Circular economy concept, 3D illustration.

Die Stärkung des Kunststoffrecyclings steht sowohl auf der Agenda der Politik als auch der Industrie. (Bild: Tsung-Lin Wu - stock.adobe.com)

Die für die Kunststoff- und Kautschukindustrie international zentrale Messe K 2019 in Düsseldorf hat eindrücklich gezeigt, dass sich viele Unternehmen dieser Herausforderung stellen und auch beträchtliche Investitionen tätigen. Das Thema Kreislaufwirtschaft war eines von vier Schwerpunktthemen der Messe. Die Aussteller präsentierten Techniken für die Erkennung, Sortierung und Aufbereitung von Kunststoffabfällen, für das werkstoffliche und chemische Recycling sowie die Kunststoffrezyklatverarbeitung und Beispiele für den Rezyklateinsatz. Auch in den Begleitveranstaltungen und Diskussionsforen fand das Thema entsprechende Aufmerksamkeit. Fallbeispiele für ein Kreislaufsystem von Kunststoffen, angefangen von einem für das Recycling optimierten Design bis zum Rezyklateinsatz zeigte eindrücklich der eigens zum Thema Kreislaufwirtschaft errichtete Pavillon des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).

Die Daten zum Status quo des Kunststoffrecyclings (siehe Kasten) illustrieren jedoch, dass trotz der bisherigen Entwicklungen und Erfolge der Übergang in eine echte Kreislaufführung von Kunststoffen noch nicht geschafft ist. Ziel sollte dabei sein: Aus ausgedienten Kunststoffprodukten werden Rezyklate, die wieder in neuen Kunststoffprodukten zum Einsatz kommen und dadurch Primärkunststoffe ersetzen. Im besten Fall gehen die Rezyklate zurück in den gleichen Anwendungsbereich.

Kunststoffrecycling in Zahlen

 

Die werkstoffliche Recyclingmenge ist zwischen 2015 und 2017 um 5,9 Prozent gestiegen (von 2,67 Mio. Tonnen auf 2,82 Mio. Tonnen). Aus der gesamten Kunststoffabfallmenge ließen sich in Deutschland circa 1,9 Mio. Tonnen Rezyklat für die Herstellung von neuen Kunststoffprodukten gewinnen. Bezogen auf die angefallene Abfallmenge entspricht dies rund 30 Prozent. An der in Deutschland zu Produkten verarbeiteten Kunststoffmenge haben Kunststoffrezyklate insgesamt einen Anteil von 12,3 Prozent; der Anteil von Post-Consumer-Rezyklaten liegt bei 5,6 Prozent. [2]

Es gibt auf dem europäischen Binnenmarkt eine ganze Reihe von Kunststoffprodukten, die teilweise oder sogar vollständig aus Kunststoffrezyklaten hergestellt werden. Diese Produkte umfassen Verpackungen, sowohl mit als auch ohne Lebensmittelkontakt, Bedarfsgegenstände (wie Büromaterialien, Haushaltsgegenstände, Gartenbedarf), Elektrogeräte, Spielzeug, Bauprodukte, Fahrzeugteile, Möbel und Textilien.

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Rezyklateinsatz in Deutschland im Jahr 2017 inklusive einer Aufschlüsselung der Herkunft der Rezyklate (Produktions- und Verarbeitungsabfälle, Endverbraucherabfälle aus Haushalt und Gewerbe).

 

Tabelle: Kunststoffrezyklateinsatz in den Branchen

Verarbeitung von Rezyklat 2017Verarbeitete Rezyklat­menge

(gesamt) [kt]

Davon Rezyklate aus Produktions- und Verarbeitungs­abfällen [kt]Davon Rezyklate aus Endverbraucher­abfällen (Post-Consumer-Abfälle) [kt]
Bau758383375
Verpackung399239160
Landwirtschaft19895103
Fahrzeuge 775126
Elektro/Elektronik291910
Möbel19109
Haushaltswaren, Sport/Spiel/Freizeit1063
Medizin000
Sonstiges275151124
Gesamt1.765954811

(Quelle: Conversio Market & Strategy GmbH 2018)

 

Die Tatsache, dass die meisten Kunststoffrezyklate in die Anwendungsbereiche Bau, Verpackungen und Landwirtschaft gehen, zeigt, dass es hier gute Einsatzmöglichkeiten für die vorhandenen Rezyklatqualitäten gibt. Hinzu kommt, dass der Verpackungs- und der Baubereich Haupteinsatzgebiete für die Massenkunststoffe sind, für die es etablierte Recyclingstrukturen als eine wesentliche Voraussetzung für die Verfügbarkeit von Rezyklaten gibt.

