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System zur online Inspektion und Sortierung von Kunststoffpellets.

Heutzutage erleben wir ein gestiegenes Bewusstsein für verbesserte Qualität von Konsumgütern aller Art. Kleinste Defekte müssen erkannt werden, bevor sie in den Produkten der Endverbraucher zu Schäden führen. Aus diesem Grund muss die Herstellungsindustrie ihre Produktionsprozesse sowie Gesamtlogistik im Zuge von Qualität und Sicherheit verbessern. Viele verschiedene Technologien sind heute im Einsatz, um die Qualität während der Produktion zu prüfen und sicherzustellen. Die Zukunft liegt allerdings in neuen, hochmodernen Technologien, die den steigenden Anforderungen gerecht werden. Ein Beispiel für die Qualitätssicherung ist die Nahrungsmittelindustrie. Üblicherweise wird Röntgentechnik an Fertigungslinien eingesetzt, um Lebensmittel, die Fremdkörper enthalten [1], auszusortieren. Das Röntgen während des Prozesses reduziert das Risiko der Übertragung von lebensmittelbedingten Unfällen und Erkrankungen. Techniken der Qualitätskontrolle aus der Nahrungsmittelindustrie werden zunehmend auch in anderen Fertigungsprozessen und Industrien angewendet, zum Beispiel in der Kunststoffindustrie.

Röntgentechnik für steigende Qualitätsansprüche in der Kunststoffindustrie

Kunststoffe, wie sie im Medizinbereich oder der Flugzeug- und Automobilindustrie eingesetzt werden, sowie höchstanspruchsvolle technische Kunststoffe, zum Beispiel für die Halbleiterfertigung, erfordern höchste Qualitätsstandards. Aufgrund der stetig steigenden Anforderungen gilt es, immer kleinere Unregelmäßigkeiten und Verunreinigungen in Kunststoffen und Zwischenprodukten zu detektieren und auszusortieren. Verunreinigungen ab einer Größe von 50 µm können bereits Schäden in Fertigungssystemen oder Endprodukten mit hohen Folgekosten verursachen. Ein Beispiel aus der Kabelindustrie: Für die Herstellung von Hochspannungsunterseekabeln ist die Verarbeitung hochreinen Materials von entscheidender Bedeutung. Eine Verunreinigung des für die Isolation des Kabels verwendeten Kunststoffs kann zu Durchschlägen [2] führen. Passiert dies, können die Schäden in Millionenhöhe liegen, da eine Reparatur eines auf dem Meeresgrund verlegten Kabels nur mit hohem Aufwand möglich ist. Für die Kabelindustrie ist es wichtig, zwischen den verschiedenen Arten von Kontaminationen, wie metallischen und organischen Verunreinigungen, zu unterscheiden. Neueste Normen und Standards, wie beispielsweise der ANSI/ICEA Standard S-108-720, fordern zudem den Ausschluss von Verunreinigungen ab 100 µm in den zu verarbeitenden Materialien.

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Industrieller Prozess in der kunststoffverarbeitenden Industrie mit den Gefahrenzonen für Kontaminationen. Bildquelle: alle Sikora

In den unterschiedlichen Prozessschritten zur Herstellung von Kunststoffprodukten können immer wieder Verunreinigungen entstehen (Bild 1). Dies betrifft die Prozesse der Werkstoff-, der Compound- und Masterbatchhersteller, der Verarbeiter, den Recyclingdienstleister und alle Beteiligten der Zulieferkette. Bevor die Materialien weiterverarbeitet werden, ist daher eine 100-Prozent-Prüfung erforderlich.

Online Inspektion und Sortieren

In Kunststoffverarbeitungsprozessen gibt es viele unterschiedliche Arten möglicher Kontaminationen. In der Regel unterscheidet man zwischen metallischen und organischen Verunreinigungen, wie verbranntes Material, externe organische Kontaminationen und thermische organische Kontaminationen. Die Kontaminationen können visuelle sowie funktionale Auswirkungen auf das Endprodukt haben und zudem Schäden an hochmodernen Fertigungsmaschinen verursachen, wie beispielsweise am Spritzwerkzeug.

Heute stehen verschiedene Systeme, Technologien und Maschinen zur Verfügung, um Kunststoffgranulate zu prüfen und auszusortieren. Die meisten dieser Geräte sind jedoch für die Nahrungsmittelindustrie konzipiert und basieren auf optischer Prüftechnik und können daher nur Kontaminationen detektieren, die sich auf den Pellets befinden [3] [4] [5]. Aufgrund der Limitationen des optischen Systems werden neue Lösungswege und Technologien benötigt, um die Bedürfnisse der Kunststoffindustrie zu erfüllen. Kontaminationen im Inneren der Pellets, insbesondere in farbigen Pellets, werden durch ein optisches System nicht erkannt. Um eine 100-Prozent-Inspektion zu gewährleisten, müssen Röntgen- und optische Technologien kombiniert werden.

