Portrait of worker standing among tomato crates

Ein Baukastenkonzept vereinfacht das Einfärben von Rezyklaten und nimmt damit eine wichtige Hürde für eine Kreislaufführung von Kunststoffen. (Bild: Martin Barraud/Caiaimage/Gettyimages)

 

Die größte Herausforderung bei der Nutzung von Recyclingmaterial – sei es nun in gleicher Anwendung, bei der Verwendung von Post-Consumer-Rezyklat, Flaschenkappenmaterial oder ähnlichem – ist die stark schwankende Qualität des zu überfärbenden Materials. Diese Veränderungen beeinflussen sowohl die Farbgebung des Rezyklats als auch dessen technische Eigenschaften durch Alterungserscheinungen des gebrauchten Kunststoffs. Jede Charge besitzt einen etwas anderen Abstand zum Zielfarbton sowie eine abweichende Zusammensetzung unterschiedlich oft rezyklierter Kunststoffanteile. Dadurch werden besonders Verarbeitungsparameter wie die Viskosität, das Elastizitätsmodul und die Kerbschlagzähigkeit beeinträchtigt. Als Konsequenz wurde bisher für jede Rezyklat-Charge ein eigenes Masterbatch eingestellt, um den Zielfarbton mit den gewünschten Materialeigenschaften zu erreichen. Das kostete durch jeweils erfolgende Bemusterung, Entwicklung und Herstellung für jede Charge wertvolle Zeit und erschwerte die langfristige Planung und Bevorratung – sowohl beim Masterbatcher als auch beim Kunststoffverarbeiter. Um diesen Prozess zu vereinfachen, wurden zwei partnerschaftliche Lösungen geschaffen. Die BASF Color Solutions Germany in Köln mit Fokus auf der Einfärbung von recyceltem Material und der Kolorierung verschiedener Biopolymere entwickelte dafür ein Baukastensystem sowie ein Set an Universalbatchen.

Baukastensystem spart Zeit und Geld beim Rezyklat-Einsatz

Zum einen wurde ein Konzept entwickelt, das dem Anwender ermöglicht, selbst vor Ort ein für die einzelne Rezyklat-Charge passendes Überfärbebatch zu mischen. Diese Variante eignet sich insbesondere für die Verwendung von Material in gleicher Anwendung. Dazu gehören die Nutzung von Produktionsabfällen wie Verschnitt und Resten und oder nach der Lebensdauer wieder eingesammelte und vermahlene Großbehälter, Fensterprofile, Transportkisten, Getränkekisten und Paletten. Auch für zugekauftes Material beispielsweise aus Flaschenkappen lässt sich so verarbeiten. Voraussetzung ist neben einem installierten und vor Ort bedienbaren Farbmetriksystem nach Wahl des Kunststoffverarbeiters lediglich, dass die einzelnen Rezyklat-Chargen insoweit homogenisiert sind, dass keine größeren Farbschwankungen innerhalb der einzelnen Chargen bzw. Verpackungseinheiten auftreten. Dies empfiehlt sich für optimale Ergebnisse allerdings auch für die herkömmliche Kolorierung mit tailor-made Masterbatch.

Für den Kunden wird pro Zielfarbton ein Set an Monobatchen angefertigt, die zusammengesetzt den Wunschton im Farbraum ergeben. Auch Additive wie etwa UV Schutz oder Antioxidantien gehören dazu, um die Degradierung des Materials bei der weiteren Verarbeitung zu verhindern. Die einzelnen Monobatches sowie der zu erreichende Zielfarbton werden im Farbrezeptierungsprogramm des Anwenders hinterlegt. Dabei ist er frei in der Wahl des Programms; dieses Vorgehen ist für alle gängigen Systeme anpassbar und wird gerade in der Anwendung getestet.

Ist diese initiale Installation pro Wunschfarbton vollzogen, liest der Verarbeiter  anschließend nur noch die Werte seiner jeweiligen Charge Mahlgut über ein Muster ein und erhält direkt die erforderlichen Anteile der einzelnen Monobatches zur Erreichung des Zielfarbtons, sodass die (zeit)-aufwändige Farbtoneinstellung mit anschließender Herstellung beim Masterbatch-Anbieter entfällt. Mit den auf Wunsch beim Anwender gelagerten Monobatches kann ohne Zeitverzögerung mit der Produktion begonnen werden, wofür sich eine Compoundierung mit Mehrfachzugabe für die einzelnen Monos empfiehlt.

Ein Batch für alle Fälle

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Das universelle Konzept erlaubt ein risikoloses Bevorraten der Batches. (Bildquelle: BASF)

Als zweite und bereits länger etablierte Option werden spezielle Masterbatches angeboten, die Mahlgut allein durch eine Variation der Dosierung auf einen festgelegten Zielfarbton einfärben. Das einmal pro Wunschfarbe entwickelte Masterbatch kann schnell und einfach die Farbtonschwankungen zwischen einzelnen Chargen ausgleichen und sorgt so für eine gleichbleibende Qualität mit minimalem Aufwand an Zeit und Kosten.

