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Für die Umformung von flächigen und vorgeformten Composite-Halbzeugen in der Großserie erwärmen Umluft-Temperieröfen mit Paternoster-Technik die Halbzeuge schonend, gleichmäßig und energiesparend. (Bild: HK Präzisionstechnik)

Das gleichmäßige Durchwärmen des Halbzeugs ist bei der Formgebung ein wichtiges Qualitätskriterium, das nicht nur über die Prozesssicherheit und Wiederholgenauigkeit entscheidet, sondern auch über die Güte des Teils und die Qualität nachfolgender Prozessschritte wie zum Beispiel Klebeverfahren. Ebenso wichtig ist es für eine gleichmäßige Verteilung von Verstärkungsfasern im Bauteil. „Nur so kann die geforderte mechanische Eigenschaft des Bauteils gewährleistet werden“, erläutert Heinrich Ernst von ECC Ernst Composite Consulting, einem Beratungsunternehmen für Kunststoffverarbeiter mit umformenden Prozessschritten.

Die homogene Erwärmung ist beispielsweise auch für eine effiziente und dauerhafte Verbindung zwischen lokalen Verstärkungen und dem Kunststoff-Compound erforderlich. Gerade für diese maßgeschneiderten Bauteile (sogenannte ‚taylored parts‘), bei denen der Verstärkungsanteil je nach Belastungsprofil des Endprodukts lokal unterschiedlich hoch ist, ist es besonders wichtig, dass alle Vorprodukte schonend und gleichmäßig erhitzt und durchwärmt sind.

Mit Glas- oder Carbonfasern verstärkte thermoplastische Halbzeuge werden als Hochleistungs-Werkstoffe in vielen Bereichen eingesetzt, in denen man hohe Steifigkeit und geringes Gewicht bei kurzen Zykluszeiten erreichen muss. So werden beispielsweise im Automobilbau Ersatzradmulden, Sitzschalen aber auch Karosserieteile wie Heckklappen oder Stoßfänger aus Composite-Materialien gefertigt. „Hier sind die Qualitätsanforderungen natürlich besonders hoch“, erklärt Berater Ernst.

Umluft-Temperierofen mit Paternoster-Prinzip

Erfinder und Hersteller des Umluft-Temperierofen mit Paternoster-Technik ist HK Präzisionstechnik aus Oberndorf. Mit diesen Umluftöfen gelingt die Vortemperierung sowohl von flächigen als auch von vorgeformten Composite-Halbzeugen schonend, gleichmäßig und auf den Punkt genau auf Temperaturen, die je nach Material zwischen 200° und 350° C liegen können. Die Öfen eignen sich für flächige GMT- oder LWRT-Halbzeuge, vorgeformte Pre-Pregs sowie Hybrid-Materialien wie beispielsweise Composite und Alu-Bleche. Nach dem Erwärmungsprozess im Temperierofen, der wie ein Paternoster funktioniert, ist die Temperatur nicht nur an der Oberfläche des Halbzeugs gleichmäßig, sondern zeigt auch im Kern den nahezu exakt gleichen Wert. Die Toleranzen betragen lediglich ±2 °C.

MittIerweile hat der Hersteller größere und leistungsfähigere Öfen für höherschmelzende Thermoplaste entwickelt. Die neueren Ofen-Modelle erwärmen auch Polymere wie Polyamide in Carbon- oder Glasfaserfaserverbunden. Ebenso lassen sich damit Hybridmaterialien wie Composites mit Aluminium vorwärmen, die anschließend zu Hitzeschutzschilden geformt werden. Hierbei gelingt es sogar, Prozessschritte einzusparen. So ist statt der früheren drei Vorgänge nur noch ein Prozessschritt bis zum fertigen Produkt notwendig. Genauso gelingt jetzt die Erwärmung und Verarbeitung von Composites, zum Beispiel auch mit Sperrfolien, Metallgeweben und lokalen Verstärkungen in einem Prozessschritt (One-Step-Verfahren). Die dadurch erzielbaren Funktionsintegrationen und Gewichtseinsparungen erhöhen die Wirtschaftlichkeit und tragen so zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Composite-Werkstoffen bei. „Ein großer Zeitgewinn für den OEM, denn durch One-Step-Verfahren werden mehrere Arbeitsschritte eingespart“, versichert Horst Scheidt, Geschäftsführer des Ofenherstellers.

