungsquerschnitt umsetzbar ist. Daher wurde die Integration der Drosselstifte in ein vollständiges Wendelverteilerwerkzeug über eine zusätzlich eingebrachte Zwischenplatte durchgeführt.

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An einem Bezugspunkt gemessenes Dickenprofil einer Blasfolie ohne und mit Zustellung der Drosseln. (Bildquelle: IKV)

Das modifizierte Wendelverteilerwerkzeug wurde aus einem Einschneckenextruder von Kuhne Anlagenbau (D = 45 mm, L = 24D), Sankt Augustin, gespeist. Der verwendete Hauptverteiler verfügte über acht Wendeln mit Umschlingungswinkeln von circa 160°. Auch hier wurden Versuche über ein breites Prozessfenster mit den beiden HDPE- und LDPE-Typen durchgeführt. Die Drosselstiftdurchmesser waren in diesem Aufbau weiterhin 10 mm, während die Fließkanäle hingegen nur noch 12 mm durchmaßen. Die Einschraubtiefe der Drosseln wurde nur noch in zwei Stufen variiert, der Ausgangsposition ohne Eingriff in den Fließkanal und 8,2 mm tief in den Fließkanal. Auch in diesen Versuchen wurden stets zwei Drosseln gleichzeitig zugestellt und dadurch zwei direkt nebeneinanderliegende Wendeln beeinflusst. So entstanden im Folienschlauch sowohl unbeeinflusste Bereiche, mit einer beeinflussten Wendel als auch mit einer Effektüberlagerung von zwei Wendeln.

Es ist klar zu erkennen, dass keine signifikante Änderung des Dickenprofils zu verzeichnen ist, obwohl die Fließquerschnitte in den Zuleitungen zu diesen Wendeln drastisch reduziert wurden. Die angestrebte Beeinflussung zum Ausgleich von Dick- und Dünnstellen im Profil konnte somit nicht erzielt werden. Dies ist wahrscheinlich auf das große Potenzial des Wendelverteilers zur Durchsatzhomogenisierung zurückzuführen.

Weitere Forschung notwendig

Es konnte sowohl simulativ wie auch anhand praktischer Versuche gezeigt werden, dass bereits geringe Anpassungen der Querschnittsfläche des Strömungskanals ausreichen, um eine homogenere Massestromverteilung zu erreichen. Allerdings hatten in den Blasfolienversuchen selbst größere Eingriffe keine signifikanten Veränderungen des Dickenprofils zur Folge. Offen bleibt daher, wie groß der Effekt der Vorverteilerhomogenisierung bei kleineren Werkzeugen mit weniger Wendeln und geringeren Umschlingungswinkeln oder geringerer Wendelüberlappungen ist. Für fundierte Aussagen dazu ist noch weitere Forschung notwendig.

 

Dank

Das IGF-Vorhaben 19777 N der Forschungsvereinigung Kunststoffverarbeitung wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Allen Institutionen gilt unser Dank.

Wir danken außerdem Basell Polyolefine sowie Dow Europe für das Bereitstellen der Versuchsmaterialien.

 

Quellen

[1]                    Cretu, I. M.: Analyse, Auslegung und Optimierung von Wendelverteilersystemen. Stuttgart University, PhD-Thesis, 2008

[2]                    Hopmann, Ch.; Michaeli, W.: Extrusionswerkzeuge für Kunststoffe und Kautschuk. Bauarten, Gestaltung und Berechnungsmöglichkeiten. München, 2016

[3]                   Sun, Y.; Gupta, M.: An analysis of the effect of elongational viscosity on the flow in a spiral-mandrel die. Advances in Polymer Technology 25 (2006) 2, S. 90–97

[4]                    Yesildag, N.: Simulative Auslegung von thermisch-rheologisch homogenen Vorverteilern in Wendelverteilerwerkzeugen. RWTH Aachen University, PhD-Thesis, 2017. – ISBN: 978-3-95886-171-8

[5]                    Hopmann, Ch.; Petzinka, F.; Leuchtenberger, L.: Düsen trimmen Dicke. Kunststoffe 109 (2019) 5, S. 78-80

M. Sc. (RWTH) ist seit 2014 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kunststoffverarbeitung in der Abteilung Extrusion und Kautschuktechnologie und beschäftigt sich mit der Prozessauslegung und Werkzeugkonstruktion.

studiert an der RWTH Aachen Maschinenbau und arbeitet als studentische Hilfskraft am IKV.

ist Inhaber des Lehrstuhls für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen und Leiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV).

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Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV)an der RWTH Aachen

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