Röntgentechnologie zur Inspektion von Kunststoffpellets

Während, wie beschrieben, die Oberfläche des Kunststoffgranulats mit hochauflösenden Kameras geprüft werden kann, bleiben im Pellet eingeschlossene Verunreinigungen der Optik verborgen und erfordern den Einsatz einer anspruchsvollen Röntgentechnik.

Grundlegendes Prinzip der Röntgentechnik ist das unterschiedliche Dämpfungsverhalten von Kunststoffen und möglichen Verunreinigungen. Die Dämpfung (µ) der Röntgenstrahlung wird maßgeblich durch die Kernladung der chemischen Elemente bestimmt, als auch durch die Dicke des zu inspizierenden Materials [6]. Sie ist proportional zur Atomzahl eines chemischen Elements hoch drei (µ~Z3).

Kunststoffe bestehen hauptsächlich aus Kohlenstoff mit einer geringen Dämpfung (Z=6). Eine im Vergleich dazu stark dämpfende Kontamination mit dem Element Eisen (Z=26) wird somit deutlich erkannt und aussortiert. Auch ein Additiv, wie zum Beispiel Titandioxid, beeinflusst die Dämpfung und hebt sich in der Dispersion signifikant vom umgebenden Material ab. Ermöglicht wird dies, da das Titan (Z=22) im Titandioxid einen starken Kontrast zum Kunststoff aufweist.

Mit einem speziell entwickelten Kamerasystem ist es möglich, Verunreinigungen während der laufenden Produktion zu erfassen. Röntgenkameras nehmen Bilder der Kunststoffpellets auf, die in Echtzeit durch mathematische Algorithmen verarbeitet werden. Die Auflösung der Röntgenkameras erlaubt das Erkennen von Kontaminationen im Pellet ab einer Größe von 50 µm. Verunreinigte Pellets werden durch die Sortiereinheit aussortiert.

Optische Inspektionstechnologie

Für die optische Inspektion spielt die Ausleuchtung eine wichtige Rolle. Für ein präzises Aufzeichnen des Materialfluss bei normaler Liniengeschwindigkeit werden moderne Kameratechnologien (optische, Infrarot-, Farbkameras) eingesetzt. Mit Hilfe einer starken Bildverarbeitungssoftware, ähnlich wie bei der Röntgeninspektion, erkennt das optische System Kontaminationen. Durch Festlegung eines Schwellenwerts werden alle verunreinigten Pellets, die in den mathematischen Algorithmen über dem Schwellenwert liegen, aussortiert.

Visualisierung von Kontaminationen am Monitor eines Pozessorsystems.

Durch die Kombination von Röntgentechnologie und einem optischen Inspektionssystem werden Kontaminationen in und auf der Oberfläche der Kunststoffpellets detektiert. Das System erkennt metallische Kontaminationen, schwarze Specs, gelbe Verfärbungen und Farbunterschiede in transparenten und intransparenten Materialien. Die Kontaminationen werden am Monitor eines Prozessorsystems visualisiert.

Weitere Möglichkeiten mit Röntgentechnik

Die Produktionsabläufe in der Kunststoffindustrie sind komplex. Verschiedene Materialien werden vermischt, wobei es viele Quellen für Kontaminationen gibt. Röntgentechnologie detektiert nicht nur metallische Verunreinigungen in Kunststoffpellets, sondern gibt auch unterschiedliche Informationen über den gesamten Produktionsprozess, wie die Identifikation von Kreuzkontaminationen. Dank des unterschiedlichen Dämpfungsverhaltens sind diese deutlich sichtbar. Ein klarer Vorteil der Röntgentechnologie ist deren Unabhängigkeit von Farbe und Transparenz des Prüfgutes.

Tests zeigen, dass auch die Detektion organischer Kontaminationen, wie ein Stück Gewebe sowie kleiner metallischer Verunreinigungen möglich ist. Sogar Luftlöcher, ein Indikator dafür, dass Produktionsparameter angepasst werden müssen, werden detektiert.

Experimente zeigen die mögliche Verwendung von Röntgentechnik für die Detektion von Additivagglomeraten in PE-Pellets, die zu großen Problemen in der Weiterverarbeitung führen können.

In einem weiteren Test wurden schwarze Polyethylen-Pellets mit verschiedenen metallischen Kontaminationen verwendet, um die Effizienz der Röntgentechnologie nachzuweisen. In Bild 8 sind verschiedene schwarze PE-Pellets sichtbar. In diesen Pellets wurden Kontaminationen von 50 µm oder 100 µm deutlich erkannt.

