Das Autorenteam in einem Labor der Bayreuther Polymerforschung: Prof. Dr. Seema Agarwal, Oliver Hauenstein M.Sc. und Prof. Dr. Andreas Greiner (v.l.). Dahinter ein Reaktor zur Polymersynthese.

Das Autorenteam in einem Labor der Bayreuther Polymerforschung: Prof. Dr. Seema Agarwal, Oliver Hauenstein M.Sc. und Prof. Dr. Andreas Greiner (v.l.). Dahinter ein Reaktor zur Polymersynthese. (Bild: Christian Wißler)

Das Polycarbonat nennen die Bayreuther Forscher PLimC, da es aus einer Synthese von Limonenoxid (Betonung: Limonénoxid) mit Kohlendioxid hervorgeht. Im Unterschied zu herkömmlichen Polycarbonaten enthält es daher kein Bisphenol A. Zudem bringt der bio-basierte Kunststoff eine Reihe von Eigenschaften mit, die ihn für industrielle Anwendungen attraktiv machen: PLimC ist hart, hitzebeständig und durchsichtig, weshalb er sich als Material für Beschichtungen eignet.

„Diese Erkenntnisse, die wir bereits im vorigen Jahr veröffentlicht haben, konnten wir jetzt mit unserer neuen Studie entscheidend erweitern“, erklärt Prof. Dr. Andreas Greiner, der Leiter des Bayreuther Forschungsteams. „Wir haben an einigen konkreten Beispielen gezeigt, dass sich PLimC als Grundstoff eignet, aus dem sich vielseitige Kunststoffe mit sehr spezifischen Eigenschaften entwickeln lassen. PLimC besitzt nämlich eine Doppelbindung, die gezielt für weitere Synthesen genutzt werden kann.“

Mögliche Anwendungen in der Medizintechnik

Ein Beispiel für solche neuen PLimC-basierten Kunststoffe sind antimikrobielle Polymere, die beispielsweise ein Anlagern von E.Coli-Bakterien verhindern. Als Materialien für Behälter, die in der medizinischen Versorgung und Pflege zum Einsatz kommen, können sie das Infektionsrisiko in Krankenhäusern senken. Auch für die Herstellung von Kunststoff-Implantaten, von denen möglichst keine Entzündungsrisiken ausgehen sollen, können solche Polymere interessant sein. Ein anderes Beispiel sind meerwasserlösliche Polymere, die sich im salzigen Meerwasser in ökologisch unbedenkliche Bestandteile auflösen und anschließend zersetzen. Solche Kunststoffe könnten, wenn sie künftig für Flaschen, Tüten oder andere Behälter verwendet werden, der ansteigenden Verschmutzung der Meere durch nicht-lösliche Plastik-Partikel entgegenwirken. PLimC ist ebenso ein Grundstoff für hydrophile Polymere. Diese wiederum haben den Vorteil, dass sie eine hohe Wechselwirkung mit Wasser aufweisen und dadurch vergleichsweise schnell von Mikroorganismen abgebaut werden können.

Ausgepresste Orangen als Ausgangsstoff

„Wenn wir gezielt neue Materialien auf der Grundlage von PLimC entwickeln wollen, sind der Phantasie fast keine Grenzen gesetzt“, erklärt Oliver Hauenstein, der als Doktorand zur Synthese und Anwendung dieses neuen Kunststoffs geforscht hat. „Die Herstellung von PLimC ist einfach zu handhaben und ausgesprochen umweltfreundlich. Die Schalenabfälle von Unternehmen, die Orangensäfte produzieren, können recycelt werden, und ebenso kann das Treibhausgas CO2 verwertet werden, bevor es in die Atmosphäre entweicht. Zudem sind die vielfältigen Kunststoffe, die auf Basis von PLimC ohne großen technischen oder finanziellen Aufwand synthetisiert werden können, ökologisch unbedenklich und recyclebar.“

Prof. Greiner fügt hinzu: „Die Kunststoff-Industrie steht ja häufig unter dem Verdacht, dass sie ihre technologischen Fortschritte nur mit ökologisch bedenklichen Materialien erzielen kann, was so natürlich nicht richtig ist. Unsere Forschungsergebnisse zeigen klar: Moderne Kunststoffe können umweltfreundlich sein und zugleich sehr hohen technologischen Anforderungen gerecht werden.“

(dl)

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