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Thermoformanlage mit Masken zur Temperaturprofilierung (Bildquelle: alle IKV)

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Im Thermoformen sind üblicherweise die Materialkosten der Hauptkostentreiber. Da im Thermoformen Folien oder Platten mit einer homogenen Dicke unterschiedlich stark verstreckt werden, ist eine inhomogene Wanddickenverteilung für die hergestellten Bauteile charakteristisch. Dabei weisen die Bereiche mit dünnsten Wanddicken häufig die geringsten mechanischen Bauteil- oder Barriereeigenschaften auf. Deshalb wird das gesamte Bauteil auf diese Dünnstellen dimensioniert, sodass diese den auftretenden Belastungen standhalten. Dadurch werden jedoch alle anderen Bauteilbereiche überdimensioniert, da deren Wanddicke über der benötigen Wanddicke liegt. Um bei gleichbleibenden qualitätsrelevanten Eigenschaften das Bauteilgewicht zu verringern, bietet daher ein lastgerechter Dickenverlauf der resultierenden Formteile großes Potenzial, die Materialeffizienz im Thermoformen zu steigern. Zur Verbesserung der Wanddickenverteilung können die Halbzeuge im Thermoformen durch Stempel vorverformt werden. Bei der Vorverformung tritt der Stempel in Kontakt mit dem Halbzeug. Daraus resultieren häufig Oberflächenmarkierungen, die insbesondere die Qualität transparenter Formteile mindern.
Ein alternatives Verfahren zur Verbesserung der Wanddickenverteilung ist die Temperaturprofilierung. Dabei wird durch gezielt eingebrachte Temperaturunterschiede über der Halbzeugfläche das Verformungsverhalten der Halbzeuge hinsichtlich einer homogenen Wanddickenverteilung eingestellt. Bereiche mit geringer Wanddicke, also großer Verstreckung, werden hier weniger erwärmt als die Bereiche mit großer Wanddicke. Dabei wird ausgenutzt, dass das Verformungsverhalten von Kunststoffen eine ausgeprägte Abhängigkeit von der Temperatur aufweist. Da die Aufbringung entsprechender Temperaturprofile im Halbzeug mit konventionellen Thermoformanlagen nur sehr begrenzt möglich ist, wurden in letzter Zeit neue Verfahren zur Temperaturprofilierung zum Beispiel durch Laser oder Keramik-Heizelemente entwickelt. Diese neuen Verfahren sind jedoch mit vergleichsweise hohen Investitionen verbunden oder erfordern weitreichende Anpassungen der Prozesstechnik.

Thermoformen mit Temperaturprofilierung durch Masken

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Prozessverlauf des Thermoformprozesses mit Temperaturprofilierung