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In den Umluftöfen werden je nach Bauhöhe des Composite-Teils bis zu 36 Aufnahmeroste, die wie Schubladen aussehen, durch zwei Heizkammern befördert. Bei Teilen mit Materialstärken von etwa 3 mm lassen sich Taktzeiten von 30 Sekunden oder weniger erreichen. (Bildquelle: HK Präzisionstechnik)

Carbonfaserverstärkte Polyamid-Halbzeuge erwärmen

Eine neue Ofen-Variante des Herstellers ist für das Erwärmen von ‚Advanced‘-GMT-Halbzeuge ausgelegt; diese Halbzeuge bestehen aus carbonfaserverstärktem Polyamid. Zur Verarbeitung werden diese Halbzeuge unter Stickstoff als Schutzgas auf etwa 280 °C erwärmt. Der Sauerstoffanteil in der Ofenluft muss dazu auf weniger als zwei Prozent vermindert werden, um eine Schädigung der Kunststoffmatrix zu vermeiden. Den erforderlichen Stickstoff erzeugt eine Anlage, die mit dem Ofen verbunden ist, direkt aus der Umgebungsluft. Ein besonders wichtiges Kriterium für die Hersteller ist der Energiebedarf des Aufheizprozesses – denn er ist entscheidend für die Wirtschaftlichkeit des gesamten Verfahrens: Er beträgt – bei vergleichbaren Anwendungen – nur etwa 30 Prozent gegenüber herkömmlichen Anlagen. „Das hat ein unabhängiger Energieversorger eines Anwenders  im Produktionsbetrieb gemessen und bestätigt“, bekräftigt Scheidt.

3D-Bauteile wirtschaftlich in Großserie herstellen

Das Vorwärmverfahren für Vorformlinge ist serientauglich. Die aus konsolidierten Composite-Geweben oder unidirektional gelegten Tapes aufgebauten dreidimensionalen Vorformlinge werden im Werkzeug konsolidiert und mit einem Spritzgießprozess funktionalisiert. Die Herstellung großer kubischer 3D-Teile in Großserien für die Automobilindustrie war bislang nicht wirtschaftlich realisierbar. „Mit keinem anderen Temperiersystem lassen sich die aus UD-Tapes oder konsolidierten Geweben aufgebauten 3D-Vorformen an allen Stellen gleichmäßig und wirtschaftlich sinnvoll auf bis zu 300 °C vor- und durchheizen“, versichert Ernst. Wichtig dafür ist das zuverlässige und sehr gleichmäßige Vorheizen der Halbzeuge auf Verarbeitungstemperatur, damit in der nachfolgenden Zweiplatten-Großpresse Funktionselemente an das Bauteil prozesssicher angespritzt werden können.

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Der Energieverbrauch dieser Umluftöfen beträgt nur etwa 30 Prozent von herkömmlichen Anlagen – bei vergleichbaren Anwendungen. „Das hat ein unabhängiger Energieversorger eines Anwenders im Produktionsbetrieb gemessen und bestätigt“, bekräftigt Horst Scheidt, Geschäftsführer HK Präzisionstechnik (l.). „Der Temperierprozess erfüllt auch die Qualitätsanforderungen der Automobilindustrie“, versichert Heinrich Ernst (r.) von ECC Ernst Composite Consulting. (Bildquelle: HK Präzisionstechnik)

In zwei Kammern zur Prozesstemperatur

In den Paternoster-Umluftöfen werden je nach Bauhöhe des Teils bis zu 36 Aufnahmeroste, die wie Schubladen aussehen, durch zwei Heizkammern befördert. Sie können, je nach Ausführung, Werkstücke in den Flächenmaßen 1250 x 1500 oder 1250 x 2000 mm und sogar von 2300 x 1800 mm aufnehmen. Die Höhe des Teils reduziert dabei die Rostanzahl. Mit entsprechender Auslegung können Taktzeiten von 30 Sekunden erreicht werden.

In der ersten Kammer werden die Preforms hochgeheizt, indem sie durch ein ausgeklügeltes Luftleitsystem von drei Seiten mit heißer Luft umströmt werden. Während des Aufheizens fahren die Roste Stufe für Stufe – wie in einem Paternoster – taktweise nach oben. Am oberen Punkt der Kammer angekommen, werden die Preforms in die zweite Kammer geleitet. Dort erreichen sie in mehreren Takten auf dem Weg nach unten präzise die gewünschte Endtemperatur. Unten angekommen werden die Werkstücke aus dem Ofen ausgefahren und können der Presse zugeführt werden. Das kann beispielsweise vollautomatisiert ein Roboter übernehmen, dessen Nadel-Greifer auch beheizt ausgeführt werden kann.

Qualitätskontrolle und Rückverfolgbarkeit sichergestellt

Die beiden Kammern des Umluft-Temperierofen werden getrennt voneinander geregelt und überwacht. Die eigens programmierte SPS-Steuerung von Siemens enthält auch eine Überwachungs- und Tracking-Funktion, die jeden Rost, der mit einem Halbzeug beladenen ist, codiert und seinen Fortgang im Ofen minutiös festhält. Das ist besonders bei einer eventuellen Anlagenstörung vorteilhaft, weil dann die Ofentemperatur über ein Notprogramm gesenkt wird, wodurch sich das Leerräumen des Ofens erübrigt. Ausschusskosten werden so wesentlich vermindert. Das Programm protokolliert, welcher Rost wie lange im Ofen war. So entsteht nach dem Wiederanfahren keinerlei Materialverlust und die Rückverfolgbarkeit kann für jedes Teil sichergestellt werden. Das Verfahren ist prozesssicher, wiederholgenau und rückverfolgbar. Die Steuerung dokumentiert alle Parameter teile- oder chargenbezogen.

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HK Präzisionstechnik GmbH

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