Die Voraussetzungen sind ähnlich wie bei der ersten Lösung. Auch hier ist ein einfaches, vor Ort bedienbares Farbmetrikprogramm nach Wahl des Kunststoffverarbeiters erforderlich, dass den Abstand der Rezyklat-Charge zum Zielfarbton im Farbraum messen kann. Die Homogenität der einzelnen Mahlgutchargen ist bei dieser Option ebenso wichtig, da durch die große Farbstärke der eingesetzten Masterbatches Zudosierungen von unter einem Prozent ausreichen. Gegebenenfalls bietet sich eine vorgezogene Homogenisierung oder Compoundierung der einzelnen Chargen an, um optimale Ergebnisse zu erreichen.

Vergleichbar mit der ersten Variante wird auch bei diesem Verfahren zunächst der Zielfarbton und das dazu passende Universalmasterbatch im Farbmetrikprogramm hinterlegt. In der Anwendung wird nur noch die jeweils aktuelle Charge Mahlgut eingelesen und das Programm ermittelt die für den Wunschton erforderliche Dosierung des Batches. Hierbei können auch noch weitere Parameter wie beispielsweise die Extruderlaufzeit als Einflussfaktor auf die Gelbtönung von rezykliertem PVC berücksichtigt werden. Die Herstellung erfordert anschließend lediglich die Zugabe des Universalbatches zum Mahlgut, sodass auf eine Mehrfachdosierung bei der Compoundierung verzichtet werden kann.

Empfohlen wird dieses Verfahren vor allem für die Wiederverwendung von Material in gleicher Applikation, bei der beispielsweise eine Auffrischung des Farbtons erforderlich ist. Besonders beliebt ist diese Variante aktuell bei Grau- und Anthrazittönen, für die mit einem speziell entwickelten Schwarzbatch eine besonders flexible und kostengünstige Überfärbung erreicht werden kann. Durch sorgfältige Auswahl hochwertiger Farbmittel können jedoch auch andere Farbtöne sowie der Ausgleich stärkerer Schwankungen erreicht werden.

Schlüsselfaktoren für mehr Rezyklat-Einsatz

Die genannten Verfahren bieten viele Vorteile. Hervorstechend ist vor allem die Zeitersparnis, ohne dass Abzüge bei der Farbgenauigkeit gemacht werden müssten. Da das Ermitteln der Zugaben vor Ort geschieht und keine Entwicklung und Herstellung eines tailor-made Batches für die einzelne Rezyklat-Charge notwendig ist, kann der Verarbeiter bei beiden Lösungen sofort mit der Überfärbung beginnen. Mit den universell für alle Mahlgutchargen einsetzbaren Produkten kann er sich zu diesem Zweck risikolos bevorraten, ohne wie bei tailor-made Masterbatches nicht mehr brauchbare Restmengen befürchten zu müssen. So lassen sich Lagerhaltungskosten durch die geringere Anzahl an bestellten und gelagerten Masterbatchen erheblich reduzieren und gleichzeitig die Wartezeit auf den Produktionsstart eliminieren. Eine Kostenersparnis ergibt sich weiterhin durch die flexiblere Auswahl der eingesetzten Rezyklate sowie aus der Tatsache, dass die universell einsetzbaren Batches und deren Rohstoffe in größerer Menge geplant, gefertigt und bestellt werden können. „Uns ist bewusst, dass Rezyklat nur dann verstärkt genutzt wird, wenn der Zeit- und Kostenaufwand mit dem von Rohkunststoff vergleichbar ist“, sagte Rainer Hergert, Head of Technical Service. “Aus diesem Grund arbeiten wir eng mit unseren Kunden zusammen, um ihnen die Einfärbung und Verarbeitung von Mahlgut zu erleichtern. So wollen wir einen Beitrag für eine nachhaltige Nutzung von Kunststoffen leisten.“

Ökologisch bieten die Verfahren weitere Vorteile. Bei der Herstellung der Batches werden Stoffe bevorzugt, die nachgelagerte Verwertungszyklen möglichst nicht beeinträchtigen. Die zugegebenen Additive verlängern darüber hinaus die Verwendbarkeit der Kunststoffe erheblich. Außerdem werden durch den langfristigen Einsatz der einmal festgelegten Monobatchbox beziehgunsweise des Universalbatches über einen längeren Zeitraum nur eine begrenzte Anzahl an Pigmenten für die Kolorierung verwendet. Die reduzierte Zusammensetzung der so hergestellten Produkte erhöht die Nachverfolgbarkeit, vereinfacht das Recycling und zahlt sich langfristig insbesondere für die zirkuläre Nutzung von Produktionsresten oder wieder eingesammelten und vermahlenen Produkten aus, die so nicht mehr nach jedem Rezyklierungsschritt aus mehr Stoffen bestehen.

ist Marketing Managerin bei BASF Color Solutions Germany in Köln.

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BASF Color Solutions Germany GmbH

Clevischer Ring 180
51063 Köln
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