In einem am Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) an der RWTH Aachen entwickelten Ansatz zur Temperaturprofilierung wird eine Labor-Thermoformanlage des Typs KD 20/25 der Firma Kiefel, Freilassing, um Masken erweitert. Betrieben wird mit der Anlage ein Negativwerkzeug mit rotationssymmetrischer Becherkavität. Die Becherhöhe beträgt 40 mm mit einem Bodendurchmesser von 48 mm und einem Öffnungswinkel von 3°.
Das Konzept der Temperaturprofilierung mithilfe von Masken sieht vor, eine Maske zwischen Halbzeug und IR-Strahler so zu positionieren, dass die Bereiche im Strahlungsschatten der Maske weniger stark erwärmt werden als der Rest des Halbzeugs. Somit resultiert zum Ende des Heizschritts ein Temperaturprofil über der Halbzeugfläche, das größere Temperaturgradienten aufweisen kann, als wenn die Einzelstrahler der IR-Heizung lokal unterschiedlich angesteuert werden. Das resultierende Temperaurprofil ist dabei insbesondere von der Maskengeometrie und der Position der Maske zwischen den IR-Strahlern abhängig. Es ist möglich, die Masken zeitweise oder während des kompletten Heizprozesses in der Heizstation zu positionieren.
Das Halbzeug wird im Vorfeld des Versuchs in einem Spannrahmen eingespannt. Der Thermoformprozess startet, sobald das vom Spannrahmen geführte Halbzeug in der Heizstation positioniert ist. Das Halbzeug verbleibt in der Heizstation während der kompletten Heizzeit (tHeiz) (siehe Abbildung). Die Temperaturprofilierung startet zu Beginn oder alternativ zu einem während der Heizzeit frei wählbaren Zeitpunkt (tStart), sobald die Masken zwischen dem Halbzeug und den IR-Strahlern positioniert sind. Die Temperaturprofilierung endet zum Zeitpunkt tEnde gleichzeitig mit dem Ablauf der Heizzeit oder alternativ, sobald die Masken wieder aus der Heizstation bewegt werden. Nach Ablauf der Heizzeit wird der Spannrahmen in die Formstation gefahren. Sobald sich das Halbzeug in der entsprechenden Position in der Formstation befindet, beginnt automatisch der Schließ- und Formprozess. Somit bietet auch die Variation des zeitlichen Ablaufs der Temperaturprofilierung eine Möglichkeit, die resultierende Temperaturprofilierung einzustellen.
Durch die Interaktion zwischen den zur Verbesserung der Wanddickenverteilung häufig eingesetzten Vorstreckstempeln mit dem Halbzeug können Oberflächenmarkierungen entstehen. Diese Markierung können die Transparenz des resultierenden Formteils beeinträchtigen und somit die Bauteilqualität mindern. Da bei der Temperaturprofilierung keine Oberflächenmarkierungen resultieren, hat diese Verfahrenstechnik als Ersatz für die Stempelverstreckung insbesondere bei der Verarbeitung von transparenten Halbzeugen großes wirtschaftliches Potenzial. Konkret wird eine 900 µm dicke Folie vom Typ Eco Pet 900T der Firma Südpack Verpackungen, Ochsenhausen, verwendet.

 

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Temperaturverteilung mit und ohne Temperaturprofilierung nach einer Heizzeit von 45 Sekunden: Zur Messung der Temperaturverteilung über der Halbzeugfläche, ist eine Infrarotkamera vom Typ ThermaCAM SC50 der Firma FLIR Systems, Inc., Wilsonville (Oregon, USA) in der Thermoformanlage positioniert. Die Infrarotkamera ist so ausgerichtet, dass die Oberflächentemperatur des Halbzeugs in der Umformstation direkt vor dem Schließen des Werkzeugs und dem Umformvorgang gemessen wird.

Reproduzierbare Temperaturprofile

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Zur Temperaturprofilierung wird die Maske mit Ri = 7,5 mm und B = 10 mm verwendet. Mit dieser Maske folgt zum Ende des Heizschritts ein Temperaturprofil, das in der Mitte des Halbzeugs ein lokales Maximum aufweist (ca. 105 °C). Dieses wird von einem Temperaturminimum bei der Halbzeugmessposition von ca. 14 mm umschlossen (ca. 100 °C). Anschließend steigt die Temperatur weiter an bis sie bei der Halbzeugmessposition von 30 mm ca. 122 °C erreicht. Das Temperaturminimum ist dabei so auf dem Halbzeug positioniert, dass die Halbzeugbereiche, die bei homogener Temperierung die größten Verformungen aufweisen, vergleichsweise kälter sind. Die Maske wird zum Startzeitpunkt 0,5 · tHeiz zwischen Strahler und Halbzeug positioniert. Der Vergleich der Temperaturprofile zeigt, dass durch Anwendung der Masken die über der Halbzeugfläche resultierenden Temperaturprofile reproduzierbar eingestellt werden können. Im Bereich des Strahlungsschattens, also unterhalb der Maske, bildet sich dabei das Temperaturminimum aus.