Potenziale heben

Aber auch in anderen Einsatzbereichen, wie zum Beispiel bei Fahrzeugen, Elektro- und Elektronikgeräten oder Medizintechnik bestehen Potentiale für die Rückgewinnung von Kunststoffen sowie den Rezyklateinsatz und es besteht Interesse, diese zu heben. So zeigte die K-Messe zum Beispiel Lösungen für das Recycling und den Rezyklateinsatz von technischen Kunststoffen wie Polyamid oder Polycarbonat.

Der größte Einsatzbereich für Kunststoffe sind jedoch Verpackungen und von den Verpackungskunststoffen sind wiederum bis zu 50 Prozent Folien und Beutel. Und auch dieses Thema war natürlich auf der K 2019 vertreten. Zumeist handelt es sich um Monomaterialien aus Polyolefinen, doch der Anteil an Verbundfolien, Materialkombinationen aber auch anderen Materialien wächst. In der Praxis lässt sich das Recycling verbessern, indem beim Design der Folien bereits die Recyclingfähigkeit mit bedacht wird. In der Sortierpraxis lassen sich mittels Windsichtung abgeschiedene Folienfraktionen durch NIR-Spektroskopie sortieren und aufbereiten. Es ist zu erwarten, dass ungenutzte Potenziale des Folienrecyclings und des Rezyklateinsatzes mittelfristig und mit wachsendem Bewusstsein für den ressourcenschonenden Umgang mit Verpackungskunststoff gehoben werden.

Um die Nachfrage nach Recyclingprodukten zu stärken, erkennt das Umweltbundesamt die öffentliche Beschaffung als einen wichtigen Hebel und wird im Rahmen eines Forschungsvorhabens dafür Handlungshilfen entwickeln. Voraussetzung dafür ist, dass Informationen über die genauen Rezyklatanteile leicht verfügbar sind und es nachvollziehbar ist, ob es sich bei den Rezyklaten um solche aus Endverbraucherabfällen, aus Produktions- und Verarbeitungsabfällen oder Mischungen davon handelt. Sicherheit hierüber gibt es nur bei entsprechend zertifizierten Produkten. Beispiele für Kennzeichnungen von Rezyklatgehalt aus Endverbraucherabfällen sind der Blaue Engel für „Produkte aus Recyclingkunststoffen“ (UZ 30a) und die RAL-Gütezeichen „Rezyklate aus haushaltsnahen Wertstoffsammlungen“ sowie „PET-Getränkeverpackungen“. Zudem gibt es weitere privatwirtschaftliche Label, welche Produkte aus Recyclingkunststoff bewerben, jedoch nicht immer nach der Herkunft des Rezyklates unterscheiden.

Die Entwicklung technischer Lösungen für das Recycling und den Rezyklateinsatz von Kunststoffen sind relevante Beiträge zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen. Im Sinne der im Kreislaufwirtschaftsgesetz verankerten Abfallhierarchie sollen die Vermeidung und Wiederverwendung aber immer an erster Stelle stehen. Es gilt den Schwung der derzeitigen Debatte und das steigende Bewusstsein zu nutzen, um Mehrweglösungen, speziell im Verpackungsbereich, voranzubringen. Gesteigerte Reparierbarkeit und Langlebigkeit von Produkten helfen, auch die darin gebundenen Materialien und damit auch Kunststoffe länger zu nutzen und Abfälle zu vermeiden.

Quellen

[1] href="https://www.eionet.europa.eu/etcs/etc-wmge/products/country-factsheets-on-resource-efficiency-and-circular-economy-in-europe">https://www.eionet.europa.eu/etcs/etc-wmge/products/country-factsheets-on-resource-efficiency-and-circular-economy-in-europe.

Die Factsheets sind nicht kunststoff- oder recyclingspezifisch, enthalten aber zahlreiche Informationen über Initiativen zur Stärkung des Kunststoffrecyclings (Stand 2018). [abgerufen am 26.11.19]

[2] Conversio (2018): Stoffstrombild Kunststoffe in Deutschland 2017. https://www.bvse.de/images/news/Kunststoff/2018/181011_Kurzfassung_Stoffstrombild_2017.pdf. [abgerufen am 26.11.19]

ist Abteilungsleiterin III 1 für nachhaltige Produkte und Konsummuster, kommunale Kreislaufwirtschaft beim Umweltbundesamt in Dessau.

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