Offline Inspektion und Analyse von Pellets, Flakes und Folien/Tapes

Zusätzlich zu online Inspektions- und Sortiergeräten gibt es modular aufgebaute Systeme für eine offline Inspektion und Analyse von Pellets, Flakes und Folien/Films. Diese sind konzipiert für kleinere Durchsätze sowie Produktionslinien, in denen Stichproben ausreichend sind oder eine Wareneingangskontrolle gefordert ist. Je nach Anwendung sind die Systeme mit Röntgentechnologie (X), Infrarot-Technologie (IR) oder optischen Sensoren (V) ausgestattet und detektieren Kontaminationen ab einer Größe von 50 µm. Ein Beispiel: Ein Labor-Inspektions- und -Analysegerät mit Röntgentechnologie (Bild 9) inspiziert bis zu 3.000 Pellets (200 ml), welche auf einem Tablett verteilt werden. Innerhalb von Sekunden werden diese Pellets auf Kontaminationen untersucht. Direkt im Anschluss werden die kontaminierten Pellets optisch hervorgehoben, wodurch die Aussortierung der einzelnen Kontamination erheblich vereinfacht wird.

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Die Pellets auf dem Tray werden mit einer Röntgenkamera inspiziert und kontaminierte Pellets farblich markiert.

Für eine umfassende Prozessoptimierung kombinieren Kunststoffhersteller und -verarbeiter ein online Inspektions- und Sortiergerät mit einem offline Inspektions- und Analysegerät. Nachdem kontaminierte Pellets erfasst und aussortiert wurden, prüft das Laborsystem diese Pellets erneut und markiert die Verunreinigungen optisch für eine einfache Trennung des aussortierten Materials. Diese Interaktion von on- und offline Inspektion und Analyse ermöglicht die Kontrolle der Materialreinheit sowie die Erstellung einer Datenbank, um zukünftige Verunreinigungen zu vermeiden.

Unregelmäßigkeiten online detektieren

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Inspektions- und Sortiersystem mit Röntgenkamera (grün), optischer (gelb), Infrarot (rot) und Farb-Kameras (blau).

Die Qualitätsanforderungen in der Kunststoffherstellung steigen kontinuierlich. Kleinste Verunreinigungen müssen bereits während der Produktion eliminiert werden. Die Kombination von Röntgentechnologie und optischer Inspektion (Bild 9 und 10) ermöglicht es, Verunreinigungen ab 50 x 50 µm auf der Oberfläche sowie im Inneren von Kunststoffpellets zu erfassen. Das Prinzip ist auf die unterschiedlichsten Materialtypen übertragbar, wie zum Beispiel TPEs, Polyolefine (PE, PP), Fluorpolymere (PVDF, FEP) oder Höchstleistungskunststoffe (Peek). Dabei werden Verunreinigungen oder Unregelmäßigkeiten im online Prozess detektiert. Ebenfalls detektierbar ist die Dispersion von Additiven, deren Erkennen besonders in der Compoundierung von Bedeutung ist. So können Agglomerate und Störungen im nachfolgenden Prozess eliminiert werden. Durch den Einsatz des vorgestellten Inspektions- und Sortiersystems wird eine 100-Prozent-Inspektion der Materialien sichergestellt, und damit die Materialqualität maßgeblich verbessert. Gleichzeitig lassen sich damit Prozesse optimieren und Kosten reduzieren. Mit Hilfe eines offline Inspektions- und Analysesystems für verunreinigte Pellets, die durch das online Inspektionssystem aussortiert wurden, werden Produktionsprozesse weiter verbessert. Die Reinheit des Materials wird kontrolliert und die Analyse liefert Informationen zur Prävention zukünftiger Kontaminationen.

 

Quellenverzeichnis

  1. D-W Sun, Computer Vision Technology in the Food and Beverage Industries (2012)
  2. Mr. Omar Monajjed, High Voltage Technical Manager, LIBAN CABLES – NEXANS, Lebanon, Effect of impurities on electric field distribution in HV XLPE insulation, Polymers in Cables 2014, Philadelphia, USA
  3. Tomra demonstrates optical sorter, http://www.plasticsnews.com/article/20131030/NEWS/131039997/tomra-demonstrates-optical-sorter#, (10/2013)
  4. Laura Tarrach, OCS GmbH, Pellet Scanning in “Free Fall”, Kunststoffe international (12/2010)
  5. Satake, Pellet Sorter PCS600PFD, http://www.satake-usa.com/images/Pellet_Sorter_Brochure.pdf (2014)
  6. Robert Fosbinder, Denise Orth, Lippincott Williams & Wilkins, Essentials of Radiologic Science (01.02.2011)

 

 

Fakuma 2017 Halle/Stand            A6/6110

ist Vorstandsvorsitzender der Sikora in Bremen.

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SIKORA AG

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