Deutlich homogenere Wanddickenverteilung

Die Ergebnisse der Messungen der Wanddickenverteilung zeigen, dass die Homogenität der Wanddickenverteilung durch den Einsatz der Temperaturprofilierung deutlich verbessert wird. Im Vergleich zum Thermoformen mit homogener Halbzeugtemperierung wird der Bereich geringer Wanddicke am Boden und am Übergang zur Seitenwand deutlich dicker ausgeführt. Im Vergleich zur durch Anwendung der Stempelvorverstreckung erzielten Wanddickenverteilung wird die minimale Wanddicke am Übergang zwischen Seitenwand und Becherboden durch Anwendung der Temperaturprofilierung leicht verbessert. Wenn also die qualitätslimitierenden Eigenschaften durch den Formteilbereich geringer Wanddicke bestimmt wird, bietet der Einsatz der Temperaturprofilierung das Potenzial bei gleichbleibender Halbzeugdicke, die Formteileigenschaften zu verbessern.
Zusätzlich wird der Einfluss der Verfahrenstechniken Temperaturprofilierung bzw. Stempelverstreckung auf die Oberflächenqualität der hergestellten Bauteile bewertet. Dazu wird die Oberflächentopologie sowie die Oberflächenrauigkeit mit dem Laserkonfokalmikroskop vom Typ 3D Color Lasermikroskop VK-X200 der Firma Keyence, Osaka, Japan, gemessen und anschließend ausgewertet. Die Oberflächenrauigkeit wird durch den Mittenrauhwert Rz beschrieben.
Auf beiden ausgewerteten Oberflächen sind Markierungen enthalten, die vermutlich vom Extrusionsprozess oder dem nachfolgendem Transport stammen. Offensichtlich resultieren aufgrund der Interaktion des Stempels mit der Oberfläche des Halbzeugs zusätzliche, vergleichsweise stark ausgeprägte Markierungen, welche auf der Oberfläche des Formteils enthalten bleiben. Dadurch folgt durch Anwendung der Temperaturprofilierung ein wesentlich kleineres Rz als bei der Stempelverstreckung. Bei eingefärbten oder bedruckten Bauteilen stellen die Oberflächenmarkierungen ein untergeordnetes Problem dar. Bei transparenten Verpackungen − zum Beispiel Obst- oder Fleischschalen aus PET − sind die Markierungen jedoch sichtbar und beeinträchtigen die Qualität der Verpackung. Somit ist ein ergänzender Vorteil der Temperaturprofilierung, dass neben dem Werkzeug und dem Blaskasten kein zusätzliches Maschinenteil während des Verstreckprozesses in Kontakt mit dem Halbzeug tritt und zusätzliche Oberflächenmarkierungen ausgeschlossen werden.
Fazit: Das Konzept der Temperaturprofilierung durch Maske ist dazu geeignet, reproduzierbar Temperaturprofile über der Halbzeugoberfläche einzustellen. Die Temperaturprofile führen zu wesentlich homogeneren Wanddickenverteilungen, womit das Potenzial zur Steigerung der Materialeffizienz gegeben ist. Die Temperaturprofilierung durch Masken zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass durch die Verfahrenstechnik keine zusätzlichen Markierungen auf der Halbzeugoberfläche resultieren. Somit ist das Potenzial des neuen Verfahrens besonders groß, wenn transparente Formteile hergestellt werden, bei denen keine Oberflächenmarkierungen toleriert werden können.

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Vergleich der Wanddickenverteilungen: Neben den Wanddickenverteilungen, die bei homogener Halbzeugtemperatur und unter Anwendung der Temperaturprofilierung folgen, ist die Wanddickenverteilung dargestellt, die unter Anwendung der Stempelvorverstreckung resultiert. Jeder Prozesspunkt wird fünffach wiederholt. Die Wanddicken werden mit einem Magna Mike 8600 der Firma Olympus, Hamburg, gemessen.

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Gefördertes Forschungsprpojekt

Das IGF-Forschungsvorhaben (AiF-Forschungsvorhaben Nr. 17986 N) der Forschungsvereinigung Kunststoffverarbeitung wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Neben diesen Institutionen danken die Autoren auch der Firma Kiefel, Freilassing, für die Unterstützung bei der Renovierung und Erneuerung der Thermoformanlage sowie der Firma Hassia Verpackungsmaschinen, Ranstadt, für die Bereitstellung des Versuchsmaterials.

ist Inhaber des Lehrstuhls für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen und Leiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV).

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Thermoformen am IKV.

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Unternehmen

Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV)an der RWTH Aachen

Seffenter Weg 201
52074 Aachen
Germany