Nutbuchsen und Aufgabegut auf dem Prüfstand

Abbildung 1: Aufbau des Einzugszonenprüfstands

Am Fachgebiet Kunststofftechnik der TU Ilmenau (KTI) steht die Verarbeitung von Mahlgütern auf Einschnecken-Extrudern zunehmend im Fokus der Tätigkeiten. Gemahlene Rezyklate aus Produktionsresten oder zugekaufte Mengen weisen unterschiedliche Schüttdichten und Partikelformen als Neuware auf. Sie führen damit zu anderen Durchsätzen und Druckverhältnissen im Extruder. Ersteres beeinflusst das Betriebsverhalten direkt und kann zu pulsierendem Betrieb, mangelhaftem Aufschmelzen und ungenügender Massetemperatur führen. Mangelnde Produktqualität reduziert das Image aufbereiteter Rezyklate. Ein dabei sich höher einstellender Druck in der Einzugszone verschleisst Schnecke und Zylinder erheblich.

Für eine theoretische Analyse solcher Fälle fehlen noch verallgemeinerbare Erkenntnisse. Experimentelle Untersuchungsmöglichkeiten sind daher unerlässlich – und an einem speziellen Einzugszonenprüfstand am KTI auch unter wirtschaftlich vertretbaren Randbedingungen durchführbar. Dabei werden unterschiedliche Arbeitsansätze verfolgt. Im Folgenden werden die Arbeiten an einer Prüfstandvariante vorgestellt.

Aufbau des Einzugszonen-Prüfstands

Der Einzugszonen-Prüfstand besteht aus einem auf die Einzugszone verkürzten Extruder (Durchmesser 45 mm) und erlaubt damit die alleinige Betrachtung des Feststoff-Förderverhaltens. Ein Förderwiderstand wird mit Hilfe einer einstellbaren Feststoffdrossel erreicht, so dass sich unterschiedliche Temperatur- und Druckverläufe in der Einzugszone einstellen können. Diese ist so ausgeführt, dass ein Verstopfen des Fördersystems ausgeschlossen ist und eine, dem Gesamt-Extruderaufbau ähnliche Verfahrenssituation gegeben ist. Dafür stehen mehrere Varianten von Einzugszonen (glatt, unterschiedliche Nuten) und Schnecken zur Verfügung.

Eine Drehmomenten-Messwelle am Schneckenschaft, Druckaufnehmer am Ende des Extruders sowie Temperaturgradienten-Messung in der Zylinderwand und eine Erfassung der Kühlleistung registrieren die wesentlichen Prozessdaten, mit denen das energetische Betriebsverhalten der Nutbuchse möglich ist.

Druck- Durchsatzverhalten

Der Einfluss der Feststoffdrosselung zeigt sich qualitativ in einer Deformation und Kompaktierung des Feststoffs sowie in einem steigenden Druck am Ende der Feststoff-Förderzone. Das Durchsatzverhalten ist zunächst mit dem eines vollständigen Nutbuchsenextruders identisch, solange der Nutenbereich ausreichend gekühlt werden kann, der Durchsatz gegendruckunabhängig aufrechterhalten werden kann und der Durchsatz linear mit der Schneckendrehzahl korreliert. Diese Bedingung kann nur bedingt bei Vorliegen einer hohen Formänderungsenergie des Feststoff-Fördergutes (bezogen auf Partikel und Feststoffbett) aufrechterhalten werden. Es ist bekannt, dass sich mit steigendem Nutbuchsen-Enddruck zunehmend Misch- und nachfolgend Schmelzefilm-Reibung an der genuteten Zylinderwandung einstellt.

Bei kleinerem Ringdurchmesser (Dt) des Drosselelementes stellt sich durch die erzwungene Verdichtung des Kunststoffs ein höherer Druck am Ende der Einzugszone ein. Der Druck zeigte sich unabhängig von der Schneckendrehzahl bei Regranulat und Neuware gleichermaßen. Unterschiedliche Materialien weisen unterschiedliche Drücke sowie unterschiedliche Massedurchsätze auf. Ein HDPE (Dowlex 2377) erreicht 25 % mehr Durchsatz als ein PP (Moplen RP210G). Das bedeutet, dass sich bei HDPE grundsätzlich mehr Material im Schneckenkanal befindet als bei PP, was vor allem auch auf die Granulatform zurückzuführen sein dürfte. Damit dieses Material das Drosselelement passieren kann, muss es eine stärkere Verdichtung erfahren, die zu einem überproportionalen Druckanstieg führt, der infolge der Granulatform zu erheblicher größeren Deformationen von Granulatpartikeln führt, als das bei PP der Fall ist. Es ist also eine Interaktion zwischen Partikelform und Druckaufbauverhalten festzustellen.

Leistungsverhalten

Das Leistungsverhalten der Einzugszone beschreibt die Zusammenhänge von eingebrachter mechanischer Antriebsleistung über die Schnecke, über die Einzugszonen-Kühlung abgeführter Kühlleistung sowie die Temperaturerhöhung und die Verdichtung, die das Schüttgut erfährt. Randbedingungen des Leistungsverhaltens sind Zylinder- und Schneckengeometrie, eingesetztes Material und Betriebspunkt, der durch Schneckendrehzahl, Zylinderwandtemperatur (TZ) und Förderwiderstandsbeiwert definiert ist.

In der Abbildung zeigen sich zwei wesentliche Abhängigkeiten für die spezifische Schneckenantriebsleistung: einerseits eine sinkende spezifische Schneckenantriebsleistung für höhere Drehzahlen und damit auch höhere Durchsätze und andererseits die Tendenz zu höheren spezifischen Schneckenantriebsleistungen für höhere Verdichtungen und damit Drücke.

Die Kühlung der Nutbuchse kann in mehrerer Hinsicht kritisch sein. Einerseits muss sie ausreichend sein, um die Fördersteifigkeit zu erhalten. Andererseits entzieht sie dem Prozess Wärme und mindert die Energieeffizienz.

Vom Technikum in die Produktion

Ein Optimum aus Stabilität, hohem Durchsatz und geringem Energieverbrauch kann mit Hilfe geeigneter Kennzahlen und weniger Versuche bestimmt werden. Auch die Anpassung von Schnecke und Zylinder erfolgt mit geringem Aufwand. So kann zunächst mit Technikumsversuchen eine günstige Auslegung von Prozess und Anlage erfolgen, um diese anschließend auf Produktionsanlagen zu übertragen. Im Mittelpunkt bei dieser Betrachtung steht neben den verfahrenstechnischen Größen vor allem auch die Reaktion des Maschinensystems auf eine spezifische Materialart und die Gestalt des Aufgabegutes.

ist Leiter der Arbeitsgruppe Maschinen- und Verfahrenstechnik an der TU Ilmenau, Fachgebiet Kunststofftechnik.

ist Leiter des Fachgebiets Kunststofftechnik an der TU Ilmenau.

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